46ers kassieren nach einem schwachen dritten Viertel eine unnötige 99:105-Niederlage in Kirchheim
Wer hoch führt und danach noch relativ klar verliert, der hat sich den Schneid abkaufen oder die Butter vom Brot nehmen lassen. Ob Serben, Slowaken oder US-Boys diese deutschen Redewendungen kennen, ist nicht vollständig überliefert. Tatsache ist jedoch: Seit Samstag müssten die Spieler der JobStairs GIESSEN 46ers sie komplett verinnerlicht haben. Lang genug war die Busfahrt aus dem Südosten Stuttgarts nach Mittelhessen ja!
Mit 13 Punkten Differenz führten die Schützlinge von Trainer „Frenki“ Ignjatovic bei dessen altem Arbeitgeber BOZIC ESTRICHE Knights Kirchheim Mitte des zweiten Viertels, mit 13 lagen sie schließlich Mitte des Schlussabschnitts zurück. Am Ende leuchtete am achten Spieltag der BARMER 2. Basketball-Bundesliga ProA eine 99:105 (56:47)-Niederlage von der Anzeigetafel der Sporthalle Stadtmitte, die richtig weh tat. Weil sie nicht eingeplant, weil sie unnötig war. Und vor allem: Weil sie einen Rückschlag im Ringen um die so begehrten Playoff-Plätze bedeutete.
Was dem Chefcoach der Gäste deutlich anzumerken war: „Mit Kirchheim hat heute die richtige Mannschaft gewonnen“, war der 57-Jährige bedient davon, dass seine Jungs zwischen der 21. und der 35. Minute einen schon sicher geglaubten Erfolg noch fast fahrlässig aus der Hand gegeben hatten. Bereits vor dem Wechsel, als es die 46ers versäumt hatten, noch viel deutlicher vorne zu liegen, schwante ihm Böses. „Da hatte ich schon ein ungutes Gefühl.“
Als seine eigentlich körperlich überlegenen Robin Benzing, Stefan Fundic und Jonathan Maier trotz des frühen foulbedingten Ausscheidens von 2,13-Meter-Mann Antonio Dorn kaum mehr einen Abpraller zu fassen bekamen, Michael Flowers, Michael Miller und Jaydon Henry-McCalla einen Dreier nach dem nächsten einschweben ließen, sich Neuzugang TreVion Crews noch nicht als Hilfe herauskristallisierte, Duane Wilson viel zu spät aufwachte und Simon Krajcovic die Fäden nie in die Hand bekam, war die dritte Saisonniederlage unter Dach und Fach.
„Wenn du on the road 99 Punkte machst, musst du ein Match gewinnen, wenn du aber bei den Rebounds nicht richtig zupackst und der Gegner heiß läuft, dann geht eine solche Partie halt auch mal verloren“, wusste Ex-Nationalspieler Robin Benzing. Luca Kahl, der für zwei der nur vier Gießener Treffer von jenseits der 6,25-Meter-Linie verantwortlich zeichnete, ergänzte: „Nach der Pause waren wir in einer Abwärtsspirale, aus der wir nicht mehr richtig herauskamen. Wir haben Kirchheim in einen Flow gespielt.“ Und sein Nebenmann Luis Figge wusste: „Spieler, die wir so nicht auf dem Plan hatten, haben uns am Ende das Leben schwer gemacht.“
Recht hatte der 26-Jährige, denn besonders Jaydon Henry-McCalla lief bei den „Rittern“ heiß, verwandelte fünf Dreier und damit einen mehr als die gesamte 46ers-Truppe. Da auch Demetrius Ward eine 60-prozentige Trefferquote aus der Ferne in den Stats markiert bekam, bestieg „Frenki“ Ignjatovic am Abend den Teambus mäßig gut gelaunt: „Kirchheim hatte halt einen Sahnetag, wir aber müssen uns schütteln, TreVion Crews in einer intensiven Trainingswoche besser integrieren und bis zum Spiel kommenden Sonntag in Bremerhaven an unseren Schwächen arbeiten.“
Besser drauf war da schon sein Freund und Kirchheim-Übungsleiter Igor Perovic, der von einer „unglaublichen zweiten Halbzeit“ seiner Männer sprach, deren Top-Dreierquote lobte und resümierte: „Nach der Pause lief die Partie endlich in unsere Richtung.“
Mit 28:14 entschieden die Schwaben das dritte Viertel zu ihren Gunsten, drehten einen 47:58-Rückstand innerhalb von nur sieben Minuten mit einem 24:5-Lauf in eine eigene 71:63-Führung und standen fortan auf dem Gaspedal. Da half es Gießen wenig, dass der bärenstarke Roland Nyama sieben seiner acht Würfe versenkte, Luis Figge 75-prozentig aus dem Halbfeld traf und sich obendrein an der Freiwurflinie schadlos hielt, Stefan Fundic mit drei Treffern bei drei Schüssen von eben jener Markierung überraschte, nur acht Turnovers eigentlich für einen erfolgreichen Abend sprechen müssten und auch zehn geklaute Bälle aller Ehren wert sind.
Da aber besonders nach der Pause die Pannen wie bei Stefan Fundics unsportlichem Frustfoul an Antonio Dorn, seinem vergebenen Korbleger, der das 77:80 bedeutet hätte und das Momentum auf 46ers-Seite hätte kippen lassen können, dem Turnover von Duane Wilson sowie dem Airball des in Zeitnot geratenen Robin Benzing auf Seiten der Gäste lagen, war die Niederlage spätestens nach dem Sargnagel von Michael Flowers 30 Sekunden vor Schluss besiegelt.
„Kopf hoch und weitermachen“, bemühte Robin Benzing am Ende abermals eine deutsche Redewendung. Die von der Butter und dem Brot und dem abgekauften Schneid kannte der 34-Jährige längst …
Kirchheim: Ward (9), Flowers (21), Dorn (15), Niedermanner (5), Henry-McCalla (19), Volz (n.e.), Miller (24), Muszynski (10), Bulajic (1), Pickett (1).
Gießen: Wilson (16), Crews, Fundic (17), Benzing (20), Maier (4), Figge (17), Kahl (6), Kovacevic, Nyama (17), Krajcovic (2).
5 gute 46ers-Zutaten
Zuschauer: 940
Zuversicht: 20 Punkte von Robin Benzing
Zugriff: 6 Rebounds von Stefan Fundic
Zuarbeit: 5 Assists von Duane Wilson
Zukunft: Sonntag, 26. November, 15 Uhr: Eisbären Bremerhaven – JobStairs GIESSEN 46ers
19.11.23