„Frenki“ Ignjatovic sagt den letzten Spielzug an, Kyle Castlin vollendet wie besprochen zum glücklichen 64:62-Erfolg der 46ers in Münster.
„Schau mir in die Augen, Kleines“, schmachtete einst Humphrey Bogart als Trinkspruch zu Ingrid Bergman im weltberühmten Filmklassiker „Casablanca“. „Schaut mir in die Augen, Jungs“, schien „Frenki“ Ignjatovic am Samstagabend in der Halle Berg Fidel bei seinen Profis in einer letzten Auszeit 26 Sekunden vor Schluss noch einmal die volle Aufmerksamkeit einzufordern.
Schließlich hatte der Cheftrainer der GIESSEN 46ers einen einstudierten Spielzug, ein Play, ja den wahrscheinlich siegbringenden Korb so vor Augen, dass seine Männer ihm seine Worte quasi von den Lippen abzulesen hatten.
Hier eine Ansprache an Simon Krajcovic. Da eine Ergänzung von Jonathan Maier. Und schließlich ein tiefer Blick und ein Fingerzeig in Richtung Kyle Castlin, dem Capitano Robin Benzing bei der Rückkehr aufs Parkett noch einmal einen zuversichtlichen Klaps mit auf den Weg gab. „KC sollte unter allen Umständen den Ball bekommen und uns den Abend retten“, so der Coach. Ein Abend, so viel sei vorweggenommen, der Luft nach oben verriet. Und dessen glückliches Ende dokumentierte, warum Benzing später von einem „nicht so besonders schönen Match“ redete.
Exakt 26,3 Sekunden standen noch auf der Uhr, als Simon Krajcovic den Ball führte, lange führte. Und Kyle Castlin ihn schließlich – wie verabredet – zugespielt bekam, 2,6 Sekunden vor der Schlusssirene abdrückte, es sich die Kugel aber quälend lange überlegte, in die Reuse hinein zu rumpeln. „Meine Mitspieler und der Coach hatten Vertrauen in mich, danke dafür“, konnte sich Kyle Castlin, der zuvor kein Scheunentor getroffen hatte, dann doch noch freuen, auch wenn seine am Ende nur sechs Zähler für ihn das schlechteste Scoring in dieser Saison bedeuteten. Immerhin: Der 64:62 (36:35)-Erfolg bei Schlusslicht Uni Baskets Münster war unter Dach und Fach und der dritte Erfolg aus den letzten vier Partien damit auch.
So richtig freuen über den an fehlender Überzeugung und mangelndem Selbstvertrauen leidenden Auftritt konnte sich aber niemand. Schon gar nicht Branislav Ignjatovic, der von „unterirdischen Quoten“, „blöden Ballverlusten“, einem „dreckigen Sieg“, aber auch davon sprach, dass er „maßlos enttäuscht“ sei. „Momentan nehmen wir halt alles mit, was kommt. Auch Erfolge, bei denen es lange so schien, als würden wir alles dafür tun, das Spiel noch zu verlieren.“
Ähnlich bewerteten auch seine Profis den Auftritt im Münsterland. „Wir waren nervös, irgendwie zurückhalten, wir haben nichts getroffen. Keiner hat sich etwas zugetraut. So wird es gegen jeden Gegner schwer“, fand Robin Benzing wie immer offene Worte. Was auch für Jonathan Maier, der mit elf Punkten und sechs Rebounds in nur 21 Minuten einen guten Abend hatte, galt: „Es war ein zerfahrener Auftritt von uns, irgendwie nicht schön anzuschauen. Am Ende des Tages zählt aber nur der Sieg.“ „Einen Sieg, den wir so, so dringend gebraucht haben“, wie Kyle Castlin Sekunden nach dem Ende am Sporteurope.TV-Mikro bei Moderator Dominik von Burchard verriet.
