(Foto: Norbert Schulz)

Bierernst an der längsten Theke der Welt

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Beim spektakulären 102:51-Sieg der GIESSEN 46ers in Düsseldorf fordern die Anhänger „Gegner, keine Opfer“.

Unweit der angeblich längsten Theke der Welt, dort also, wo Gäste für gewöhnlich mächtig ihren Spaß haben, sind die GIESSEN 46ers bierernst ihrem Job nachgegangen. Bei den weiterhin sieglosen ART Giants Düsseldorf gewannen die Männer von Cheftrainer „Frenki“ Ignjatovic am Samstagabend mit 102:51 (53:27) und feierten damit den höchsten Sieg im 84. Match unter der Regie des Serben, der das fulminante Ergebnis allerdings nicht überbewerten wollte: „Unsere Gastgeber hatten nicht ihr bestes Team zur Verfügung“, spielte der Neu-Achtundfünfziger auf die verletzungsbedingten Ausfälle von 41-Punkte-Mann Ajare Sanni, Pointguard DJ Hanes und Oluwafemi Giese an. „Deshalb war es Einbahnstraßenbasketball.“ 

Es war eine Einschätzung, die sein Kapitän Robin Benzing unterstrich: „Wir sollten in diesen hohen Sieg nicht zu viel hineininterpretieren. Düsseldorf hat eine schwere Zeit, sie werden am Ende des Tages zu jenen Teams gehören, die gegen den Abstieg kämpfen.“ Dennoch: Am Rhein beeindruckten die 46ers ihre abermals zahlreich mitgereisten Anhänger, die mit bekanntem Liedgut wenigstens für ein wenig Stimmung im gähnend leeren Reisholzer Castello, wo ansonsten die „Icon League“, der Budenzauber von Ex-Fußball-Nationalspieler Toni Kroos, für viel Begeisterung steht, sorgten. Und wo der Altmeister am fünften Spieltag der BARMER 2. Basketball-Bundesliga ProA trotz aller Defizite der „Giganten“ sein Pensum „seriös“, wie Viktor Ziring befand, herunterspulte. 

Sechs Profis, die zweistellig punkteten, eine 53-prozentige Dreierquote, die in erster Linie Kyle Castlin mit vier von sechs versenkten Würfen aus Downtown absicherte, Big Man Mladen Vujic, der mit seinen 22 Punkten fast an seinen Karriere-Bestwert von 25 Zählern herankam, satte 31 Assists und ebenso beeindruckende acht Balldiebstähle bei nur sechs eigenen Fehlern sorgten am Ende für einen Klassenunterschied, der lediglich den Makel von sieben vergebenen Freiwürfen hatte.

„Mehr als 50 Punkte Unterschied, allemal auswärts, musst du erstmal hinbekommen. Das geht nur mit allerhöchster Konzentration und dem festen Willen, nicht eine Sekunde nachzulassen“, freute sich Robin Benzing, der lange überlegen musste, um sich an ein ähnliches Resultat in seiner schon 18 Spielzeiten andauernden Profikarriere zu erinnern. Bei Besiktas Istanbul, irgendwann vor Corona, war dem 167-fachen Internationalen Ähnliches widerfahren. Er kenne die genaue Differenz nicht mehr, er wisse nur noch, dass die Partie eine enorme Unwucht hatte. „Die anderen gingen damals in die Insolvenz, sie hatten nur noch ihren Nachwuchs aufgeboten“, lachte der 35-Jährige herzerfrischend, als er sich kurz nach Spielschluss an seine Zeit am Bosporus zurückversetzt fühlte. 

Eben dorthin, von wo die ART Giants im Dezember ihren türkischen Cheftrainer Andac Yapicier als Nachfolger von Florian Flabb verpflichtet hatten. „Wir können mehr, wir sind eigentlich stärker, wir werden noch zeigen, dass wir nicht dort unten in der Tabelle hingehören“, schwor der 39-Jährige seine Truppe auf die kommenden Aufgaben ein, bei denen die Männer aus der Landeshauptstadt von Nordrhein-Westfalen ein anderes Gesucht als gegen Gießen zeigen müssen. 

