Auf Frust folgt Lust

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Nach dem 72:86-Hauptrundenabschluss bei den Eisbären Bremerhaven bietet sich den GIESSEN 46ers im Playoff-Viertelfinale die schnelle Chance der Widergutmachung.

Dem Frust des späten Einbruchs folgte noch in der Nacht die Lust auf den baldigen Aufbruch. Mit 72:86 (40:38) hatten die GIESSEN 46ers gerade das Hauptrunden-Ende der BARMER 2. Basketball-Bundesliga ProA bei den Eisbären Bremerhaven vergeigt, hatten sich das Heimrecht im Playoff-Viertelfinale in letzter Minute noch aus der Hand reißen lassen und waren auf Platz fünf abgerutscht, da ging der Blick auch schon nach vorne. 

„Ich habe mega Wut im Bauch und freue mich nun, nochmal hierhin zu fahren und die Rechnung zu begleichen“, setzte beispielsweise Luis Figge schon beim Gang von der Stadthalle zum Mannschaftsbus eine erste Duftmarke. „Ich freue mich sehr, dass wir es weiter mit Bremerhaven zu tun bekommen. Ich bin sehr optimistisch, dass wir diese Serie gewinnen können“, blickte auch Nico Brauner zuversichtlich nach vorne. Kapitän Robin Benzing sah die Pleite als „Anstachelung. Wir haben gesehen, wie sie gefeiert haben. Das sollte uns Motivation genug gewesen sein.“ 

Und Cheftrainer „Frenki“ Ignjatovic? Der 58-Jährige legte seinen Fokus eher auf die Pannen, die Fehler, die Unzulänglichkeiten, die seine Jungs am Samstagabend in einer nur zu einem Drittel gefüllten Arena aus der Spur gebracht und schließlich auch den Kopf gekostet hatten. „Mit einer solchen Schussquote kannst du halt kein Spiel gewinnen. Meine Männer müssen aber fokussiert und selbstbewusst bleiben und sich auch am Mittwoch einiges zutrauen. So mies kann ein Abend nicht nochmal enden.“ 

Mies vom Resultat, mies von den Statistiken, nicht aber mies vom Verlauf her, denn die Gäste verteidigten über weite Strecken gut, leisteten sich kaum eigener Patzer und hatten den Fuß lange auf dem Gaspedal, ehe sie ab der 28. Minute jedoch fast nichts mehr auf die Kette bekamen. Nico Brauner kassierte früh sein fünftes Foul der aus Gießener Sicht äußerst kleinlich pfeifenden Refs. Da mit Luis Figge und Jonathan Maier weitere deutsche Profis schon mit vier beziehungsweise drei Vergehen hochbelastet waren, fehlte in der Folge der richtige Zugriff gegen ein Eisbären-Team, das sich innerhalb von nur 150 Sekunden per 11:0-Lauf (68:57, 32.) entscheidend absetzte. 

„Bremerhaven hat gerade im zweiten Abschnitt unsere Fehler brutal ausgenutzt, deshalb haben sie auch verdient gewinnen“, bilanzierte Robin Benzing. Und Nico Brauner ergänzte: „Irgendwie ist uns das Match urplötzlich aus den Händen geglitten.“ 

Korrekt, denn trotz der beiden erfolgreichen Dreier von Simon Krajcovic (62:68, 33.) und Robin Benzing (67:72, 35.) und dem Wissen, nach dem 88:85-Hinspielsieg auch noch ein Drei-Punkte-Polster im direkten Vergleich mitzuschleppen, gelang den 46ers in der Folge nicht mehr viel. Viktor Kovacevic patzte zweimal an der Freiwurflinie, Roland Nyama vergab einen vermeintlich leichten Wurf und Luis Figge musste per fünftem Foul ebenfalls runter. Auf der Gegenseite trafen Elijah Miller und Daniel Norl von Downtown, so dass Gießen an der Weser das Feiern der Truppe seines Freundes Steven Esterkamp überlassen musste. „Gießen ist eine sehr gute Mannschaft, sie werden uns ab Mittwoch alles abverlangen“, blickte auch der Ex-Profi aus Cincinnati/Ohio, der im Sommer aus Paderborn nach Bremerhaven gekommen war, in Richtung Viertelfinale voraus.

Wohl wissend, dass die Gäste drei Abschnitte lang vieles richtig gemacht und auch die Duftmarken gesetzt hatten. Als Aiden Warnholtz im Rückwärtsfallen auf 17:17 (11.) stellte, Mladen Vujic nach einem Schleuderpass über das halbe Feld von Robin Benzing das 19:19 (12.) markierte, Simon Krajcovic trotz Nasenblutens nach einem Hieb von Zharon Richmond tapfer weitermachte, 46ers-Topscorer Kyle Castlin ein starkes Solo zum 28:24 (15.) vollendete und Nico Brauner einen Wurf von jenseits der 6,75-Meter-Linie, der gefühlt einige Sekunden auf dem Ring tanzte, ehe er ins Netz fiel, zum 55:55 (26.) einschweben ließ, sah noch lange nichts nach einem Eisbären-Erfolg aus. 

Am Ende aber überdeckten nur drei Treffer bei neun Versuchen von Simon Krajcovic, nur zwei von elf bei Robin Benzing, lediglich 23 gegenüber 46 Bremerhavener Rebounds, satte neun (!) vergebene Freiwürfe und eine nur 20-prozentige Trefferquote aus dem Nirgendwo die starke Turnover-Bilanz (nur sechs gegenüber 22 der Hausherren), die am Ende quasi nichts mehr wert war. „Dieser Sieg war für uns die Kirsche auf der Torte“, freute sich Ur-Eisbär Adrian Breitlauch über einen gelungenen Hauptrunden-Abschluss und versprach: „Am Mittwoch wird die Halle brennen.“

Brennen wollen aber auch die GIESSEN 46ers, bei denen Kevin McClain an diesem Montag wieder ins Mannschaftstraining einsteigt. Denn sie sind laut Robin Benzing „angestachelt. Alles kann passieren.“ Nur eben „kein schlechtes Foulmanagement und keine schlimme Trefferquote“, die Branislav Ignjatovic hatte an der Seitenlinie mitansehen und vor allem durchleben müssen. „Wir jedenfalls steigen hochmotiviert abermals in den Bus nach Bremerhaven.“ 

Dem Frust des späten Einbruchs folgte noch in der Nacht die Lust auf den baldigen Aufbruch …

Bremerhaven: Miller (20), Biss (9), Schmitz, Carter (7), Breitlauch (6), Hemschemeier (3), Richmond (6), Norl (14), Warner (3), Rissetto (18).

Gießen: Warnholtz (9), Castlin (18), Benzing (5), Maier (1), Figge (3), Nyama (2), Kovacevic (9), Vujic (10), Krajcovic (7), Brauner (8).

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