Eine Schwächephase im letzten Viertel hat die LTi GIESSEN 46ers am Samstagabend einen möglichen Heimsieg gegen die EWE Baskets Oldenburg gekostet. Gegen den Sechsten der BBL-Tabelle führten die abstiegsgefährdeten Mittelhessen nach drei Vierteln mit 56:53.
In den ersten sieben Minuten des letzten Viertels gelangen den Gastgebern aber nur vier Punkte, Oldenburg ging mit 72:60 in Führung. Die Leibenath-Truppe kämpfte sich zwar nochmal auf 72:74 heran, doch ein Dreier von EWE-Pointguard Jason Gardner 45 Sekunden vor Schluss und ein anschließendes Offensivfoul von Obie Trotter sorgten für die Entscheidung.
Drei Viertel lang hatte es in der mit 3360 Zuschauern besetzten Sporthalle Ost nicht unbedingt nach einem Erfolg des in der Favoritenrolle angereisten Teams aus Norddeutschland ausgesehen. Die Hausherren waren im Vergleich zur Startphase bei ihrem letztwöchigen Auftritt in Jena nicht wiederzuerkennen. Sehr konzentriert vorgetragene Angriffe führten zu vielen guten Wurfoptionen, die zunächst von Bill Phillips hundertprozentig verwertet wurden. Der vor wenigen Tagen 29 Jahre alt gewordene Center erzielte acht seiner 15 Punkte in den ersten vier Minuten der Partie. Wie gewohnt war der US-Amerikaner mit französischem Pass dabei eher aus der Distanz als in unmittelbarer Brettnähe erfolgreich. Einem Treffer aus der Mitteldistanz ließ er einen Dreier folgen, anschließend wurde Phillips bei einem weiteren Dreierversuch vom ehemaligen NBA-Center Ruben Boumtje Boumtje gefoult – die drei Freiwürfe verwandelte der LTi-Center sicher zur 10:5-Führung seines Teams (4.).
Anschließend kam Oldenburg besser ins Spiel: Die Huntestädter glichen zum 13:13 aus und lagen nach einem Dreier ihres Powerforwards Jasmin Perkovic in der achten Minute mit 16:15 vorne. Vor allem auch deshalb, weil dies in der ersten Halbzeit der einzige erfolgreiche von insgesamt 14 Dreierversuchen des Oldenburger Teams war, konnten die 46ers nach einer Phase, in der sich keiner der beiden Kontrahenten um mehr als drei Punkte vom Gegner abzusetzen vermochte, nach dem 29:30-Zwischenstand (16.) mit einem 9:0-Lauf bis zur Pause auf 38:30 davonziehen. Besonders den unter dem Oldenburger Brett sehr agilen Coey Rouse bekam die lange Garde der Gäste in den letzten Minuten des zweiten Viertels nicht in den Griff. Mit seinen leichtfüßigen Bewegungen konnte der Power Forward des LTi 46ers-Teams den Ball entweder direkt im Korb unterbringen oder nur durch ein Foul gestoppt werden. Und “von der Linie” zeigte sich Rouse bis zur Pause äußerst treffsicher (6 von 6) – wie übrigens auch seine Kollegen, die zehn der 13 weiteren Ein-Punkt-Versuche im Korb des Gegners versenkten.
Der Start in die zweite Hälfte gehörte den Oldenburgern, die durch Jason Gardner zunächst ihren zweiten Dreier trafen (38:33), in Anbetracht ihrer in den ersten 20 Minuten zutage getretenen Dreierschwäche sich aber nun wesentlich stärker als in Hälfte eins darauf besannen, entweder durch Penetrationen ihrer Außenspieler oder Anspiele auf die Innenspieler in unmittelbarer Nähe des Gießener Brettes zum Abschluss zu kommen. Die Gastgeber konterten den 7:0-Blitzstart der EWE Baskets nach der Pause mit einem 7:2-Lauf (45:39/Boxley-Fastbreak, 25.), mussten Oldenburg daraufhin aber sogar mit 46:45 in Führung gehen lassen (27.), weil nun vor allem der in Hälfte eins nicht zu sehende Baskets-Leistungsträger Branimir Longin in seinem Korbdrang nicht gestoppt werden konnte.
