Die GIESSEN 46ers liefern beim 79:61-Saisonstart bei den Kirchheim Knights eine eindrucksvoll abgeklärte Vorstellung ab.
Auf der Cannstatter Wasen, dem größten Schaustellerfest Europas, erleuchteten am Samstagabend die rund 300 Buden und Fahrgeschäfte den nächtlichen Himmel über Stuttgarts Osten neon-hell. Einige Kilometer weiter knipsten die GIESSEN 46ers ihrem Kontrahenten zur gleichen Zeit das Licht aus. Erbarmungslos. Professionell. Routiniert. „Das war heute schon eindrucksvoll, wie wir aufgetreten sind“, durfte sich Cheftrainer „Frenki“ Ignjatovic an alter Wirkungsstätte nicht nur von den rund 35 mitgereisten mittelhessischen Anhängern hochleben lassen.
Hier eine Umarmung, da ein Küsschen, hier ein Selfie, da ein Autogramm: Der frischgebackene Opa hatte die Bewunderer bei seinem ersten Erfolg in der inzwischen vierten Saison an der Lahn als Gast der Bozic Estriche Knights Kirchheim auf seiner Seite. Mit 79:61 (51:25) hatte der Altmeister nicht nur einen perfekten Start in die Spielzeit 2025/26 der BARMER 2. Basketball-Bundesliga ProA hingelegt, sondern auch allerbeste Werbung für das Duell am kommenden Samstag (19 Uhr) gegen den alten Rivalen Phoenix Hagen betrieben.
Von einem „Ausrufezeichen“ in Richtung des nächsten Wochenendes sprach deshalb auch Capitano Robin Benzing, der „einen richtig guten Job unserer kompletten Mannschaft“ gesehen hatte. „Wir hatten gute Würfe, wir haben sie defensiv dominiert, wir haben die Bretter beherrscht und wir haben gezeigt, wie enorm wichtig es ist, eine tiefe Bank zu haben.“ Um es mit Branislav Ignjatovic zu sagen: „So, wie wir uns präsentiert haben, hatten wir es den ganzen Sommer über geplant: Alle Positionen sind doppelt besetzt. Wir haben eine tiefe Rotation und arbeiten als Team überragend zusammen. Schwächen einzelner werden so verdeckt, einer ist für den anderen da, jeder springt für den anderen ein.“ Und Robin Benzing ergänzte: „Heute war es das Team, das uns ausgezeichnet hat.“
Der 36-Jährige wollte ganz am Ende seiner wie immer ehrlichen Analyse aber nicht vergessen, einen doch noch ein wenig hervorzuheben. „Was KC heute geleistet hat, war schon außergewöhnlich …“ Mit „KC“ meinte der Ex-Internationale natürlich Kyle Castlin, dessen Stats belegten, dass das von den Hausherren ausgerufene „Eventspiel“ seine Bezeichnung alleine wegen des Auftritts des Mannes aus Marietta/Georgia verdient hatte. 23 Punkte in nur knapp 22 Minuten Einsatzzeit, davon zehn im ersten Viertel und 17 in Halbzeit eins, sprachen eindeutig für den US-Guard, der eine Woche vor dem Duell mit seinem Ex-Arbeitgeber wie aufgedreht wirkte. Der 29-Jährige traf acht seiner 15 Würfe, versenkte zwei Dreier, hielt sich an der Freiwurflinie schadlos und sammelte auch noch fünf Abpraller ein. Nicht übel …
„Heute haben wir unsere Erfahrung spielen lassen“, resümierte Roland Nyama, der jedoch nichts davon wissen wollte, dass sein Team früh in der Runde ein Zeichen gesetzt habe. „Zeichen setzen wollen wir an jedem Wochenende!“ Und der nach einer Knöchelverletzung wiedergenesene Ex-Neuseeländer Till Gloger, der mit elf Zählern zweitbeste 46ers-Punktesammler, ergänzte bei seiner Gießener Liga-Premiere: „Es war eine solide, eine reife Vorstellung. Sie hat Lust auf mehr gemacht.“
