Am Samstag gegen Karlsruhe will Altmeister GIESSEN 46ers beim Treffen der „Alten Meister“ den ProA-Stotterstart vergessen machen
Stotterstart statt flotter Start: Wenn für die GIESSEN 46ers eine Zweitliga-Saison beginnt, hakts. Was manch einer schnell vergisst, an was wir statistik-verliebt aber gerne erinnern können.
Zum Start ins mittelhessische Berufsleben von Cheftrainer „Frenki“ Ignjatovic setzte es am 1. Oktober 2022 eine saftige 60:98-Packung in Bremerhaven, ehe Stefan Fundic die Osthalle mit einem Buzzerbeater-Dreier zum 82:81 gegen die Artland Dragons erlöste. Danach? Sieg in Nürnberg (75:63) und Niederlage in Dresden (87:89), also 2:2 zum Auftakt in die Spielzeit 2022/23.
Auch in der Folgesaison taten sich die Mittelhessen schwer: Erfolg in Karlsruhe (78:77), Pleite in Hagen (85:86), Siege gegen Koblenz (74:63) und in Dresden (88:85) sowie eine niederschmetternde Abreibung im Derby gegen Frankfurt (69:92): Auch die 3:2-Bilanz nach fünf Durchgängen roch nicht nach Hauptrunden-Platz zwei, den Gießen schließlich Ende April 2024 innehaben sollte.
Die Runde 2024/25 begann mit einer 73:92-Klatsche in Kirchheim, der ein hauchdünner 66:64-Sieg gegen Karlsruhe und ein 90:91 in Münster folgten: Das 1:2 nach drei Durchgängen entsprach der aktuellen Bilanz, die die 46ers am vierten Spieltag der BARMER 2. Basketball-Bundesliga ProA am Samstag (19 Uhr) gegen die PS Karlsruhe LIONS aufbessern und ausgleichen wollen. Vor allem aber möchten sie die 93:100-Niederlage vom vergangenen Samstag bei Aufsteiger Paderborn Baskets endgültig ad acta legen.
In einem Match, in dem es laut des Cheftrainers „keinen Schönheitspreis“ zu vergeben gibt. Denn: „Wer so auftritt wie wir zuletzt, dem bleibt halt nur zu kratzen, zu beißen und zu kämpfen.“ So lange, bis die zeitweise Lähmung aus Ostwestfalen einem gesunden Selbstvertrauen weicht. So lange, bis die noch immer nicht komplett integriert wirkenden Neuzugänge zu echten Leistungsträgern geworden sind. So lange, bis auch die letzte mentale Blockade nach dem niederschmetternden vierten 12:38-Viertel gegen Hagen gelöst ist.
Dass sich für eine sportliche Kehrtwende das Treffen der „Alten Meister“, die an diesem Wochenende an der Lahn zusammenkommen, um sich nicht nur ihrer nationalen Titelgewinne der Jahre 1965 und 1975 zu erinnern, sondern die sie auch gebührend gewürdigt zu bekommen, dafür glänzend eignen würde, steht außer Frage.
„Natürlich befinden wir uns derzeit in einer harten Phase, doch wir kommen da raus“, gibt Kapitän Robin Benzing die Marschroute für die kommenden Wochen und Monate vor. „Wir stehen zusammen, wir sind positiv gestimmt, wir wissen, dass wir wesentlich mehr können als das, was wir zuletzt gezeigt haben.“ Es sind Worte, die Luis König Figge gerne ergänzt: „Was wir zuletzt angeboten haben, war echt bitter, erst recht für die vielen Fans, die uns nach Paderborn begleitet haben. Doch wir werden einen Weg finden, uns aus diesem Tief rauszukämpfen.“
Mit guten Trainingseinheiten, die Branislav Ignjatovic seiner Truppe bescheinigt. Mit Videoanalysen, die die Defizite, vor allem im Defensivverhalten klar aufgezeigt haben. Und mit zahlreichen Einzelgesprächen, in denen der 59-Jährige und sein Assistent Nikola Stanic gerade jenen Akteuren, die bisher noch hinter ihren Möglichkeiten geblieben sind, klargemacht haben, dass mehr kommen muss. Denn „100 Gegenpunkte wie zuletzt in Paderborn, und das mit nur sechs Dreiern der Baskets, waren nicht nur inakzeptabel, sondern ein absolutes Desaster.“
Die 46ers seien eine Mannschaft mit großem Talent, die das Zeug dazu habe, in die Playoffs einziehen zu können, so der Deutsch-Serbe. „Mit 49 defensiven Fehlern, die wir dem Team aus dem Paderborn-Match vor Augen geführt haben, kannst du natürlich keinen Gegner dieser Welt besiegen.“ Es gelte, sich der Situation bewusst zu sein und das Schicksal in die eigenen Hände zu nehmen, schließlich „trainieren wir derzeit besser als wir spielen.“
Was sich gegen die PS Karlsruhe LIONS im Duell des Dreizehnten gegen den Zwölften natürlich ändern soll, wenngleich Ignjatovic betont, dass die Männer aus dem Badischen keine Laufkundschaft seien. „Ich mag solche Begriffe sowieso nicht, denn die Liga scheint abermals sehr ausgeglichen besetzt zu sein. Und Karlsruhe hat eine hohe individuelle Klasse.“ Die der Gießener Übungsleiter nicht nur auf den „großen Namen“ auf der Trainerbank bezieht.
Ex-Nationalspieler Demond Greene, der den Job im Sommer von Aleksandar Scepanovic übernahm, bestritt 114 Partien für Deutschland. Als Coach arbeitete der enge Freund von Ex-NBA-Champion Dirk Nowitzki von 2015 bis 2024 für Bayern München, zuletzt als Assistent des Italieners Andreas Trinchieri und danach des Spaniers Pablo Laso.
Der 46-Jährige verfügt über eine Mannschaft, bei der bei der 84:97-Niederlage gegen die BG Göttingen die beiden Amerikaner Mikal Dawson und Tyrese Williams fehlten, die aber mit dem nachverpflichteten David Allan Cohn einen Volltreffer gelandet hat. Der Pointguard, zuletzt in Tübingen unter Vertrag, traf gegen den BBL-Absteiger aus Süd-Niedersachsen neun von elf Dreiern und kam so auf satte 31 Punkte in gut 27 Minuten.
Mit dem ehemaligen Gießener Maurice Pluskota, einem der besten Rebounder der Liga, dem einst mit den 46ers unter Coach Pete Strobl aus dem Oberhaus abgestiegenen Kilian Binapfl (zuletzt Hagen), US-Pointguard Lynval Elli, der aus Nordmazedonien nach Karlsruhe kam, dem deutschen Center Wesley Chima Oba, der vergangenen Saison noch an der Missouri State University aktiv war, sowie Powerforward David Ejah (University of Indianapolis) hat Demond Green eine Truppe zusammen, die laut „Frenki“ Ignjatovic das Zeug dazu haben könnte, sich in Richtung Playoffs aufzumachen.
Was auch die GIESSEN 46ers wollen, bei denen nun gerade die erfahrenen Profis wie Robin Benzing, zuletzt in Paderborn mit 19 Punkten, der bisherige Liga-Topscorer Kyle Castlin (75 Punkte in drei Partien), die langen Männer wie Jonathan Maier und Till Gloger, aber auch Regisseur Simon Krajcovic gefordert sind. Schließlich will sich der Altmeister spätestens beim Treffen der „Alten Meister“ aufmachen, um aus einem Stotterstart einen flotten Start zu machen.