Schon Mitte des ersten Abschnitts und einem Dreier von Kyle Castlin lagen die 46ers mit 16:6 in Führung, obwohl zu diesem Zeitpunkt der ansonsten abermals starke Viktor Kovacevic schon vier Freiwürfe hatte liegengelassen. Kevin McClain besorgte per atemberaubendem Solo von Coast to Coach das 29:14 (11.) und Robin Benzing ließ die Kugel von jenseits der 6,75-Meter-Linie zum 34:18 (13.) einschweben, so dass die 46ers-Anhänger jubelten: „Ohne Gießen wär hier gar nix los …“ 

Kyle Castlin nahm sich in der Folge gar die Zeit zu einem Plausch mit seinem US-Landsmann und ART-Topscorer Isaiah Hart, ehe Branislav Ignjatovic, der seinen Profis später bei Nudeln und Pizza aus der Hand zwei Tage freigab, alle seine Ausländer vom Feld nahm und Luis Figge per spektakulärem Move auf 45:23 (18.) schraubte. Beim 64:34 durch Jonathan Maiers krachendem Dunk (24.) und Luis Figges Unterhand-Zauberwurf zum 75:42 (28.) verstummten die wenigen Düsseldorfer Zuschauer vollends, so dass die Anhänger von der Lahn spotteten: „Wir wollen Gegner, keine Opfer!“ Diese Rolle hatte Düsseldorf aber spätestens inne, als Viktor Kovacevic einen 11:0-Lauf zum 94:47 (36.) abschloss. 

Dem Serben wurde auch 54 Sekunden vor Schluss die Ehre zuteil, den ersten Hunderter der Saison zu besorgen, der auf der Bank Jubelstürme auslöste. „Schreib ruhig, dass er jetzt 100 Donuts mit ins Training bringen muss“, scherzte Co-Trainer Nikola Stanic zum einen über die mangelnden Deutschkenntnisse seines Landsmannes als auch darüber, dass dieser den Brauch, dass der Schütze des im Basketball magischen Treffers seine Mitstreiter mit dem handtellergroßen amerikanischen Krapfen zu versorgen hat, noch nicht kannte. Da aber auch Jonathan Maier irgendwie beim 100:51-Zwischenstand noch seine Finger im Spiel hatte, wird der Center zusätzlich noch eine Kiste Bier mit ins Training bringen. 

An der angeblich längsten Theke der Welt sind die GIESSEN 46ers also doch nicht in allen Bereichen ihrem Job ganz so bierernst nachgegangen …

Düsseldorf: Saigge, Hart (16), Dahms, Teichmann (4), Fleute (4), Richardson (8), Robertson (1), Okpara (12), Marshall (6), Edwardsson.

Gießen: Ziring (2), Castlin (18), McClain (13), Benzing (12), Maier (12), Figge (11), Nyama (2), Kovacevic (9), Vujic (22), Krajcovic (1). 

UND SONST NOCH …

  • Unsere Starter: Kyle Castlin, Kevin McClain, Jonathan Maier, Viktor Kovacevic, Simon Krajcovic.
  • Unser Konditions-Wunder: Kevin McClain (25:32 Minuten).
  • Unser stärkster Rebounder: Viktor Kovacevic (7).
  • Unser erfolgreichster Passgeber: Robin Benzing (10).
  • Unsere höchste Führung: 102:51, 40. Minute.
  • Unsere erfolgreichste Serie: 11:0 zum 94:47, 38. Minute.
  • Unsere emotionalen Beobachter: 650 Zuschauer im Castello, davon 70 aus Gießen.
  • Unser nächster Auftritt: Sonntag, 27. Oktober, 15 Uhr gegen RASTA Vechta II.

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