4003 Zuschauer erlebten am Sonntagnachmittag in der zum zweiten Mal seit dem Ausbau im Jahr 2007 ausverkauften Sporthalle Ost ein Beko Basketball Bundesliga-Spiel, das vor allem im Schlussviertel das Prädikat mitreißend verdiente. Die LTi 46ers sahen im Heimspiel gegen den Tabellenführer Brose Baskets in der 30. Minute beim Stande von 52:72 schon wie der sichere Verlierer aus, starteten dann aber eine grandiose Aufholjagd.
Beim Stande von 74:76 und eigenem Ballbesitz hatten die Mittelhessen 30 Sekunden vor dem Ende die Chance zum Ausgleich. Das Happy End blieb aber aus. Bamberg siegte am Ende mit 81:80 und bleibt in dieser Saison in der Liga weiter ungeschlagen. Die Fans in der Osthalle belohnten ihre Lieblinge nach deren Energieleistung mit Standing Ovations und lautstarken “Gießen, Gießen”-Sprechchören.
Den besseren Start in der Top-Begegnung des 7. Spieltages erwischten die Gäste aus dem Frankenland, die in der dritten Minute mit 7:2 führten. Die LTi 46ers fanden Mitte des ersten Spielabschnitts besser in die Partie hinein. Ein Ballgewinn von Anthony Smith, der in einen Pass hinein preschte und im Schnellangriff zum 4:7 eindunkte, brachte die Halle erstmals an diesem Nachmittag zum Beben (4.). Nach dem 8:9 durch einen schön herausgespielten Korberfolg von Elvir Ovcina (5.) übernahm aber wieder Bamberg das Kommando. Unter anderem durch Dreier von Casey Jacobsen und Karsten Tadda spielte sich der amtierende Deutsche Meister einen Zehn-Punkte-Vorsprung heraus (13:23/10.).
Nach dem 20:25 durch einen Dreier von Ryan Brooks (12.) stieg der Hitzepegel in der Halle, zunächst auf dem Feld und daraus resultierend auch auf den Tribünen. Im Anschluss an eine Reboundaktion am Gießener Brett kam es zu einer Rangelei zwischen Spielern der beiden Teams. Nach einer kurzen Unterredung entschieden die drei Unparteiischen auf technische Fouls von Bambergs ReyShawn Terry sowie Gießens Zachery Peacock sowie ein unsportliches Foul von Terry. Der Gäste-Forward war mit der Entscheidung nicht einverstanden, beschwerte sich und handelte sich ein weiteres technisches Foul ein.
Nun wurde es für Bamberg ein “heißer Tanz”. Wenn immer der Euroleague-Teilnehmer und vor allem ReyShawn Terry in Ballbesitz war, gab es ein gellendes Pfeifkonzert von den Rängen. Auf der anderen Seite wurden die Korberfolge des Heimteams frenetisch beubelt. Beste Stimmung herrschte auf den Tribünen nach dem 27:28 durch einen Dreier von Center Elvir Ovcina sowie im darauf folgenden Angriff, als der von Ovcina traumhaft bediente Zachery Peacock am Bamberger Brett trotz eines Fouls seines Gegenspielers zur ersten Führung ablegte (29:28/14.).
Dass es nicht reichte, diesen Vorsprung zu etablieren oder auszubauen, lag an der Kaltschnäuzigkeit der Gäste aus dem Dreipunktebereich. Acht von 14 Dreiern, die die Brose Baskets in Hälfte eins abfeuerten, fanden den Weg in den Gießener Korb, vor allem Ex-NBA-Spieler Casey Jacobsen (vier Treffer bei vier Versuchen) brillierte vor der Pause von jenseits der 6,75-Meter-Linie, aber auch Karsten Tadda leistete sich keinen Fehlversuch (2/2). Da sich die 46ers bei der Verteidigung der Dreier und auch im Umschalten von Angriff auf Verteidigung einige Unachtsamkeiten erlaubten, zudem nur neun von 16 Freiwürfen getroffen hatten, hieß es zur Pause 40:50 aus Sicht des Heimteams.
Im dritten Viertel hatte der Meister von 2010 alles im Griff. Sowohl unter dem Korb als auch von der Dreierlinie (3/4) traf Bamberg – und in dieser Phase besonders Predrag Suput und Kyle Hines – hochprozentig. Der 55:73-Rückstand nach dem dritten Viertel ließ nicht vermuten, dass sich noch eine wirklich spannende Begegnung entwickeln könnte.
