Zum Saisonstart in Göppingen gegen die „Ritter“ aus Kirchheim wollen die 46ers ihre bisher drei ProA-Niederlagen endlich vergessen machen
Nein, ein Vergleich mit dem Western „Django Unchained“, in dem Christoph Waltz alias Kopfgeldjäger Dr. Schultz den Sklaven Jamie Foxx befreit, um Oberfiesling Leonardo di Caprio einen – sagen wir mal – Besuch abzustatten, oder dem Sergio-Leone-Thriller „Spiel mir das Lied vom Tod“, in dem ein geheimnisvoller Mundharmonikaspieler (Charles Bronson) einen Mörder (Henry Fonda) sucht, der ihn schließlich in seine eigene Vergangenheit führt, wäre sicher viel zu hoch gehängt. Denn: Rache widerspricht jeglichem Sportsgeist. Was es gibt, ist allerhöchstens die Lust auf Revanche. Und die verspürt „Frenki“ Ignjatovic bis in die allerletzten Haarspitzen.
„Dreimal bin ich bisher als Gießener Coach bei meinem Ex-Club angetreten, dreimal haben wir verloren“, ist der 58-Jährige zwiegespalten, wenn er an den Saisonstart am Samstag (19 Uhr, EWS-Arena Göppingen) bei den Bozic Estriche Knights Kirchheim denkt. „Zum einen freue ich mich riesig, alte Freunde wiederzusehen, zum anderen möchte ich ihnen aber den Abend verderben.“ Sprich zwei Punkte aus dem Südosten Stuttgarts mit nach Hause nehmen. „Für unsere Ziele, für unsere Motivation, vor allem aber für unser erstes Heimspiel eine Woche danach gegen unseren Erzrivalen Phoenix Hagen wäre das Balsam auf unsere Seelen.“
Zur Erinnerung: Am 22. April 2023 setzte es für die 46ers bei den einst noch nicht über einen so sperrigen Clubnamen verfügenden „Ritter“ eine 82:97-Niederlage. Michael Flowers schenkte dem Altmeister 31 Punkte ein, so dass auch das Double-Double von Stefan Fundic nichts mehr half. Am 18. November des gleichen Jahres unterlag Gießen in Kirchheim mit 99:105. Weil die Hausherren die Bretter dominierten, 39 Rebounds (gegenüber 24) herunterpflückten und Jaydon Henry fünfmal von Downtown traf. Und zum Saisonstart 2024/25 rasierte Kirchheim die 46ers ungeahnt deutlich mit 92:73, was sich schon zur Pause (51:33) abgezeichnet hatte. „Immer, wenn ich komme, sind sie extra motiviert“, zieht „Frenki“ Ignjatovic fast entschuldigend die Stirn in Falten. Um nachzulegen: „Mein Freund und Kollege Igor Perovic ist nun mal auch sehr erfahren. Zwischen uns gibt es keine Geheimnisse.“
Dass die runderneuerten Teckstädter gleich zum Saisonstart ihre lediglich 1800 Besucher fassende Sporthalle Stadtmitte verlassen und zu einem sogenannten „Eventspiel“ in die über 5000 Zuschauern Platz bietende EWS-Arena nach Göppingen umziehen, sieht der 46ers-Coach nicht als Nachteil. „Ihre eigentliche Halle ist ein Hexenkessel. 20 Kilometer weiter haben sie keinen Heimvorteil mehr. Die Chancen stehen also 50:50.“
Nur drei Profis (acht in Gießen) sind bei den Knights aus der Vorsaison übriggeblieben, darunter der neue Kapitän und Ex-Gießener Lucas Mayer, der nur einer von zwei Spielern des Jahrgangs 1999 und damit fast der älteste Akteur in der extrem jungen Mannschaft ist. Ihm zur Seite stehen mit Eigengewächs Nil Failenschmid und Gian Aydinoglu zwei weitere letztjährige Kirchheimer. Kurz vor dem Saisonstart sorgten die „Ritter“ mit der bisher aber nur bis Januar andauernden Leihe von Center Nico Bretzel, der aus der Bundesliga von ratiopharm ulm unter die Teck wechselt, für Aufsehen. Der 2,11 Meter-Hüne vertritt den aus Dresden nach Kirchheim gewechselten Lukas Zerner, der vorläufig verletzt ausfällt.
Aeneas Jung wechselte aus Zypern ins Schwabenland. Aus den USA kamen mit Phillip Russell, Tyrel Morgan, Tylan Pope und Nick Spinoso vier Rookies, die zum ersten Mal in Europa spielen, denen „Frenki“ Ignjatovic nach der Visite anlässlich des Kirchheimer Tests gegen Karlsruhe aber enormes Talent attestiert. Mit durchschnittlich 22,4 Jahren ist der neuformierte Kader extrem jung und unerfahren. „Der Markt hat sich sehr verändert, deshalb haben wir uns für diesen Weg entschieden,“ so Knights-Sportchef Chris Schmidt.
Über das deutlich ältere Team verfügt Branislav Ignjatovic, der acht Profis in seinen Reihen hat, die 30 Jahre und älter sind. Dazu gehört auch Powerforward Till Gloger, der beim 70:80 im Pokal gegen den Erstligisten RASTA Vechta nicht mitwirken konnte. Zwei Tage vorher war der 32-Jährige im Training umgeknickt. Er pausierte gegen die Niedersachsen als Vorsichtsmaßnahme, „am Dienstag aber“, so Ignjatovic, hat er ganz stark trainiert. Der gebürtige Belgrader hat in Göppingen also alle Mann an Deck. Schließlicht gilt es, nicht nur einen guten Saisonstart hinzulegen, sondern vor allem des Trainers Lust auf Revanche zu befriedigen …