In der 28. Minute bekamen die Basketballfreunde in der Osthalle vom LTi 46ers-Team dann eine der spektakulärsten Angriffsaktionen zu sehen, die man in den letzten Jahren in Gießens “Gudd Stubb” erleben durfte: Michael Umeh hatte den Ball nach einem im Schnellangriff getätigten Alley-Oop-Anspiel von Longin auf Rickey Paulding in Höhe des Ringniveaus im letzten Moment entscheidend abgelenkt. Das freie Spielgerät gelangte knapp vor der Gießener Grundlinie in die Hände von Obie Trotter, der Sekundenbruchteile später realisierte, dass Corey Rouse sich bereits wieder in Nähe des Gästekorbes befand. Noch in der eigenen Hälfte, etwa zwei Meter vor der Mittelllinie, passte Trotter die Murmel über vier Oldenburger Akteure hinweg etwa einen Meter links neben den Ring, wo das im Anflug befindliche Sprungwunder Rouse die Kugel zu fassen bekam und selbige mit Schmackes durch die Reuse donnerte – nach dieser Szene hielt es natürlich niemanden mehr auf den Sitzen, die Osthalle glich für kurze Zeit einem Tollhaus. Die Hausherren legten durch einen schön herausgespielten Dreier von Michael Umeh zum 52:46 nach (29.) und lagen nach dem dritten Viertel mit 56:53 in Führung.
Ein 4:17-Lauf zu Beginn des Schlussabschnittes sorgte dann wie bereits erwähnt für die Vorentscheidung. EWE-Cheftrainer Predrag Krunic schaltete in der 32. Minute bei einer eigenen 57:56-Führung von Mann-Mann- auf eine Zonenverteidigung um, gegen die die Hausherren in den folgenden vier Minuten unglücklich agierten. Der Rückstand vergrößerte sich in dieser Phase auf 60:68 (36.). Die Sterne allein wissen, wie das Spiel ausgegangen wäre, wenn das ansonsten die Partie unauffällig und gut leitende Schiedsrichtertrio Unger/Rodriguez/Lauprecht beim Stande von 56:57 nach dem Pass von Danny Lewis auf Gerrit Terdenge, der von Jasmin Perkovic mit den Fingerkuppen ins Aus gelenkt wurde, keine Fehlentscheidung getroffen hätte (statt den 46ers erhielt Oldenburg den Ball), und der Dreier von Michael Umeh beim 56:59 nach mehreren Umdrehungen um den Ring rein- statt rausgefallen wäre.
In der Realität konnte der Tabellensechste nach einem technischen Foul gegen die Gießener Bank, den daraus resultierenden Freiwurfpunkten von Jason Gardner und einem “Abstauber” von Perkovic beim folgenden Ballbesitz (Corey Rouse war nach einem Paulding-Anspiel unter dem Korb mit den Händen im Passweg, bekam die Kugel aber nicht richtig zu fassen) vorentscheidend auf 72:60 (37.) davonziehen. Die LTi 46ers gaben sich nicht geschlagen und zeigten im Anschluss wieder konstant jenen Biss, den sie wenige Minuten zuvor in drei, vier Situationen hatten vermissen lassen. Als 63 Sekunden vor dem Ende mit Jasmin Perkovic der zweite Oldenburger Spieler nach Center Milan Majstorovic mit fünf Fouls vom Feld musste und Gerrit Terdenge die fälligen Freiwürfe zum 72:74-Anschluss im Korb versenkte, war auch der während des Oldenburger 17:4-Laufes fast vollständig verstummte “sechste Mann” endlich wieder im Spiel. Ein aus einer Pick-and-roll-Situation resultierender erfolgreicher Dreierversuch von Jason Gardner gegen den etwas zu spät heranfliegenden Obie Trotter brachte die Gäste 45 Sekunden vor dem Ende wieder mit fünf Punkten in Führung (72:77). Als Trotter im Gegenzug ein Offensivfoul gegen Gardner beging, versuchten es die Hausherren mit schnellen Fouls. Die EWE Baskets zeigten jedoch keine Schwächen an der Linie und retteten die Führung ins Ziel.