Doch genau dazu kam es. Mit einer deutlich lebhafteren Defense holten sich die LTi 46ers ihr Selbstvertrauen zurück, vorne verkürzten sie Punkt um Punkt. Ein Lay-up von dem nach seinem Bänderriss im Auftaktspiel gegen Bonn erstmals wieder zum Einsatz gekommenen Combo Guard Chase Griffin im Fastbreak zum 62:73 (33.) war das endgültige Signal zu einer weiterhin mitreißenden Aufholjagd, und auch die anschließend von Chris Fleming genommene Auszeit konnte die 46ers nicht stoppen. Angepeitscht von ihren Fans waren die 46ers nach einem Ovcina-Korb (die Vorarbeit kam von Giorgi Gamqrelidze, der acht Assists verteilte), zwei Griffin-Punkten von der Linie und zwei Treffern aus großer Distanz von Dirk Mädrich in der 37. Minute auf vier Zähler (71:75) dran, Bamberg hatte durch Karsten Tadda nach sechs Minuten seine ersten Punkte im Schlussabschnitt erzielt.
Am Ende hätten die Mannen von Head Coach Vladimir Bogojevic die schon verloren geglaubte Partie tatsächlich fast noch gedreht. Casey Jacobsen bekam nach einem Fehlwurf ein technisches Foul angekreidet und Elvir Ovcina verwandelte einen der zwei fälligen Freiwürfe zum 74:76. Leider unterlief den Gastgebern dann ein vermeidbarer Ballverlust beim darauf folgenden Einwurf im Vorfeld: Ryan Brooks brachte den Pass von Anthony Smith nicht unter Kontrolle und stand mit dem Fuß auf der Auslinie. Gießen probierte es daraufhin mit schnellen Fouls, Bamberg zeigte aber keine Nerven und traf fünf von sechs Freiwürfen. So geriet der Sieg des Favoriten nicht mehr ernsthaft in Gefahr, nach dem Dreier von Chase Griffin zum 80:81 war nur noch eine Sekunde zu spielen.
Trainerstimmen
Chris Fleming (Brose Baskets): „In Gießen ist es immer sehr schwer, die Umstände sind nicht leicht. Gießen spielt im Augenblick einen sehr guten Basketball, sie haben eine junge Truppe, die heute nie aufgegeben hat. Nichtsdestotrotz bin ich zufrieden mit dem Sieg, trotz schwieriger Bedingungen inklusive dem technischen Foul am Ende haben wir das hier gut gemanagt und den Sieg nach Hause gebracht. Ich will nicht auf dem letzten Viertel rumhacken. Die Gießener Leistung im letzten Viertel muss man respektieren, sie hatten in dieser Phase nichts zu verlieren. Ich bin nicht zufrieden damit, dass wir im Schlussviertel sechs Minuten lang ohne Punkt geblieben sind. In dieser Phase haben wir den Ball schlecht bewegt, das werden wir beim nächsten Spiel besser machen.“
Vladi Bogojevic (LTi 46ers): „Glückwunsch an Chris und Bamberg zu einem zweifelsohne verdienten Sieg. Bei mir überwiegt die Unzufriedenheit darüber, dass wir in der ersten Halbzeit 50 Punkte zugelassen haben. Wir haben den Bambergern gefühlt neun offene Dreier gestattet, ich kann mich nicht daran erinnern, dass wir auch nur einen Dreierversuch von Bamberg gut verteidigt haben. Auch die sieben vergebenen Freiwürfe in der ersten Halbzeit ärgern mich. Wir hatten gute Phasen am Anfang und am Ende, unsere Energieleistung im letzten Viertel war lobenswert. Ich hätte mir aber gewünscht, das wir schon zu einem frühen Zeitpunkt so agiert hätten. Wir haben gegen eine erfahrene und abgeklärt spielende Mannschaft verloren. In den letzten zwei Minuten sind uns zwei vermeidbare Ballverluste unterlaufen, die unserer Unerfahrenheit zuzuschreiben sind. Jannik (Freese) hat nicht gespielt, weil er starke Schmerzen im Bereich der Ferse hat, er braucht einige Tage Ruhe.“
Punkteverteilung
LTi 46ers: Ovcina (16), Griffin (15), Brooks (12), Peacock (11), Smith (9), Mädrich (7), Gamqrelidze (4), Kepkay (4), Schwartz (2), Freese, Perl (beide n. e.).
Brose Baskets, beste Werfer: Suput, Jacobsen (beide 14), Tadda (12), Hines (11).