(Foto: Richard Stephan - der Stadtfotograf)

22-Punkte-Rückstand in letzter Sekunde gedreht – GIESSEN 46ers schlagen s.Oliver Würzburg mit 77:74

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3.578 Zuschauer wurden am Freitagabend in der Sporthalle Gießen-Ost Zeugen der Leidenschaft und des Kampfgeistes der GIESSEN 46ers, die trotz eines zwischenzeitigen Rückstands von 22 Punkten gegen die Mannschaft von s.Oliver Würzburg nie aufgaben und tatsächlich erst in letzter Sekunde das Spiel zum wichtigen 77:74-Heimsieg drehten. Gießener Topscorer wurde mit 25 Punkten Skyler Bowlin, der mit Dwayne Evans (Double-Double mit 11 Punkten und 14 Rebounds) maßgeblichen Anteil am wichtigen Heimsieg um die Playoff-Plätze hatte. Bei den eigentlich dominanten Würzburgern war Kresimir Loncar mit 27 Zählern wichtigster Werfer.

Die Zielvorgabe war klar: Mit dem vierten Sieg in Folge wollten die GIESSEN 46ers im letzten Saisonspiel für Co-Trainer Steven Key ihre Außenseiterchancen auf den hart umkämpften Playoff-Platz weiter steigern. Die Spiele gegen die Würzburger in der jüngeren Vergangenheit waren ohnehin stets spannend und eng – eine besondere Brisanz bekam das Match aber auch durch das Trainerduell: Denis Wucherer taktierte heute gegen seinen großen Förderer Dirk Bauermann, der nicht nur selbst Trainer vom Spieler Wucherer war, sondern diesen später auch zu seinem Co-Trainer bei Bayern München und der Nationalmannschaft machte.

Ohne die langzeitverletzten Thomas Scrubb und Bazoumana Koné setzte Wucherer gegen seinen ehemaligen Mentor auf Cameron Wells, Ex-Würzburger Joshiko Saibou, Skyler Bowlin, Dwayne Evans und Justin Sears in der Starting Five.

Das Match begann verheißungsvoll, beide Teams verteidigten aggressiv und die Führung wechselte gleich zu Beginn mehrfach. Wells und Sears sicherten dabei die ersten Gießener Zähler (5:6, 3.). In den folgenden Minuten waren die Würzburger jedoch deutlich zielsicherer (5:11, 5.). Erst von der Freiwurflinie konnte durch Sears erneut gepunktet werden, der immerhin aber auch gleich ein Drei-Punkte-Spiel nach starkem Zuspiel von Wells nachlegte (10:11, 6.). Erneut wechselte das Momentum und die 46ers sollten in diesem Viertel keinen Punkterfolg mehr verzeichnen. Beim Stand von 10:17 (7.) rief der 46ers-Cheftrainer sein Team zum ersten Timeout zusammen. Würzburg dominierte auch weiterhin, landete den dritten Dreier zum 10:20, während die Mittelhessen sich in Einzelaktionen unter dem Korb immer wieder festspielten und oft die Leidenschaft vermissen ließen. Auch diverse Spielerwechsel brachten keine bessere Struktur ins Spiel des Traditionsclubs, weshalb man nach den ersten zehn Minuten bereits einem 15-Punkte-Rückstand hinterherlief (10:25).

Das zweite Viertel begann ähnlich ungünstig. Nach Turnover bauten die Gäste die Führung weiter aus. Bowlin errang nach etwa fünf Minuten ohne heimische Punkte endlich wieder etwas Zählbares (12:30). Die Gießener schienen jetzt aufgewacht: Erst Bowlin aus der Distanz, dann Manigat nach Steal und Fastbreak belebten die Halle wieder (17:30, 12.). In der Folge taten sich beide Teams schwer, gegen die gegnerische Defense zu punkten. Würzburg blieb beharrlich und setzte sich wieder etwas ab. Saibou hielt mit drei Punkten gegen sein ehemaliges Team dagegen (21:37, 16.). Insgesamt verblassten die Angriffsbemühungen der 46ers in der ersten Halbzeit jedoch deutlich gegen die zielstrebigen Würzburger um Point-Guard Odum. Gegen das Pick-and-Roll der Würzburger fanden die Lahnstädter lange Zeit kein wirksames Mittel. Die acht weiteren Gießener Zähler des Viertels fielen alle von der Freiwurflinie: Sears, Saibou und Evans punkteten dabei zum sehr eindeutigen Halbzeitstand von 29:48.

Die Lahnstädter mussten nun aufpassen im Match zu bleiben und den Rückstand sukzessive abzubauen. Topscorer Kresimir Loncar verpasste dieser Hoffnung mit einem Distanzwurf jedoch gleich zu Beginn des Viertels einen herben Dämpfer – 22 Punkte betrug der Rückstand zu diesem Zeitpunkt (29:51, 21.). Mit der Starting Five auf dem Platz gelang den Hausherren nach wie vor wenig – Bowlin’s Jumpshot aus der Halbdistanz und Wells Dreier führten zum 34:53 nach 24 Minuten. Der alte Rückstand war zumindest wiederhergestellt. Immer wieder gab es jetzt Gießener Offensiv-Highlights wie weitere Dreier von Bowlin und Wells sowie Saibous Drei-Punkte-Spiel. In der Defensive bekamen die Mittelhessen die Spieler von Dirk Bauermann jedoch weiterhin kaum in den Griff (43:63, 26.), weshalb der Gästevorsprung weitestgehend bestehen blieb. Die GIESSEN 46ers gaben sich dabei nie auf, landeten einen 7-Punkte-Run zum 50:63 (28.), den die Würzburger  unmittelbar durch fünf eigene Punkte entschärften (50:68, 29.). Obst punktete erst von der Linie, glänzte dann mit Offensivrebound und Assist auf Pluskota, der das dritte Viertel mit seinem 54:68 beendete.

