Thorsten Leibenath im Interview

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Für die LTi GIESSEN 46ers ist am Samstag die vielleicht schwierigste Saison seit der Zugehörigkeit zur Basketball-Bundesliga (BBL) zu Ende gegangen. Das seit 1966 in Liga eins vertretene Bundesliga-Gründungsmitglied aus Mittelhessen landete nach einer von finanziellen Problemen und einem langwierigen Kampf gegen den sportlichen Abstieg in die zweite Liga gekennzeichneten Saisonverlauf wie im Vorjahr auf Platz 16, vier Spieltage vor dem Saisonende konnte der Klassenerhalt durch einen 76:69-Heimerfolg gegen die New Yorker Phantoms Braunschweig sichergestellt werden. Thorsten Leibenath hat ein überwiegend schwierig verlaufenes erstes Jahr als Cheftrainer eines BBL-Klubs hinter sich gebracht.Wir befragten LTi 46ers-Cheftrainer Thorsten Leibenath zu der abgelaufenen Saison und seinen Plänen für die im September startende Spielzeit 08/09.

Hallo Thorsten, was überwiegt bei dir wenige Tage nach dem Saisonende. Die Freude darüber, die schwierige Situation durch den Klassenerhalt gemeistert zu haben oder die Enttäuschung darüber, dass das vor der Saison ausgegebene Ziel nicht erreicht worden ist?

Thorsten Leibenath: Ich kann nicht sagen, was überwiegt. Beide Emotionen sind bei mir vorhanden. Einerseits bin ich glücklich darüber, dass wir nach all dem, was in der Saison passiert ist, das Ganze zu einem guten Ende geführt haben. Andererseits kann ich mit dem Erreichten nicht zufrieden sein. Wir wollten ins gesicherte Mittelfeld und möglichst frühzeitig den Klassenerhalt sicherstellen, haben letztlich aber lange zittern müssen, weil wir viele unnötige Niederlagen kassiert haben. Auch wenn es eine schwierige Saison für uns war, muss man festhalten, dass wir auch trotz unserer Verletzungsproblematik mehr Spiele hätten gewinnen können.

Welchen Einfluss hatten die Verletzungsprobleme, mit denen das Team über die gesamte Saison hinweg zu kämpfen hatte? Am gravierendsten war sicher das Problem auf der Position eins: Obie Trotter fiel schon vor der Saison mit einer Handverletzung aus, musste ersetzt werden und war auch nach seinem Comeback im Dezember nicht im Vollbesitz seiner Kräfte. Der für Trotter vor Saisonbeginn nachverpflichtete Patrick Sparks konnte Ende Dezember aus finanziellen Gründen nicht gehalten werden, obwohl du ihn gerne weiter im Team gesehen hättest. Anschließend dauerte es einige Zeit, bis mit Danny Lewis ein Nachfolger präsentiert werden konnte.

Thorsten Leibenath: Es bleibt ohne Zweifel festzuhalten, dass uns die vielen Verletzungen und Nachverpflichtungen Probleme bereitet und es uns ganz schwer gemacht haben, in einen Rhytmus zu finden. Wir haben nur selten zwei-, dreimal in Folge in der gleichen Aufstellung spielen können. Es hat sich in dieser Saison wieder einmal gezeigt, dass die Aufbauposition die Achillesferse eines jeden Basketballteams ist und Konstanz dort unabdingbar für den sportlichen Erfolg ist. Teams, die auf dieser Position Probleme hatten, Coach 'T' mit Routinier Gerrit Terdenge.sind in Schwierigkeiten geraten. Und das ist sicher auch ein bedeutender Bestandteil der Analyse, wenn wir unsere Leistungen in dieser Saison beurteilen. Wir wussten spätestens im Dezember, dass es eine schwere Saison für uns wird, weil Obie Trotter nach seinem Comeback weiterhin über Schmerzen klagte und bis zum Saisonende nicht im Vollbesitz seiner Kräfte war und überdies feststand, dass wir Patrick Sparks aus finanziellen Gründen nicht in Gießen halten können. Auch auf den beiden großen Positionen mussten wir in vielen Spielen verletzungsbedingte Ausfälle kompensieren.

