Eine mit 3.567 Zuschauern prall gefüllte Sporthalle Gießen-Ost hatte sich zum Jahresabschluss sicher ein anderes Ergebnis gewünscht. Am Ende hatten die Gäste der MHP RIESEN Ludwigsburg insbesondere durch den Topscorer Drew Crawford (14 Punkte) aber die Nase vorn. Auf Gießener Seite war es der kanadische Forward Thomas Scrubb, der in der äußerst intensiven Partie, die 46ers-Coach Wucherer im Nachgang mit einem Schwergewichtsboxkampf verglich, mit 13 Punkten herausstach.
Im letzten Heimspiel des Kalenderjahres 2016 ging es für die 46ers gegen die Gäste aus Ludwigsburg erneut gegen einen Gegner auf Augenhöhe. Die Tabellennachbarn gingen beide mit sechs Siegen aus 12 Spielen in die Partie, wobei die 46ers mit dem zuletzt deutlichen Punktgewinn in Bremerhaven mit mehr Rückenwind in die Partie starteten.
Denis Wucherer, dessen Team in dieser Runde bisher weitestgehend vom Verletzungspech verschont geblieben ist, konnte erneut aus einem voll besetzten Kader schöpfen und entschied sich für die sich zuletzt mehrfach bewährte Kombination aus Cameron Wells, Skyler Bowlin, Thomas Scrubb, Justin Sears und Marco Völler als Starting Five.
In einer mit vielen individuellen Fehlern gestalteten Startphase waren es lediglich Justin Sears und Cameron Wells, die die wenigen Zähler für die Heimmannschaft erzielen konnten (4:4, 5.). Das Team setzte von Beginn an auf freie Schützen aus der Distanz; doch die ungewohnt schwache Dreierquote sollte am Ende mit ausschlaggebend sein, dass das Spiel verloren ging. Erst nach sieben Minuten versenkte Skyler Bowlin den ersten Dreier (7:7, 7.). Auch die Ludwigsburger kamen jedoch kaum zu Korberfolgen, weshalb der frisch eingewechselte Jahenns Manigat mit seinem energischen Korbleger sogar die erste Gießener Führung erzielen konnte (9:8, 9.), die jedoch nur kurz Bestand hatte. Weil der Kanadier auch von der Freiwurflinie Sicherheit bewies, ging es mit einem knappen 11:12 in die erste Viertelpause.
Das zweite Viertel wurde maßgeblich durch die Punkte vom zuletzt stark verbesserten Dwayne Evans sowie vom deutschen Talent Andreas Obst dominiert, wodurch die Heimführung wiedererrungen wurde (20:15, 13.). Die Barockstädter schafften es aber auch lange Zeit kaum, ihre Center um NBA-Veteran Jack Cooley gut in Szene zu setzen. Manigat erhöhte inzwischen auf 22:15, bevor Benjamin Lischka sich zuerst den Offensivrebound erkämpfte und anschließend den Layup verwandelte (24:17, 15.). Wenige Sekunden später machte sich Lischka erneut am offensiven Brett verdient, bediente diesmal jedoch den besser positionierten Thomas Scrubb (26:21, 16.). Die RIESEN ließen jedoch nicht locker, verkürzten trotz der ersten Zähler von Saibou immer wieder und holten sich drei Sekunden vor der Sirene schließlich sogar die Halbzeitführung (32:33, 19).
Die zweite Hälfte wurde durch ein echtes Highlight eröffnet: Bowlin schleuderte den Ball durch die gegnerische Defensive hart in Scrubbs Lauf, der per Korbleger direkt die heimische Führung wiedererlangte und im folgenden Angriff aus der Distanz auf 37:33 erhöhte (22.). Justin Sears zwang dann schließlich Gästecoach John Patrick per Nahdistanzwurf zu dessen nächsten Auszeit (39:33, 23.), nur um im nächsten Gießener Angriff den Wurf nahezu zu wiederholen (41:37, 24.). Beide Teams schienen nun ihren Rhythmus wiedergefunden zu haben. Auch Marco Völler brachte seinen Namen nun aufs Scoring-Board, weshalb die Führung knapp behauptet werden konnte (44:42, 26.). Jahenns Manigat brachte schließlich auch die Emotionen in einem angespannten Spiel zurück in die Halle: Sein Fastbreak-Assist übers gesamte Spielfeld auf Landsmann Thomas Scrubb bewies erneut die Spielintelligenz des flinken Kanadiers (46:42, 27.). Wieder waren es aber die Gäste aus Baden-Württemberg, die zum Ende des Viertels den Spieß umzudrehen verstanden. Mit einer gut verteilten Punktausbeute gelang es erneut Sekunden vor dem Viertelende die Führung zu erringen (49:50).
