Wie ein begossener Pudel saß Ricky Hickman auf dem Parkettboden, nachdem er vergeblich einen letzten Verzweiflungswurf in Richtung des gegnerischen Korbes mit dem Schlusssignal unternommen hatte. Sein Teamkollege Brandon Worthy stapfte derweil mit hängenden Schultern vom Parkett. Die LTi GIESSEN 46ers haben am Freitagabend trotz aller Bemühungen und Hoffnungen auf einen Überraschungssieg die erwartete Heimpleite gegen den Tabellensiebten Brose Baskets Bamberg in eigener Halle einstecken müssen. Gegen den zweifachen deutschen Meister und Pokalsieger gelang es den Jungs von Trainer Vladimir Bogojevic in keiner Phase des Spiels ihre optimale Leistung abzurufen. In der zweiten Halbzeit betrug der Rückstand sogar zwischenzeitlich mehr als 20 Punkte. Immerhin konnte am Ende ein Debakel verhindert werden – Endstand: 61:77 (20:39).
Einem wahren Trauerspiel glich dieses vorletzte Heimspiel in der 42. BBL-Basketballsaison 2008/2009 gegen den zweifachen Meister, die Brose Baskets Bamberg. Fast unheimlich still wirkte dementsprechend auch die Sporthalle Gießen-Ost – trotz 3270 Zuschauer. Ungewohnte Pfeifkonzerte und Buhrufe erreichten die LTi 46ers-Spieler zudem nach Spielende aus dem Fanblock. Sicherlich, man kann und will keinem Fan die Enttäuschung nach so einem Spiel verübeln, aber gerade jetzt brauchen die 46ers-Mannen mehr denn je die Unterstützung aller Basketballfreunde und Fans in und um Gießen. Noch ist das letzte Wort nicht gesprochen, drei Spiele stehen noch vor der Tür, von denen zwei zu gewinnen sind. Rein rechnerisch ist deshalb noch alles möglich und gerade solche Augenblicke machen den Sport Basketball doch erst spannend und attraktiv.
„Wir dürfen uns keine Niedergeschlagenheit erlauben. Heute war es das erste Mal, dass wir die gewünschte Einstellung nicht von Anfang an an den Tag legen konnten, zeigte sich auch LTi 46ers- Head Coach Bogojevic sichtlich enttäuscht von der Leistung seiner Spieler. Ärgerlich mache ihn aber, so Bogojevic weiter, vor allem die Tatsache, dass „am Anfang auch die Zuversicht oder wenigstens der Wunsch nach Intensität gefehlt hat“. Zugleich machte er aber auch richtigerweise darauf aufmerksam, dass „wir auch diese Woche dezimiert aufgetreten sind.“
Darüber hinaus sollte man auch nicht vergessen, dass die Jungs vier Spiele in dreizehn Tagen absolvieren mussten, die ihnen sicherlich gehörig in den Knochen stecken. Und ein Ende des Spielmarathons ist noch nicht in Sicht. Denn bereits am Sonntag (15 Uhr, Ballsporthalle Ffm-Höchst) geht es zum nächsten Meisterschaftsanwärter DEUTSCHE BANK SKYLINERS nach Frankfurt. Damit es dort nicht zum letzten Hessenderby kommt, ist es jetzt an der Zeit, die letzten Kräfte zu bündeln und noch einmal neues Selbst-vertrauen tanken.
Eben jenes fehlte beim Spiel gegen die Brose Baskets Bamberg. Nur in den ersten zehn Minuten konnten die Gießener Gastgeber das Spiel relativ offen gestalten. Die LTi 46ers, in der Startformation Umeh, Schaffartzik, Worthy, Rouse und Youngster-Freese, konnten nach einem 0:3-Rückstand durch den drittbesten Scorer der Liga (15,2 Pps im Spiel), Predrag Suput, der mit 23 Punkten (davon 5 Dreier) erneut Topscorer bei Bamberg war, durch zwei Dunkings von Corey Rouse auf 4:3 (4.) kurzzeitig aufschließen und sogar die Führung übernehmen. Doch wer gehofft hatte, dass die LTi 46ers-Spieler von diesen Dunkings angespornt, einen Überraschungscoup landen könnte – wurde eines Besseren belehrt. Angeführt von ihrem Point Guard John Goldsberry starteten die Bamberger einen 10:0-Lauf und setzten sich damit auf 4:10 (6.) ab. Lediglich einer bis dato sehr intensiven Verteidigung der Bogojevic-Truppe war es zu verdanken, dass eine zweistellige Führung bis zur Viertelpause verhindert werden konnte. Gleichzeitig war es aber auch die aggressive Verteidigung der Bamberger Gäste, die ein Durchkommen durch die gegnerische Zone so gut wie unmöglich machte. „Natürlich hat uns heute die Verteidigung der Bamberger daran gehindert, ins Spiel zu kommen. Vor allem bei Umeh war deutlich sichtbar, dass sie alle Plays kannten“, bilanzierte der LTi 46ers-Trainer nach Schlusspfiff. Mit einem 9:16-Rückstand ging es schließlich in den zweiten Durchgang, wo die Überlegenheit der Franken nun unübersehbar wurde.
Nach einem durchaus zaghaften Auftakt hatten sich die Franken von Trainer Chris Fleming in der Osthalle warm gelaufen und ließen sich von der 46ers-Verteidigung fortan nicht mehr aufhalten. Über die Stationen 14:25 (Dreier Suput / 16.) und 18:31 (18.) erspielten sich die Franken bis zur Halbzeitpause eine deutliche 20:39-Führung. LTi 46ers-Teamkapitän „Flo“ Hartenstein war in dieser Phase der einzige Lichtblick. Sowohl in der Defensive als auch in der Offensive (6 Punkte, 3 Rebounds, 2 Steals) legte er ein ordentliches Spiel ab. Anders dagegen sein Centerkollege Robert Maras, der bei seinem Kurzeinsatz von den 46ers-Fans mit unfreundlichen Pfiffen bedacht wurde und eventuell auch dadurch entmutigt sehr unsicher auftrat.