Es war eine Einschätzung, die die Gäste von Anfang an unterstrichen. In so gut wie allen Statistiken hatten sie die Nase vorne. 49 (!!!) eingesammelte Rebounds, unter anderem gegen baumlangen Ex-Ulmer Nicolas Bretzel, ließen gegenüber 35 von Kirchheim aufhorchen. Da alle elf eingesetzten mittelhessischen Profis mindestens einen Abpraller ihr Eigen nannten und 17:12-Assists sowie neun versenkte Würfe von jenseits der 6,75-Meter-Linie sehr ordentlich waren, konnten es die „Ritter“ schon bald unterlassen, mit dem Säbel zu rasseln. Was deren Coach Igor Perovic neidlos anerkannte: „Gießen hat eine eingespielte Truppe, wir standen im Sommer vor einem kompletten Neuanfang. So etwas merkt man früh in der Saison.“
Recht hatte der Mann aus Belgrad, der schon zeitig die Gießener Dominanz zu spüren bekam. Beim 16:6 hatten die 46ers nach sechs Minuten ein erstes Zeichen gesetzt, beim 29:8 (13.) durch Till Gloger, der Tylan Pope wie einen Schuljungen stehen ließ, war die Differenz weiter angewachsen. Und beim 58:27 (22.) und einem versenkten Freiwurf von Domagoj Vukovic betrug der Vorsprung der Gäste bereits beeindruckende 31 Zähler. Erst ein 13:0-Lauf der Schwaben zum 40:58 (26.) korrigierte den Auftritt Kirchheims etwas, brachte Gießen aber nicht mehr in Verlegenheit.
Zumal die Höhepunkte, die die ganz in Rot gekleideten 46ers-Anhänger deutlich hörbar in der nur mit gut 3000 Besuchern zu rund zwei Dritteln gefüllten EWS-Arena in Göppingen zu Begeisterungsstürmen hinreißen ließen, eindeutig auf Gießener Seite lagen. Mal durfte sich Kyle Castlin völlig blank stehend gefühlte fünf Sekunden Zeit nehmen, ehe er einen Dreier auf Zuckerpass von Simon Krajcovic ohne Kirchheimer Gegenwehr einschweben ließ (16:6, 6.). Mal versenkte Aiden Warnholtz die Kugel per „Step Back Jump Shot“ in Dirk-Nowitzki-Manier (18:6, 7.). Mal „schwebte“ Roland Nyama durch die komplette Festung der „Ritter“, die ihm bei seinem spektakulären Korbleger auch noch ein Foul anhängten (27:8, 12.). Mal sprang der Glücks-Dreier von Martin Junakovic vom Ring unters Hallendach, ehe er sich in die Reuse senkte (43:20, 17.).
Kein Wunder also, dass Robin Benzing, Kyle Castlin und Roland Nyama schon eins, zwei Minuten vor der Schlusssirene auf der Bank ihren Spaß hatten und die Fans in der Kurve alte MTV-Waisen anstimmten. Zu einem Zeitpunkt, an dem die 46ers ihrem Kontrahenten zum Saisonstart längst das Licht ausgeknipst hatten …
Kirchheim: Russell (17), Schwanenberg (n.e.), Aydinoglu (4), Mayer (13), Pope (6), Morgan (3), Spinoso (4), Stief (n.e.), Failenschmid (3), Jung (2), Bretzel (9).
Gießen: Norl, Warnholtz (8), Castlin (23), Benzing (8), Maier (4), König Figge (1), Vukovic (6), Gloger (11), Junakovic (8), Nyama (6), Krajcovic (3).
UND SONST NOCH …
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· Unsere Starter: Aiden Warnholtz, Kyle Castlin, Robin Benzing, Jonathan Maier, Simon Krajcovic.
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· Unser Konditions-Wunder: Aiden Warnholtz (29:20 Minuten).
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· Unser stärkster Rebounder: Jonathan Maier (8).
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· Unser erfolgreichster Passgeber: Simon Krajcovic (7).
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· Unsere höchste Führung: 58:27, 22. Minute.
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· Unsere erfolgreichste Serie: 11:0 zum 29:8, 12. Minute.
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· Unsere emotionalen Beobachter: 3012 Zuschauer in EWS-Arena Göppingen, davon 35 aus Gießen.
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· Unser nächster Auftritt: Samstag, 4. Oktober, 19 Uhr gegen Phoenix Hagen.