Wenn die GIESSEN 46ers am Sonntag (15 Uhr) RASTA Vechta in Runde eins des BBL-Pokals empfangen, dann sollten sie sich ein Beispiel an ihrem Kapitän Robin Benzing nehmen.
Nein, ein – Achtung: Wortspiel – „Leichtgewicht“ der Branche ist er noch immer nicht. Was er bei einem Gardemaß von 2,10 Metern und vor allem 167 absolvierten Länderspielen auch nicht sein muss. Und kann. 111 statt 126 Kilogramm, im Sommer reduziert durch einen klaren Plan ohne Kohlenhydrate, Süßkram und Alkohol, hören sich gut an. Und lassen Robin Benzing von sich selbst berichten, als wolle er schon die Erfolgsformel für Sonntag verraten. „Beweglicher und spritziger“ sei er geworden, so der 36-Jährige, „in meinem Alter sollte man auf seinen Körper achten.“
Beweglich und spritzig müssen auch seine GIESSEN 46ers auftreten, wollen sie ab 15 Uhr in Runde eins des BBL-Pokals gegen den Erstligisten RASTA Vechta eine Chance haben. „Wir sind hochmotiviert“, berichtet der Capitano, der von einem „Wunschlos“ spricht. Schließlich war er im Sommer Gästetrainer Christian Held als Assistent der U20-Nationalmannschaft bei der EM auf Kreta sechs Wochen zu Diensten. „Eine herausfordernde, aber hochinteressante Zeit, die ich nicht müssen möchte.“ Und dies nicht nur, weil er auf seine Ernährung achten und mit dem Staff die eine oder andere Jogging-Runde drehen durfte.
Doch bei aller Euphorie, bei aller „guten Laune“, die Robin Benzing in der rund fünfwöchigen Vorbereitungsphase sowie den sechs Testspielen, von denen seine Jungs vier zu ihren Gunsten entschieden haben, ausgemacht hat: „Vechta ist ein gestandener Bundesligisten, der uns vor allem wirtschaftlich haushoch überlegen ist“, zeigt sich 46ers-Cheftrainer „Frenki“ Ignjatovic als Realist. „Wenn die Fans die Osthalle füllen und die Tribünen beben, dann ist alles möglich. Wir sind aber nicht beim Fußball, da kann auch ein Underdog einen Großen schlagen, das ist im Basketball oder Handball etwas schwieriger.“
Aber Crailsheim vor zwei Jahren und der Gießener 79:73-Erfolg gegen den damaligen Bundesligisten? Kein Zeichen für einen großen Nachmittag? Dafür, dass an der Lahn alles möglich ist? „Wir haben gesehen, was mit ihnen damals passiert ist. Ein halbes Jahr später waren sie mausetot und sind aus dem Oberhaus abgestiegen. Das wird Vechta nicht passieren.“
Dennoch: „An einem guten Tag können wir zehn, 20 oder auch 30 Minuten mithalten. Wenn wir drei Viertel offen gestalten, dann möchte ich nicht wissen, wie die Partie ausgeht“, traut der Deutsch-Serbe seiner Truppe selbstverständlich viel zu. Zumal alle Jungs an Deck sind, zumal der Kader nach der späten Verpflichtung von Pointguard Martin Junakovic deutlich tiefer geworden ist, zumal er gen nördliches Niedersachsen ruft, dass „Vechta bei uns nichts geschenkt bekommt.“
Wie ernst es dem Altmeister ist, verdeutlichte Branislav Ignjatovic vergangenes Wochenende, als er Christian Helds Truppe live beim Turnier in Heidelberg und dem 112:88-Erfolg über BBL-Aufsteiger VET-CONCEPT Gladiators Trier unter die Lupe nahm. „Das war schon eine beeindruckende Vorstellung“, schiebt der 58-Jährige den Gästen, die am Samstagabend in der Osthalle schon mal eine Einheit absolvieren, klar die Favoritenrolle zu.
Was auch in Ordnung ist, schließlich ist der runderneuerte Kader der Rasta-Männer einer zum Zunge schnalzen. Was in erster Linie an der Rückkehr des überragenden Tommy Kuhse, den Vechta selbst als „Transfercoup“ feiert, liegt. Der Spielmacher trug bereits in der Saison 2023/24 das orangene RASTA-Leibchen und wurde Zweiter bei der BBL-Wahl zum MVP. Nach einem Jahr in Italien bei Bertram Yachts Derthona Tortona unterschrieb der 27-Jährige nun einen Zweijahresvertrag beim Club im Oldenburger Münsterland. „Ein außergewöhnlicher Profi“, wie „Frenki“ Ignjatovic anerkennend sagt.
Doch auch andere im Kader der Gäste haben hohe Qualität. US-Shooting Guard TJ Bamba kam von der Oregon Ducks aus der stark einzuschätzenden Big Ten Conference. Dass er in Las Vegas im NBA-Summer-Camp für die Brooklyn Nets überzeugte, sprach ebenfalls nicht gegen den 23-Jährigen. Sein Landsmann Tevin Brown wurde zuletzt als Small Forward mit Start Lublin polnischer Vizemeister. Zuvor war er in Ungarn, Neuseeland, Kanada und Frankreich aktiv. Combo-Guard Alonzo Verge weiß, wo der Korb hängt, was er im türkischen Unterhaus zeigte, als er im Trikot von Balıkesir BŞB bester Scorer der Liga wurde. Big Man Malcome Dandridge wurde von Penny Hardaway, dem ehemaligen kongenialen Partner von Center-Legende Shaquille O’Neal bei den Orlando Magic, geformt und bei den Memphis Tigers ausgebildet.
Und Center Philipp Herkenhoff, zuletzt deutscher Vizemeister mit ratiopharm Ulm, entschloss sich, zusammen mit Freundin Anna und Hund Leo nach Vechta zurückzukehren, wo er im September 2017 sein Profidebüt feierte. Zusammen mit Fynn Lastring, Luc van Slooten, Roy Krupnikas und Linus Ruf, die mit dem Farmteam gerade erst aus der ProA abgestiegen sind, verfügt Cheftrainer Christian Held im Dreieck zwischen Bremen, Oldenburg und Osnabrück über eine Formation, die ein Besuch am Sonntag in der Osthalle in jedem Fall lohnt.
„Wir sind bereit“, versprühte Robin Benzing bei der Pressekonferenz in der Neusehland-Zentrale in Wieseck mit wunderschönem Blick auf Gleiberg und Vetzberg „jede Menge Bock auf Sonntag“. Und bezog seine Aussage nicht nur auf den letzten gelungenen 92:88-Test beim Erzrivalen Phoenix Hagen. Sondern auch ein klein wenig auf sich selbst …