Der Vorsprung war etwas geschmolzen, doch auch 14 Punkte waren eine schier unmögliche Aufgabe gegen eine heute so konstante Truppe von Dirk Bauermann. Evans versuchte es dennoch und erzielte die ersten vier Gießener Zähler des Schlussviertels (56:70, 31.). Als der Gießener Kapitän Wells dann sogar den Rückstand auf nur noch zehn Punkte stellte (60:70, 33.), war in der ganzen Halle die Hoffnung zurückgekehrt, das Spiel doch noch drehen zu können. Die anschließende Auszeit von Bauermann führte zunächst zu Nichts, im Gegenteil: Bowlin wurde von Evans freigespielt und konnte aus der Distanz weiter verkürzen. Die Würzburger antworteten dann aber doch erfolgreich, trafen ihrerseits gleich doppelt – erneut durch den konstant starken Loncar (63:74, 35.). Nach einigen wieder unglücklicheren Gießener Angriffen rief Denis Wucherer erneut zur Auszeit. 180 Sekunden vor dem Ende schaffte es Bowlin von Downtown auf acht Punkte Rückstand zu verkürzen. Sears reduzierte weiter (68:74, 38.), gefolgt von Bowlin, der beim Distanzwurf gefoult wurde, alle drei Freiwürfe verwandelte und in der Crunchtime nun zum überragenden Mann auf dem Court wurde. Mit seinem Steal provozierte er, dass neben Brendan Lane nun auch Vincent Sanford sein fünftes persönliches Foul bekam. Von den beiden resultierenden Freiwürfen verwandelte er einen zum 72:74 (39.) 23 Sekunden vor dem Ende, Würzburg mit 14 Sekunden auf der Uhr, nahm Wucherer die letzte Auszeit und coachte sein Team tatsächlich noch zum Sieg. Würzburg konnte nach dem Einwurf nicht selbst punkten, Gießen startete den Gegenangriff und vollendete ihn durch Obst, der sich aus der Distanz bei noch zwei verbleibenden Sekunden ein Herz fasste und sein Team zum Sieg warf. Bei noch 6 Zehntelsekunden auf der Anzeigetafel kassierte Bowlin noch ein herbes Tackle in die Bandenwerbung, weshalb er von der Freiwurflinie die letzten Punkte des Matches erzielen konnte. Vor einer bebenden Sporthalle Gießen-Ost gewinnen die GIESSEN 46ers damit in der Crunchtime eine von vielen schon verlorengegangen geglaubte Partie noch mit 77:74 und dürfen somit weiterhin von den Playoffs träumen.

Denis Wucherer (Cheftrainer GIESSEN 46ers): „Würzburg hat heute in der ersten Halbzeit immer die richtigen Antworten gefunden. Es hat mindestens 30 Minuten gebraucht, bis wir ein Rezept gegen das Pick´n Roll mit Kresimir Loncar fanden. Wir haben in der ersten Halbzeit jegliche Leidenschaft vermissen lassen, jedes individuelle Duell verloren, den Korb nicht getroffen und gespielt wie eine Veteranen-Mannschaft, die wir aber nicht sind. Das letzte Viertel hat gezeigt, dass wir mit viel Leidenschaft spielen müssen, um eine Chance zu haben. Insofern sollte uns das letzte Viertel den Mut und das Selbstvertrauen geben, um am Mittwoch gegen Oldenburg von Anfang an hoffentlich mit der richtigen Mentalität zu Werke zu gehen.“

Dirk Bauermann (Cheftrainer s.Oliver Würzburg): „Glückwunsch an Denis und an Gießen. Sie haben im letzten Viertel noch einmal viel Energie und Kraft mobilisiert und uns mit den Fans im Rücken zu Ballverlusten gezwungen. Dafür gebührt ihnen Respekt. Sie haben bis zur letzten Sekunde gekämpft und sind mit einem Sieg belohnt worden. Für uns ist die Niederlage natürlich sehr unglücklich, wenn man ein Spiel so überlegen gestaltet und dann so zusammenbricht. Trotzdem ein Lob an die Mannschaft. Sie haben sich von der Niederlage in Ludwigsburg toll erholt und Charakter bewiesen. Über 35 Minuten können wir sehr zufrieden sein, schade, dass wir uns nicht belohnen konnten.“

GIESSEN 46ers – s.Oliver Würzburg 77:74 (29:48)

Viertelergebnisse: 10:25, 19:23, 25:20, 23:6

 GIESSEN 46ers: Joshiko Saibou (8 Punkte), Justin Sears (13), Dwayne Evans (11 Punkte, 11 Rebounds), Skyler Bowlin (25), Benjamin Lischka, Andreas Obst (5), Jahenns Manigat (2), Cameron Wells (11), Maurice Pluskota (2), Marco Völler.

s.Oliver Würzburg: Lamonte Ulmer (7), Jake Odum (14), Maurice Stuckey (5), Maximilian Ugrai (7), Brendan Lane (6), Vincent Sanford (6), Kresimir Loncar (27), Sebastian Betz (2), Felix Hoffmann.

Zuschauer: 3.578

Nächstes Spiel: Mittwoch, 1204.2017, 20.30 Uhr: GIESSEN 46ers – EWE Baskets Oldenburg

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