GIESSEN 46ers gewinnen eine lange äußerst umkämpfte Partie bei den Artland Dragons noch mit 86:78
„Frenki“ Ignjatovic saß einsam hinter der Bank und wischte sich erst einmal die Schweißperlen von der Stirn. Wenige Meter vor ihm lagen sich Viktor Ziring und Marathonmann Kyle Castlin in den Armen. Mladen Vujic hob Matchwinner Simon Krajcovic aus den Angeln. Luis Figge bedanke sich herzlich bei den wenigen rot-weißen Anhängern, die von der Tribüne an den Spielfeldrand geeilt waren. Und Viktor Kovacevic ließ sich auf dem Buckel von Jonathan Maier in Richtung Kabine tragen. Für die GIESSEN 46ers hieß es am Sonntagabend in Quakenbrück: DURCHATMEN!!! Und: RUNTERKOMMEN!!!
Denn nach einem hart umkämpften, bis in die Crunchtime auf der Kippe stehenden, am Ende aber abgezockt und eiskalt herausgespielten 86:78 (42:45)-Erfolg bei den Artland Dragons wussten sie: Wir sind wieder in der Spur und wir haben die unglückliche Heimniederlage gegen Jena keine 45 Stunden danach mehr als vergessen lassen. Nach neun Spieltagen in der BARMER 2. Basketball-Bundesliga ProA liegen die Männer von Trainerfuchs Ignjatovic mit sechs Siegen bei drei Niederlagen auf Playoff-Kurs. Was der Coach wohlwollend zur Kenntnis nahm: „Es war ein verrücktes Spiel, das lange in die falsche Richtung lief. Am Ende hat sich aber unsere Erfahrung durchgesetzt.“
Recht hatte der Serbe, denn bis drei Minuten vor dem Ende und einer 75:70-Führung der besonders von jenseits der Dreierlinie „wie im Rausch“ (Ignjatovic) treffenden Hausherren deutete noch nichts auf einen am Ende sogar souveränen Gießener Sieg hin. Als aber Kyle Castlin, der die kompletten 40 Minuten auf dem Parkett stand, von Downtown traf, Kevin McClain zwei Soli äußerst selbstbewusst vollendete, Viktor Kovacevic 24 Sekunden vor der Sirene dem völlig verdutzten Taylor Johnson die Kugel stibitzte und Floor General Simon Krajcovic vier Freiwürfe ohne Nerven verwandelte und auch aus der Halbdistanz vollstreckte, mussten sich die Männer aus dem Landkreis Osnabrück nach einer abschließenden 16:3-Serie der Mittelhessen ihre fünfte Niederlage in Serie eingestehen.
„Ich bin wirklich sehr stolz auf unser Team. Wir sind nie in Panik verfallen und haben Charakter gezeigt“, zeigte sich der slowakische 46ers-Regisseur Krajcovic später auf der rund fünfstündigen Bus-Heimfahrt „glücklich über den wichtigen Sieg nach dem Rückschlag gegen Jena.“ Auch Kapitän Robin Benzing wusste, dass „es für uns entscheidend war, immer im Match zu bleiben und nie den Anschluss zu verlieren. Die Partie war ekelig, sie bestand aus viel Kampf und Krampf, am Ende aber haben wir Quakenbrück stoppen können und ihnen nicht mehr allzu viele Dreier gegeben.“
Was zu Beginn der Partie noch nicht glückte. Brandon Thomas, von 2018 bis 2021 in der Osthalle am Ball, versenkte in gut 90 Sekunden gleich mal drei Würfe von jenseits der 6,75-Meter-Markierung, auch Lamont West (drei von fünf) und der bullige Big Man Yasin Kolo (vier von sechs), gegen den Mladen Vujic aufsteigende Form verriet, trafen aus der Entfernung, so dass die ansonsten eher sparsam aus dem Nirwana abschließenden Dragons schließlich bei einer überragenden Dreierquote von 52 Prozent lagen. „Gottseidank haben wir diesen Lauf am Ende noch stoppen können“, atmete „Frenki“ Ignjatovic tief durch. „Ich bin echt froh und erleichtert, dass wir die lange Heimreise mit einem Sieg in der Tasche antreten.“
Es waren ehrliche und befreiende Worte, die natürlich Gründe hatten. Am Ende behielten die 46ers in der Samtgemeinde Artland die Oberhand, weil a) mit Kyle Castlin, Kevin McClain, Simon Krajcovic, Mladen Vujic und Robin Benzing gleich fünf Profis zweistellig trafen. Weil b) nur acht Ballverluste aller Ehren wert waren. Weil c) Mladen Vujic und Jonathan Maier beide Bretter beherrschten und sich auch von der Breite eines Yasin Kolo, der Vujic bei Dunking-Versuchen gleich zweimal mächtig abgeräumt hatte, nicht beeindrucken ließen. Weil d) mit Simon Krajcovic der überragende Ideengeber schlechthin in Gießener Reihen stand. Weil sich e) mit Jonathan Maier und Mladen Vujic die langen Kerls aus der Nahdistanz fast keinen Patzer erlaubten. Weil f) Robin Benzing immer dann zur Stelle war, wenn es eng wurde. Und weil g) auch gar manch – sagen wir mal: diskutable Entscheidung der Refs – nie zu einem Bruch im Spiel des Altmeisters führte.
„Jetzt heißt es für uns, eine gute Trainingswoche zu absolvieren und uns dann mit einem Sieg gegen Dresden in die Länderspielpause zu verabschieden“, blickte Robin Benzing „nach einem absolut verdienten Erfolg bei den Artland Dragons“ schon auf den kommenden Samstag voraus. Auf einen Abend also, an dem es für seine 46ers nach Dramatik pur nicht unbedingt wieder heißen soll: DURCHATRMEN!!! Und: RUNTERKOMMEN!!!
Artland Dragons: Watkins (2), Green (2), Döding, Cracknell (5), Kollmann (n.e.), Anthony (11), Groß (n.e.), Johnson (1), Thomas (13), West (19), Kolo (19), Grüttner-Bacoul (6).
Gießen: Ziring (n.e.), Castlin (18), McClain (15), Benzing (15), Maier (6), Figge, Nyama, Kovacevic (3), Vujic (15), Krajcovic (14).
UND SONST NOCH …
- Unsere Starter: Kyle Castlin, Kevin McClain, Roland Nyama, Mladen Vujic, Simon Krajcovic.
- Unser Konditions-Wunder: Kyle Castlin (40:00 Minuten).
- Unser stärkster Rebounder: Mladen Vujic (7).
- Unser erfolgreichster Passgeber: Simon Krajcovic (9).
- Unsere höchste Führung: 86:78, 40. Minute.
- Unsere erfolgreichste Serie: 10:0 zum 80:75 (39.).
- Unsere emotionalen Beobachter: 1600 Zuschauer in der Artland Arena, davon 10 aus Gießen.
- Unser nächster Auftritt: Samstag, 16. November, 19 Uhr in der Osthalle gegen die Dresden Titans.