Die GIESSEN 46ers, die am Samstag (20 Uhr) in der Arena Hohenlohe gastieren, haben durchweg gute Erinnerungen an die „Zauberer“.
Wenn „Frenki“ Ignjatovic an die „Zauberer“ aus Crailsheim denkt, dann fällt ihm stets eine Anekdote ein, die er schon viele Jahre mit sich herumträgt. Die ihm kein schlechtes Gewissen mehr bereitet, die ihm eher ein herzhaftes Lachen entlockt. Was überhaupt nichts damit zu tun hat, dass er die HAKRO Merlins am 23. September 2023 aus dem BBL-Pokal beförderte (79:73) und auch in der vergangenen Saison in der BARMER 2. Basketball-Bundesliga ProA mit seinen GIESSEN 46ers zweimal gegen die Hohenloher (80:78, 90:88) die Oberhand behielt.
Was den 59-Jährige umtreibt, ist eine Begegnung Anfang der 2000er-Jahre, als Ignjatovic noch mit dem Nachwuchs der BG Ober-Ramstadt erfolgreich war. Als Hessenmeister nahmen sie an den Spielen auf Südwest-Ebene teil und trafen dort auf die Baskets Speyer. Einem Club, gegen den sie hinten lagen, weil die Domstädter über einen bärenstarken Pointguard verfügten. Sein Name? David McCray, heute Trainer der Crailsheim Merlins.
Jener David McCray verletzte sich in der Partie an der Schulter. „Er lag schmerzverzerrt auf dem Boden und krümmte sich“, erinnert sich Branislav Ignjatovic an die Partie, als hätte sie gestern stattgefunden. Das Szenario rief den Ober-Ramstädter Teamarzt, dessen Filius ebenfalls auf dem Feld stand, auf den Plan. Er tastete den Sohn eines US-Soldaten und einer deutschen Mutter ab und befand: „Sofort in Krankenhaus!“ Von wo McCray eine Stunde später zurückkehrte und „Frenki“ Ignjatovic fragend anschaute. Die Mediziner hatten nichts festgestellt, Speyer aber inzwischen ohne ihr Ausnahmetalent gegen Ober-Ramstadt verloren. Was Ignjatovic und sein BG-Doc augenzwinkernd zur Kenntnis nahmen.
Inzwischen sind zweieinhalb Jahrzehnte vergangen. Die „Zauberer“ empfangen die GIESSEN 46ers am Samstag (20 Uhr) in ihrer Arena Hohenlohe am fünften Spieltag des Unterhauses zum vermeintlichen Gipfeltreffen, das sich angesichts der Platzierungen der beiden Kontrahenten (Platz zwei gegen Rang elf) nicht so liest, das aber vom Leistungsvermögen und von den Ansprüchen her einem absoluten Spitzenspiel gleichkommt.
Hier Crailsheim, mit Erfolgen in Bochum (110:84), gegen Kirchheim (88:72), in Koblenz (84:73) und gegen Paderborn (76:73) famos und ohne Kratzer in die Saison gestartet, da der Altmeister aus Mittelhessen, der sich schon gegen Hagen und in Paderborn geschlagen geben musste und deshalb nur auf eine Bilanz von 2:2-Siegen kommt.
Aber in der Gewissheit nach Baden-Württemberg reist, im 130. Spiel unter der Ägide von Cheftrainer „Frenki“ Ignjatovic und seines kongenialen Assistenten Nikola Stanic keineswegs Außenseiter zu sein. „Niemand reist nach Crailsheim und behauptet von sich, favorisiert zu sein. Doch jedes Match geht bei null los. Und wir spielen uns von Woche zu Woche besser ein und haben durch den Erfolg gegen Karlsruhe Selbstvertrauen getankt. Ich freue mich jedenfalls riesig auf die Partie“, so der Deutsch-Serbe, der seine Jungs in der Vorbereitung mehrfach mit dem Sieg vom 2. November des vergangenen Jahres konfrontieret hat.
Damals gingen die 46ers zwar nur mit einer Zwei-Punkte-Differenz vom Feld, hatten das Match aber bis auf die Schlussphase im Griff. Zwischenzeitlich führte Gießen mit 15 Punkten – in der Arena Hohenlohe, in der sonst Zuchtvieh-Auktionen, Weihnachtstanz der Landjugend und Motorradmessen stattfinden, hörte man eine Stecknadel fallen. Kyle Castlin, der Top-Scorer der diesjährigen ersten vier Partien, glänzte vor rund zwölf Monaten mit 22 Punkten, der inzwischen gen Heidelberg abgewanderte Kevin McClain markierte 17 Zähler. Viktor Kovacevic, neu in Bratislava, sammelte dazu acht Rebounds ein. „Irgendwie liegt uns Crailsheim“, so „Frenki“ Ignjatovic.
Der aber auch weiß, dass die Hausherren, die auf aggressiven Tempo-Basketball setzen, unter allen Umständen in die BBL zurückkehren wollen. Und deshalb ihr Team so verstärkt haben, dass dieses Vorhaben auch gelingen kann.
Zwar konnten mit Kapitän Moe Stuckey (Zeckenbiss), Powerforward Brock Gardner (Sprunggelenksverletzung) und Guard Chuck Harris (Zerrung) zuletzt drei Leistungsträger nicht mitwirken, doch mit dem aus der Slowakei gekommenen Regisseur Keyshaun Langley, dem österreichischen Center Marvin Ogunsipe, den aus der letzten Saison verbliebenen Tyreese Blunt und Anthony Gaines, Nic Welp, dem Sohn des viel zu früh verstorbenen 93er-Europameisters Chris Welp, dem deutsch-brasilianischen Kraftpaket Gabriel de Oliveira, Combo-Guard TJ Madlock, dessen Try-Out-Vertrag gerade erst bis Ende Dezember verlängert wurde, sowie dem slowenischen Center-Talent Teodor Regorsek verfügt David McCray über zahlreiche Hochkaräter in seinem Team.
„Das Match kommt genau zum richtigen Zeitpunkt. Das Spiel gegen Hagen, über das wir viel zu lange nachgedacht haben, gehört der Vergangenheit an“, so Branislav Ignjatovic abschließend. Stichwort Vergangenheit! Der 46ers-Übungsleiter muss lachen. Da war doch etwas …

