(Foto: Richard Stephan - der Stadtfotograf)

Gedankenspiele der JobStairs GIESSEN 46ers – Geschäftsführer Stephan Dehler über Wildcard

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Die easyCredit Basketball Bundesliga veröffentlichte am gestrigen Montag das modifizierte Wildcard-Verfahren für die Saison 2021/22. Dieses wurde notwendig, da mit dem MLP Academics Heidelberg lediglich ein sportlicher Aufsteiger aus der BARMER 2. Basketball Bundesliga ProA ermittelt werden konnte. Aufgrund der ungewissen vorherrschenden Rahmenbedingungen während der anhaltenden Corona-Pandemie hat sich die BBL GmbH zu einer modifizierten Wildcard-Ausschreibung entschlossen. Dabei wird die fällige Gebühr von 700.000€ zu je zwei gleichen Teilen von 350.000€ auf zwei Jahre gestreckt. Die zweite Tranche wird nur bei Klassenverbleib fällig, was das finanzielle Risiko bei einem möglichen sportlichen Abstieg in der Spielzeit 2021/22 abfedern soll. Mit den neu geschaffenen Bedingungen beschäftigen sich auch die Verantwortlichen der JobStairs GIESSEN 46ers um Geschäftsführer Stephan Dehler.


Stephan, nach dem Abstieg aus der easyCredit BBL, wie sieht deine Gemütslage aus? Konntest du diese Tatsache schon etwas sacken lassen?

Es ist natürlich schwierig. Man hat nur diese rechnerische Chance auf dem Papier gehabt und dann tat es selbstverständlich in Bamberg weh, als man es letztendlich sportlich nicht mehr schaffen konnte – obwohl wir dort an dem Spieltag sehr gut gekämpft haben. Es tut weh, aber in einem Sportbetrieb gewinnt man und verliert auch – also von daher konnten wir es sacken lassen, aber wir müssen nach vorne blicken und immer positiv bleiben.

Ruhige Tage sind trotz Beendigung der Hauptrunde nicht möglich. Die easyCredit BBL gab gestern ein modifiziertes Wildcard-Verfahren bekannt. Welche Gedankenspiele gibt es bei den JobStairs GIESSEN 46ers für ein mögliches Wildcard-Szenario? 

Dass die easyCredit BBL entschieden hat, ein Wildcard-Verfahren auszuschreiben, ist schon ein Schritt in die richtige Richtung. Klar ist, wir sind sportlich abgestiegen, dass ist nun mal leider so. Jetzt müssen wir tatsächlich sehen, ob wir 700.000€ außerhalb des regulären Budgets aufbringen können. Wenn wir uns bewerben sollten, können wir diese Summe nicht vom Spieleretat abzweigen, dass ist ganz wichtig. Wir müssen das Spielerbudget halten, um in einer möglichen nächsten easyCredit BBL-Saison schlagkräftig und konkurrenzfähig auftreten zu können. Das werden wir jetzt mit dem Aufsichtsrat und den Gesellschaftern besprechen. Wir werden dann in den kommenden Tagen eine Entscheidung treffen, ob wir uns bewerben werden. Dass werden wir gut abwägen und im Zweifel bewerben wir uns oder wir sagen wir gehen in die ProA und versuchen möglichst bis dahin eine so schlagkräftige Mannschaft aufzustellen, dass das Thema Aufstieg in den nächsten ein, zwei Jahren wieder eine Rolle spielt.

Spielen auch die Depant GIESSEN 46ers Rackelos sowie die fortschreitende Entwicklung der Nachwuchsarbeit dabei eine Rolle?

Ich denke, gerade unser Nachwuchsbereich von den Rackelos über die BBA ist ein zentraler Baustein für uns. Darüber sind wir uns alle vollkommen bewusst, dass das auch ein prägendes Merkmal für unseren Standort in der Liga ist. Wir sind mit diesem Konzept erfolgreich unterwegs. Wir haben einige Spieler die bei den Rackelos spielen und auch ihre Minuten, wie Tim Uhlemann und Tim Köpple, in der easyCredit BBL bekommen. Somit ist dieses ganze Konstrukt ein zentraler Faktor und ein identitätsstiftendes Signal mit der Verwurzelung unserer Rackelos in der Gießener Gesellschaft. Bei einem möglichen Wildcard-Verfahren werden wir das alles natürlich mit in die Waagschale werfen.