Punkteverteilung:
LTi GIESSEN 46ers: Umeh (9), Terdenge (12), Lewis (2), Buljevic (0), Trotter (2), Lischka (10), Robinson (0), Rouse (19), Phillips (15), Boxley (7), Hartenstein (0).
EWE Baskets Oldenburg: Longin (12), Strauch (0), McClintock (4), Majstorovic (8), Perkovic (15), Ratkovica (0), Gardner (17), Paulding (18), Pekovic (2), Boumtje Boumtje (7).
Stimmen zum Spiel:
Thorsten Leibenath (Cheftrainer LTi GIESSEN 46ers): “Wir haben drei Viertel lang ein sehr gutes Spiel gemacht und das Tempo kontrolliert. Im letzten Viertel sind wir dann offensiv eingebrochen. Auch defensiv haben wir dem Gegner das Punkten in dieser Phase zu leicht gemacht. Gegen die Zonenverteidigung ist es nun mal so, dass man Schwierigkeiten bekommt, wenn man wie wir heute im letzten Viertel die Würfe nicht trifft. Das lag auch daran, dass wir gegen die Zone zwar strukturiert vorgegangen sind, uns aber zu langsam bewegt haben. Wir hätten das schneller und aggressiver machen müssen, dann wären unsere Würfe auch einen Tick freier gewesen und dann wären die Dinger auch reingefallen – daran werden wir in der kommenden Woche schwerpunktmäßig arbeiten. Oldenburg hat es geschafft, das Momentum zu bekommen und das Tempo des Spiels zu verändern. Wir sind deutlich langsamer geworden als vorher, der Gegner deutlich schneller und das war der Schlüssel für den Sieg. Unser Gegner hat das sehr clever gemacht und ist aus dieser Verteidigung heraus immer wieder zu einfachen Fastbreakpunkten gekommen.
Wir müssen uns den Vorwurf gefallen lassen, dass wir die Oldenburger Schnellangriffe nicht konsequent genug unterbunden haben. Sie haben 30 Punkte im letzten Viertel gemacht. Hätten wir sie da ungefähr auf dem Niveau des ersten und des dritten Viertels gehalten, dann wären wir auch länger im Spiel geblieben. Kompliment aber an die Oldenburger, die eine gute Leistung gezeigt haben. Beide Mannschaften hatten ein wenig Wurfpech von den Außenpositionen. Letztendlich überwiegen bei mir aber die positiven Eindrücke in dem Spiel. Es ist trotzdem sehr ärgerlich, dass wir die Partie verloren, denn wir hatten heute gegen einen starken Gegner die Chance, zwei Punkte auf der Habenseite zu verbuchen. (…) Wir gehen nicht davon aus, dass Rouven Roessler am nächsten Wochenende in Paderborn schon wieder dabei ist. In zwei Wochen haben wir zwei Spiele an einem Wochenende, am Freitag gegen Bamberg, am Sonntag in Frankfurt. Ich hoffe, dass er zu einem dieser beiden Spiele wieder fit ist, eine genaue Prognose kann ich zum jetzigen Zeitpunkt aber noch nicht geben.”
Predrag Krunic (Cheftrainer EWE Baskets Oldenburg): “Das war ein sehr wichtiger Sieg für uns. Wir hatten vor allem in der ersten Halbzeit gegen eine gute Gießener Mannschaft nie in unser Spiel gefunden. Wir haben nur einen Dreier erzielt und nicht gut verteidigt. In der zweiten Halbzeit haben wir dann – auch durch einige Umstellungen – besser verteidigt und auch in der Offense cleverer gespielt, gegen Ende gute und wichtige Entscheidungen getroffen. Wichtig aus unserer Sicht war auch, dass wir Michael Umeh aus dem Spiel gehalten haben, da hat Rickey Paulding einen sehr guten Job gemacht. Ich glaube wir haben heute abend von beiden Seiten sehr guten Basketball gesehen, entscheidend war am Ende unsere Verteidigung.”
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Bilder: Mediashots Werbefotografie.