Mit einem erfolgreichen Halbdistanzwurf eröffnete LTi 46ers-Youngster Jannik Freese, der ebenfalls als positiver Aspekt an diesem Abend festzuhalten ist, die zweite Halbzeit. Danach übernahmen wieder die Gäste die Kontrolle und sorgten mit einem 7:0- Lauf (fünf Punkte allein von Predrag Suput) für die höchste Führung des Spiels (22:47 / 23.). Ratlosigkeit und Verzweiflung dagegen auf der anderen Seite des Spielfelds. Unentwegt dribbelte Heiko Schaffartzik den Ball auf der Höhe der 6,25-Meter-Linie, immer wieder auf der Suche nach dem richtigen Anspielpartner. Die 46ers-Offensive wirkte hilflos und bewegungslos. Selbst Corey Rouse bevorzugte die Halbdistanz und verkürzte schließlich mit einem erfolgreichen Wurf zum 30:54. Ein Steal von Ricky Hickman hauchte der Sporthalle Gießen-Ost kurzzeitig wieder neues Leben ein, gab Hoffnung auf eine letzte Aufholjagd. Tatsächlich schien es kurz danach auszusehen, denn auch „Mike“ Umeh traf in der Folge seine zwei Freiwürfe (28:54 / 25.) und einen Dreipunktewurf (33:54/ 27.). Der Kampfgeist war wieder geweckt. Selbst ein weiterer erfolgreicher Dreipunktewurf des Bamberger Topscorers konnte dem nichts anhaben. Kurz vor Ende des dritten Viertels kann „Jo“ Lischka mit einem Dreipunktespiel und einem weiteren Freiwurf auf 37:60 verkürzen.
Auch das Schlussviertel begann für die LTi GIESSEN 46ers und dessen Anhänger vielversprechend. Angefangen bei einem Layup von „Mike“ Umeh, der trotz einer blassen ersten Halbzeit am Ende 13 Punkte gesammelt hatte und damit erneut zum LTi 46ers Topscorer avancierte, kamen die Gießener im weiteren Verlauf den Bamberger Gäste noch einmal auf 12 Zähler (59:71 / 37.) heran, gefährlich konnten sie ihnen damit aber nicht mehr werden. So blieb die erhoffte Crunchtime aus und die LTi 46ers-Spieler gaben sich ihrem Schicksal hin. Der bereits zu Beginn geschilderte letzte Wurfversuch von Ricky Hickman aus dem Sitzen besiegelte die 66:71-Heimpleite der LTi GIESSEN 46ers.
Eine weitere Niederlage bei den absolut favorisierten Frankfurtern gilt es am Sonntag beim 20. Hessenderby so gut wie möglich zu verhindern, so dass man eine minimale Restchance auf den sportlichen Erhalt in der ersten Basketballbundesliga wahren kann.
Stimmen zum Spiel:
Baskets-Coach Chris Fleming: „Ich habe großes Verständnis für die Situation hier heute Abend und möchte vorweg sagen, dass die Mannschaft von der Qualität sicherlich nicht die Beste in der Liga ist und trotzdem bis zum Ende großartig gekämpft hat. Das ist eine sehr junge Mannschaft, die ein großes Kämpferherz besitzt. Deutlich kann man die Fingerprints des Trainers Vladi [Bogojevic] erkennen. Unter ihm haben sie einen deutlichen Sprung gemacht. Den Unterschied hat heute unsere Defensive gemacht. Wir haben von der ersten Minute hart verteidigt. Für uns war es sehr wichtig, so das Spiel mit harter Defensive prägen zu können. Im zweiten Viertel hat uns unsere Bank einen großen Schub gegeben. Dennoch großes Lob an die Gießener, die hart gekämpft haben. Unsere Reboundstärke unter dem Korb hat uns heute auch sicherlich geholfen. Dennoch hat die Gießener Verteidigung immerhin 19 Ballverluste verursacht.“
46ers-Coach Vladimir Bogojevic: „Erst einmal möchte ich mich herzlich für die Worte von Chris [Fleming] bedanken. Für meine geschundene Seele ist das wie Medizin. Natürlich hat uns heute die Verteidigung der Bamberger daran gehindert ins Spiel zu kommen. Vor allem bei Michael Umeh war deutlich sichtbar, dass sie alle Plays kannten. Nichtsdestotrotz sollten wir nicht vergessen, dass wir diese Woche wieder dezimiert aufgetreten sind. Am Anfang hat aber auch die Zuversicht oder wenigstens der Wunsch nach Intensität gefehlt. Wir brauchen uns nicht darüber zu unterhalten, dass die Bamberger von Anfang an das Spiel kontrolliert und souverän gewonnen haben. Ob die Beine heute schwer waren oder nicht, die Bamberger haben uns heute keine Chance gelassen, Vertrauen in unser Spiel zu bekommen.“
Punkteverteilung:
LTi GIESSEN 46ers: Umeh (13), Worthy (8), Hickman (3), Lischka (9), Maras (0), Poiger (0), Rouse (12), Freese (4), Schaffartzik (6), Hartenstein (6)
Brose Baskets Bamberg: Goldsberry (5), Schneider (0), Greene (4), Suput (23), Tadda (7), Newson (4), Garrett (0), Ohlbrecht (0), Rivera (8), Brown (14), Taylor (4), Wyrick (8)
Fotos: Mediashots Werbefotografie.