Den Drachen Feuer machen

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Bei der Premiere von Abu Kigab wollen schockgefrostete GIESSEN 46ers bei den Artland Dragons an alte Erfolge anknüpfen.

Abu Kigab fiel die Hantel krachend zu Boden. „Na, kalte Finger?“, erkundigte sich Kapitän Robin Benzing nach dem Wohlbefinden seines Mitspielers. „Inzwischen ist es hier bei euch so wie bei uns in Ontario“, antwortete der Neuzugang der GIESSEN 46ers ebenso grinsend wie zurückhaltend, schließlich wollte er sich in seinem ersten Training in neuer Umgebung nicht gleich in die Nesseln setzen. Aber: Elf (!) Grad setzten am Mittwochmorgen dem Verdruss die Krone auf. 

„Eigentlich müsste ich die Jungs nach Hause schicken. Was aber nicht geht, weil wir unseren Neuen ja irgendwie integrieren müssen“, ärgerte sich Chefcoach „Frenki“ Ignjatovic über die unzumutbaren Zustände in der Rivers Sporthalle, die in dieser Woche die einzige Trainingsmöglichkeit darstellt. Denn die Osthalle ist auch abends aufgrund eines Schadens an einer zentralen Stromleitung gesperrt. „Kein Mensch würde sich bei solchen Bedingungen in ein Büro setzen“, grantelte auch Assistent Nikola Stanic, der am Mittag allerdings durchaus wohlwollend zur Kenntnis nahm, dass sich eine Firma der in Teilen offenbar defekten Heizungsanlage in den Rivers annahm. Nach Wochen der Übungseinheiten in Pudelmütze, Langarmshirts und Leggins … 

Eine hoffentlich bald wieder warme ehemalige US-Sportstätte werden die Profis des Altmeisters sowieso erst kommende Woche „genießen“ können. Denn nach einer abschließenden Video-Analyse am Donnerstag in den Räumen von Hauptsponsor Neusehland, der kurzfristig eingesprungen ist, da die Licher Lounge der Osthalle, in der die Besprechung normalerweise stattfindet, nur mit einer Taschenlampe zu erreichen ist, geht die Reise am Freitag in den Landkreis Osnabrück. 

In Quakenbrück steht am Samstag (19.30 Uhr) am 13. Spieltag der BARMER 2. Basketball-Bundesliga ProA das durchaus richtungsweisend Verfolgerduell bei den Artland Dragons auf dem Programm. Rein in den warmen Bus, ab ins kuschelige Hotel und dann ein hoffentlich heißer Tanz in der Artland-Arena, in der die 46ers den „Drachen“ Feuer machen wollen.

„Sie haben vernünftig investiert. Deshalb ist aus einem Absteiger ein Top-Team mit Playoff-Qualität geworden“, hat Branislav Ignjatovic Respekt vor der Truppe seines Kollegen Hendrik Gruhn, der in der Vorsaison noch bei Kooperationspartner RASTA Vechta II auf der Bank saß. Dem erst 31-Jährigen ist es gelungen, aus starken Übersee-Akteuren, gestandenen ProA-Profis und herausragenden Talenten eine Einheit zu formen, die zwar vor eigenem Publikum bisweilen schwächelt, die aber mit acht Siegen aus zwölf Partien auf Rang fünf liegend an den Heimspiel-Plätzen des Playoff-Viertelfinales rüttelt. „Sie haben starke Dreierschützen und sind unter den Körben eine Macht“, kennt der 46ers-Coach die Vorzüge der Niedersachsen. „Nur mit einer Top-Leistung werden wir sie stoppen können. Eine Vorstellung wie zuletzt in Köln wird uns sicher nicht reichen, um Zählbares mit auf die lange Heimreise nehmen zu können.“

Der Gießener Übungsleiter ist jedoch optimistisch, „dass wir in Quakenbrück etwas holen können.“ Zum einen haben die „Drachen“ vor eigenem Publikum bereits gegen die Uni Baskets Münster (69:71), gegen die BG Göttingen (83:104) und gegen die Bozic Estriche Knights Kirchheim (94:108) gepatzt, zum anderen stimmt die Unterhaus-Bilanz der Mittelhessen gegen die Männer aus Quakenbrück. Von bisher sechs Duellen gewann Gießen fünf, die einzige Niederlage resultiert aus deinem 82:83 am 3. März 2023, als die Gäste sage und schreibe rekordverdächtige 16 (!) Freiwürfe liegen ließen (Stefan Fundic allein zehn) und sich schließlich in der Overtime geschlagen geben mussten. Ansonsten bedeutete die niedersächsische Samtgemeinde stets ein gutes Pflaster (79:78, 86:79) für die 46ers.

Und dann ist da natürlich noch Neuerwerbung Abu Kigab, von dem „Frenki“ Ignjatovic vier Tage nach seiner Ankunft in Deutschland noch keine Wunder erwartet, von dem er sich allerdings erhofft, „dass er uns besonders defensiv helfen wird.“ Denn die Quakenbrücker „Abteilung Attacke“ hat es in sich. Mit dem syrischen Internationalen Amir Hinton, der aus Trier kam, und US-Rookie Ben Burnham (beide im Schnitt 19 Punkte) verfügen die Dragons über zwei der aktuell drei besten Scorer der Liga. Das Tableau wird angeführt von Efosa Osawe (Paderborn, 19,5); Gießens Kyle Castlin liegt mit im Schnitt 17 Zählern auf Position sieben. Da Burnham aber auch durchschnittlich neun Rebounds wegfischt, dazu „Buzz“ Anthony gut sechs Assists einstreut, ist der Deutsche Vizemeister von 2007 an der Spitze aller wichtigen Statistiken präsent.

Mit dem ehemaligen Gießener Robert Oehle, mit Dejan Bruce sowie den Ex-Vechtaern Linus Ruf und Fynn Lastring hat die Truppe aus Quakenbrück unter den Brettern Körpergröße zu bieten, außerdem erfährt Connor van Anthony in Dominic Dolic wertvolle Unterstützung beim Spielaufbau. Und von außen sind der ehemalige Frankfurter Timo Lanmüller, der Kanadier Nate Patrone, Linus Trettin und der Ex-Karlsruher Elijah Ndi jederzeit stets in der Lage, zweistellig zu punkten.

Es wird also in der Tat für die schockgefrosteten 46ers ein heißer Tanz in der Artland Arena …

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