Eine positive Lizenzbestätigung hatten die 46ers bereits eine Woche zuvor von Seiten des Lizenzligaausschuss erhalten. Sprich die wirtschaftlichen Vorrausetzungen wären gegeben. Da würde doch alles für eine Wildcard-Bewerbung sprechen, oder?

Wir haben die wirtschaftliche Lizenz ohne jegliche Auflage bekommen, was in den letzten Jahren keine Selbstverständlichkeit war. Von daher ist es in Corona-Zeiten ein Erfolg für uns, dass wir solide gewirtschaftet haben, auch Dank unserer tollen Partner, die immer solidarisch waren. Das entscheidende ist, dass wir 700.000€ gestaffelt auf zwei Raten über zusätzliches Sponsoring erwirtschaften können. Wenn ein Großteil davon zusammenkommt, dann werden auch mit Sicherheit die Gesellschafter nochmal ihren Beitrag leisten. Ich bin aber sehr zuversichtlich, dass wir eine solide finanzierte Grundlage haben werden, die das Budget nicht belasten wird.

Du hast es schon einmal angesprochen, trotzdem nochmal nachgehakt. Ihr seid im Austausch mit Gesellschaftern, Sponsoren und anderen Entscheidungsträgern, wie sieht denn dort der Grundtenor aus?

Man kann offen und ehrlich sagen, dass ist eine bunte Mischung zwischen wir wollen alle BBL spielen und die ProA ist auch nicht so schlecht. Man kann ja durchaus sagen, dass wir in den zwei Jahren ProA nicht die schlechtesten Zeiten erlebt haben. Da haben wir sehr gut gespielt und hatten eine gute Stimmung in Gießen. Also von daher hält sich das Meinungsbild aktuell die Waage. Wir haben einige Sponsoren, für die ist natürlich die überregionale Strahlkraft der easyCredit BBL durchaus wichtiger, als die Regionalität. Aber auch die ProA hat sich deutlich professionalisiert und ist sichtbarer geworden.

Die Corona-Pandemie hat vielen Branchen, trotz finanziellen Hilfestellungen, zugesetzt. Macht man sich auch Gedanken darüber, ob es in dieser Zeit überhaupt richtig ist, eine Wildcard zu erwerben? 

Ja, natürlich hat auch unsere Sponsorenlandschaft unter Corona gelitten. Das ist ganz klar. Von daher wird die Budgetierung durch das Sponsoring für die nächste Saison schwieriger werden. Deswegen muss man offen und ehrlich kommunizieren, dass das für uns eine Kraftanstrengung wäre, diese 700.000€ aufzubringen. Aber wenn gerade größere Sponsoren bereit dazu wären, extra Sponsoringerlöse zu generieren bzw. bereitzustellen, dann ist das auch ein Commitment für unseren Club und unsere Partnerschaft die uns verbindet. Von daher denke ich, dass das kein negatives Image für uns bedeuteten würde.

Die Bewerbungsfrist für die Wildcard geht bis zum 20. Mai. Nur wenig Zeit eine aussagekräftige Bewerbung zusammenzustellen und alle Für & Wider abzuwägen. Wann denkst du, wird der Club seine Entscheidung mitteilen können? Und wovon hängt diese eigentlich ab?

Wir werden uns in den nächsten Tagen in den Gremien Aufsichtsrat und Gesellschafterkreis entsprechend zusammensetzen und das Für und Wider analysieren. Und dann in den nächsten Tagen eine Entscheidung treffen, ob wir uns bewerben werden oder nicht. Doch wenn wir uns für eine Bewerbung entscheiden, dann werden wir 110% geben, um eine aussagekräftige und erfolgreiche Bewerbung einzureichen.

Vielen Dank, Stephan!

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