In der heimischen Presse ist die Spielerauswahl kritisiert worden. Dein Kommentar dazu?

Thorsten Leibenath: Die Art und Weise, wie wir die Mannschaft zusammengestellt haben, hat größtenteils gepasst. Wir sind sehr sorgfältig an das Recruiting herangegangen. Dass wir viele Nachverpflichtungen tätigen mussten, hatten wir nicht eingeplant, uns blieben aber keine Alternativen. Die Verletzungen, die wir zu kompensieren hatten, waren zu gravierend, als das wir das mit dem verbliebenen Kader hätten tun können. Die Nachverpflichtungen sind uns gelungen. Nach Anlaufschwierigkeiten hat Patrick Sparks hervorragend für uns gespielt. Seamus Boxley hat besonders stark defensive Aufgaben für uns erfüllt, in dem ein oder anderen Spiel aber auch in der Offensive Akzente setzen können. Als wir dann im Februar Bill Phillips und Danny Lewis unter Vertrag genommen haben, ist ein richtiger Ruck durch die Mannschaft gegangen. Ihre Erfahrung hat entscheidend dazu beigetragen, dass wir die Klasse halten konnten.

Trotz der großen Sorgfalt bei der Spielerauswahl sind uns bei der Teamzusammenstellung auch Fehler unterlaufen. Ed Nelson würde ich für die Rolle des Centers, die wir gesucht haben, heute nicht noch einmal verpflichten. Das nehme ich ganz klar auf meine Kappe. Auch Shawan Robinson habe ich mehr auf der Position zwei gesehen. Nach dem Heimsieg gegen Trier freut sich Leibenath zusammen mit Matchwinner Michael Umeh.Durch die Verletzungen musste er dann zwangsläufig mehr auf der Eins agieren, wo er nicht seine Stärken hat. Fehler macht man immer und regelmäßig. Wichtig ist, dass man die richtigen Schlüsse daraus zieht. Ich habe dazugelernt, auch was den taktischen Bereich anbelangt. Wir müssen in der kommenden Saison sicher noch mehr Wert auf die Verteidigung legen, denn wir waren in dieser Saison eines der defensivschwächsten Teams in der Liga. Insofern müssen wir ein noch größeres Augenmerk auf die individuellen defensiven Fähigkeiten der Spieler legen, aber auch in taktischer Hinsicht müssen wir mehr machen. Beispielsweise haben wir unsere Gegner in Korbnähe viel zu häufig zu einfachen Punkten kommen lassen, was auch an einer mangelnden Rotation in unserer Verteidigung lag. Wichtig ist zudem, dass wir beim Rebound stärker werden.

Was bleibt dir aus dieser Saison in positiver Erinnerung?

Thorsten Leibenath: Wir haben einen Rouven Roessler erlebt, der die beste Bundesligasaison seiner Karriere gespielt hat. Auch Michael Umeh, den wir ursprünglich eher in einer Backup-Rolle gesehen hatten, hat in etlichen Spielen starke Leistungen gezeigt. Das war mehr, als wir von ihm erwartet hatten. Gerrit Terdenge hat seine Leistungen aus der Vorsaison auf hohem Niveau bestätigt. Dass Johannes Lischka schon in dieser Saison dermaßen gut einschlägt, war im Vorhinein auch nicht zu erwarten gewesen. Spätestens zur Rückrunde war klar, dass Jo ein nahezu fester Bestandteil unserer Rotation ist. Dann Obie (Trotter), der sich trotz seiner Verletzung mit vollem Einsatz in den Dienst der Mannschaft gestellt hat. Die Nachverpflichtungen, die allesamt einen positiven Eindruck hinterlassen haben und wichtige Stützen waren. Auch unsere ordentliche Heimbilanz. Man hat gesehen, was der Heimcourt mit der Unterstützung durch die Fans ausmacht und wieviel Selbstvertrauen dieser Support unserem Team eingeimpft hat. Typisch Leibenath: Nur selten erlebte man den gebürtigen Leverkusener in dieser Saison während eines Spiels in sitzender Position an der Seitenlinie. Der 33-Jährige machte innerhalb der Coaching Zone wohl einige Kilometer und gab seinen Spielern Anweisungen, so wie hier beim Spiel in Bamberg.Dem steht natürlich eine ganz schwache Auswärtsbilanz gegenüber, die wir nicht unter den Teppich kehren dürfen. Da haben wir zu häufig den Faden verloren und sind dadurch in einer Deutlichkeit in Rückstand geraten, die es uns nicht erlaubt hat, nochmal zurück in die Partie zu kommen.