Obwohl die Mittelhessen eine Woche zuvor noch die Bayer Giants Leverkusen mit 97:71 aus der Osthalle gefegt hatten, traten sie zumindest drei Viertel lang nicht eben mit breiter Brust auf. Die ansonsten besten Schützen, Kyle Castlin, Robin Benzing und Simon Krajcovic, trafen zusammengerechnet nur fünf ihrer 26 (!) Würfe. Neuzugang Devon Goodman, offenbar nach nur vier Trainingseinheiten mit dem Team noch nicht ganz der Alte, schoss in elf Minuten vier Fahrkarten. Da auch die zuletzt sehr starken Roland Nyama und Luis König Figge nichts Zählbares auf das Scoreboard brachten, insgesamt 14 Assists ebenso mager waren wie eine 24-prozentige Quote aus Downtown und auch der ansonsten treffsichere Aiden Warnholtz aus der Nahdistanz gleich fünfmal patzte, war der Abend zäh.
Nach einem 11:0-Lauf, den Big Man Domagoj Vukovic mit einem Dreier vollendete, führte Gießen nach neun Minuten zwar 23:14, doch die Hausherren, die Kapitän Cosmo Grühn wieder dabeihatten, aber auf Adam Touray (Bandscheibenvorfall) verzichten mussten, ließen sich nicht abschütteln. Als erst Simon Krajcovic einen an sich leichten Korbleger vergab, der Slowake sich dann auch noch einen schlimmen Fehlpass erlaubte und schließlich Kyle Castlin die Shotclock aus den Augen verlor, hatten sich die Männer von Coach Götz Rohdewald, der später resümierte, seine Jungs hätten „alles reingehauen“, beim Halbzeit-35:36 wieder herangearbeitet.
Im Schlussabschnitt versenkten die Gastgeber vier Dreier in Serie und stellten von 47:51 (30.) auf 59:56 (35.), hatten damit aber quasi ihr Pulver verschossen. An der Freiwurflinie und durch einen Offensivrebound von Jonathan Maier arbeiteten sich die 46ers zum 62:62-Ausgleich, ehe „Frenki“ Ignjatovic in einer Auszeit um Gehör bat.
Der zwar spannende, aber aus Gießener Sicht leider auch noch viele Baustellen aufzeigende Abend hatte aber nicht nur Negatives zu bieten. „Unsere Defense stand“, wusste Kyle Castlin. Und Jonathan Maier ergänzte: „Als Team haben wir funktioniert und die Last auf vielen Schultern verteilen können.“
Beispielsweise auch auf die des zuletzt immer mal wieder gescholtenen Domagoj Vukovic, der mit zwölf Punkten, sechs Rebounds und zwei (von drei) versenkten Dreiern auf sich aufmerksam machte. Beispielsweise auch auf die von Till Gloger, der acht Punkte zum Gelingen beisteuerte und dabei mehrfach mit toller Übersicht glänzte. Beispielsweise auch auf die von Simon Krajcovic, der stets präsent war, wenn es galt, die Münsteraner Fahrkarten einzusammeln.
„Momentan gibt es für uns keine Geschenke. Wir nehmen, was kommt. Nun heißt es: Münster abhaken, die Jungs loben und aufbauen und sie auf Bremerhaven vorbereiten“, so „Frenki“ Ignjatovic. Dem es im Training wie in einer Auszeit zuzuhören und zuzuschauen gilt. „Schaut mir in die Augen, Jungs …“
Münster: O`Brian (2), Hodges (10), Viefhues (11), McMullan (11), Dilschmann (4), Masnic (6), Larry (15), Pahnke, Grühn (3), Zurliene, Ani.
Gießen: Norl (6), Warnholtz (11), Goodman, Castlin (6), Benzing (2), Maier (11), König Figge, Vukovic (12), Gloger (8), Nyama, Krajcovic (8).
UND SONST NOCH …
- Unsere Starter: Daniel Norl, Kyle Castlin, Robin Benzing, Jonathan Maier, Simon Krajcovic.
- Unser Konditions-Wunder: Kyle Castlin (28:13 Minuten).
- Unser stärkster Rebounder: Simon Krajcovic (10).
- Unsere erfolgreichsten Passgeber: Simon Krajcovic und Aiden Warnholtz (je 4).
- Unsere höchste Führung: 23:14 (9. Minute).
- Unsere erfolgreichste Serie: 11:0 zum 23:14 (9. Minute).
- Unsere emotionalen Beobachter: 2740 Zuschauer in der Halle Berg Fidel, davon 50 aus Gießen.
- Unser nächster Auftritt: Samstag, 22. November (19 Uhr), in der Osthalle gegen die Eisbären Bremerhaven.