Das Duell der Tabellennachbarn ging also erwartet ausgeglichen in die letzte Runde, die mit nur einem heimischen Korberfolg in drei Minuten durchwachsen für die 46ers begann (51:57, 33.). Wucherer trommelte sein Team zusammen, leitete damit die Anschlusstreffer vom frisch nominierten International-Allstar Cameron Wells ein (55:57, 34.) und sorgte auch in der Defensive für neuen Aufwind bei den Mittelhessen. Erneut war es Wells, der nun auch den Ausgleich besorgte, unnachahmlich per Jumpshot aus der Halbdistanz (57:57, 35.). Der Knoten schien nun geplatzt, die Führung war wieder in Gießener Hand: Sears, eigentlich direkt unter dem Brett zuhause, traf aus der Distanz, Bowlin nutzte den Assist von Wells für die nächsten zwei Punkte (62:59, 37.). Den Regeln dieser Partie folgend, setzte Ludwigsburg aber nochmal zum Endspurt an (61:62, 38.). Vor allem Drew Crawford steigerte seine Leistung und erzielte wichtige Treffer für die Neckarstädter. Die Crunchtime war geprägt von einer nochmaligen Steigerung der physischen Spielweise beider Teams; die Halle baute eine hitzige Atmosphäre auf, in der die Gäste erneut für einen Führungswechsel sorgten (62:63) und den Gießenern vorne wie hinten ungewohnte Fehler unterliefen. 40 Sekunden vor dem Ende und mit drei Zählern im Hintertreffen bei eigenem Ballbesitz berief Wucherer die letzte Auszeit ein. Doch in der Folge fiel kein weiterer Punkt mehr für die 46ers. Mit einem 62:68 entführen die Ludwigsburger die Punkte nicht unverdient und ziehen somit in der Tabelle an den GIESSEN 46ers vorbei, auf die eine anstrengende Zeit wartet. Gleich vier Spiele in Serie müssen in den nächsten Wochen auswärts bestritten werden.
Denis Wucherer (Cheftrainer GIESSEN 46ers): „Das war über 38 Minuten eine sehr enge Partie, die etwas von einem Schwergewichtskampf hatte. Am Ende konnte Ludwigsburg den einen Schlag mehr landen. Wir waren zum Schluss dreimal in sehr aussichtsreicher Position, konnten aber jeweils nicht scoren. Ludwigsburg hat im Gegenzug ein paar schwierige Treffer gemacht, so haben sie dann das Spiel gewonnen. Unsere Quote von der Dreierlinie ist natürlich zu gering, aber das war heute eben auch einer der besten Verteidigungen der BBL geschuldet.“
John Patrick (Cheftrainer MHP RIESEN Ludwigsburg): „Das war ein sehr hartes Spiel. Beide Mannschaften haben alles gegeben, am Ende waren wir die Glücklicheren. Wir sind mit einer neuen Startformation angetreten sind, das hat relativ gut funktioniert. Wir konnten aber unter dem Korb gegen Sears und Evans nicht punkten. Wir spielen Woche für Woche gegen europäische Topteams, die Partie heute war genauso hart. Respekt an Gießen. Sie haben sich sehr gut vorbereitet. Dass wir am Ende trotzdem mit 68 erzielten Punkten gewinnen können, spricht für unsere Defense.“
GIESSEN 46ers – MHP RIESEN Ludwigsburg 62:68 (32:33)
Viertelergebnisse: 11:12, 21:21, 17:17, 13:18
GIESSEN 46ers: Joshiko Saibou (3), Justin Sears (10), Dwayne Evans (5), Thomas Scrubb (13), Skyler Bowlin (6), Benjamin Lischka (2), Andreas Obst (5), Jahenns Manigat (6), Cameron Wells (8), Maurice Pluskota (2), Marco Völler (2)
MHP RIESEN Ludwigsburg: Clifford Hammond (4), Kelvin Martin (10), Bazoumana Kone (3), Martin Breunig (2), Johannes Thiemann (8), Drew Crawford (14), Jack Cooley (10), Chad Toppert (5), Brad Loesing (5), Jason Boone (4), David Gonzalvez (3)
Zuschauer: 3.567
Nächstes Spiel: Samstag, 17.12.2016, 20.30 Uhr: EWE Baskets Oldenburg – GIESSEN 46ers