Mit Florian Hartenstein, Gerrit Terdenge, Johannes Lischka, Richard Poiger und Corey Rouse, der am Dienstag seinen Vertrag um ein Jahr verlängert hat, stehen momentan fünf Spieler für die kommende Saison unter Vertrag. Wann können die Fans mit weiteren Vertragsabschlüssen rechnen?

Thorsten Leibenath: Wir befinden uns mit nahezu allen Spielern aus dem Kader 07/08, die keinen Vertrag für die nächste Spielzeit haben, in Gesprächen. Fest steht, dass Shawan Robinson nicht mehr nach Gießen zurückkommen wird. Bei den übrigen Spielern müssen wir schauen, unter welchen Konstellationen eine Vertragsverlängerung Sinn macht. Umgekehrt gilt das natürlich auch für die Spieler. Wir haben uns sehr darüber gefreut, dass mit Corey sich ein wichtiger Baustein der ‚alten‘ Mannschaft dazu entschieden hat, hier zu bleiben. Es ist augenblicklich schwer zu sagen, wann die nächsten Entscheidungen gefällt werden. Bei einigen Spielern könnte es sich unter Umständen aber noch etwas hinziehen.

Was steht augenblicklich und in den kommenden Wochen bei dir auf dem Plan?

Thorsten Leibenath: Neben den Gesprächen mit den Spielern aus dem letztjährigen Kader haben wir schon vor einiger Zeit damit begonnen uns nach Spielern umzuschauen, die im europäischen Ausland gespielt haben oder in diesem Jahr vom College abgegangen sind. Des Weiteren sondieren wir den deutschen Markt und sind besonders an jungen Spielern interessiert, die per Doppellizenz auch bei unserem Kooperationspartner LTi LICH in der 2. Liga Pro A eingesetzt werden können, um sich dort für höhere Aufgaben zu empfehlen. Thorsten Leibenath und sein Assistent Gerald Wasshuber werden auch in der kommenden Saison mit der nötigen Akribie an dem taktischen Gerüst des 46ers-Teams arbeiten.Wir werden auch potenzielle Neuzugänge nach Gießen einladen, um sie hier intensiv zu testen und uns einen persönlichen Eindruck verschaffen zu können, ob sie ins Team passen. Dann stehen einige Besuche bei Basketballcamps auf dem Programm, bei denen sich viele Spieler präsentieren. Wir werden Camps in Deutschland und den USA besuchen, um herauszufinden, welche Spieler für die nächste Saison in Frage kommen.

Wann wird die Vorbereitung auf die kommende Saison starten?

Thorsten Leibenath: Wir haben nach dem letzten Saisonspiel erstmal drei Wochen Pause angesetzt. Die Spieler, die schon für 08/09 unter Vertrag stehen, werden ab dem 2. Juni für einen Monat das Basketballtraining aufnehmen und darüber hinaus auch im athletischen Bereich arbeiten. Im Juli werden sie individuell an sich arbeiten. Jeder unserer Spieler bekommt ein Trainingsprogramm. Beim Mannschaftstrainingsauftakt am 1. August sollte dann jeder Spieler mit guten konditionellen Voraussetzungen in die Teamvorbereitung einsteigen können.

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