Nach dem 89:60-Sieg in Koblenz sieht EPG-Trainer Marco van den Berg die GIESSEN 46ers reif für die BBL.
Der Himmel, zumindest der siebte, schwebt seit Donnerstagabend nicht über der Lahn, sondern rund 80 Kilometer südwestlich, über dem Rhein. Zumindest hob Marco van den Berg seinen Kollegen „Frenki“ Ignjatovic, eigentlich sogar die kompletten GIESSEN 46ers, auf eben jene Wolke sieben, die für gewöhnlich eine außergewöhnliche Hochstimmung, ein immerwährendes Glücksgefühl, pure Freude und große Verliebtheit beschreibt.
„Zusammen mit Jena, Trier und Crailsheim gehört Gießen zu jenen vier Teams, die besser sind als alle anderen. Die 46ers haben herausragende Spieler auf einem Top-Niveau, mit diesen Jungs kannst du ohne Weiteres auch in der BBL mithalten“, schaute der Coach der EPG Guardians Koblenz in der Pressekonferenz hinüber zu seinem Freund, dem er für den weiteren Verlauf der Saison alles nur erdenklich Gute wünschte: „Wie du mit deinem Team spielst, ist wirklich schön anzusehen. So kenne ich dich, das bin ich von dir gewohnt.“
Natürlich hatte der Altmeister das Duell des 22. Spieltags der BARMER 2. Basketball-Bundesliga ProA am Deutschen Eck am Ende souverän mit 89:60 (40:36) zu seinen Gunsten entschieden, damit vor Beginn der Crunchtime den vierten Sieg in Serie eingefahren und sich im Playoff-Rennen nachhaltig in Erinnerung gebracht. Doch dort, wo die Mosel in den Rhein fließt, war bei den Lahnstädtern zunächst überhaupt nicht alles im Fluss.
„Den Start haben wir echt vergeigt“, traf Luis Figge den Nagel auf den Kopf, nachdem seine Mannschaft 1:12 zurückgelegen und erst nach fünf Minuten und dem Dreier von Simon Krajcovic den ersten Feldkorb zustande gebracht hatte. Branislav Ignjatovic sah sich früh zum Wechseln gezwungen, was richtig war. Denn Aiden Warnholtz, vier Monate lang verletzt und erst eine Woche zuvor beim Heimsieg gegen Bochum wieder einige Minuten im Getümmel, legte den Schalter um. Hier mal ein Treffer aus Downtown, da mal ein Tempogegenstoß mit Foul und And One, da wieder ein Dreier und schließlich auch noch ein Klasse-Zuspiel auf Viktor Kovacevic, das dieser per krachendem Dunk abschloss: Mit dem Kanadier, der am Ende des Tages auf 22 Punkte kommen sollte, fanden die 46ers endlich in die Partie.
„Aiden hat uns Rhythmus gegeben, er hat den Ball bewegt und gut getroffen“, war sich Luis Figge nicht zu schade, das Geburtstagskind vom vergangenen Dienstag in höchsten Tönen zu loben. Der so Gepriesene wollte den Umschwung sich nicht alleine zuschreiben: „Wir haben besonders in der zweiten Halbzeit gut verteidigt und besser getroffen“, befand Warnholtz, der trotz langer Pause immerhin gut 23 Minuten durchhielt, nicht nur Topscorer seiner Mannschaft war, sondern auch noch mit fünf getroffenen Dreiern, einer 89-prozentigen Fieldgoal-Quote und je fünf Assists sowie Rebounds nachhaltig auf sich aufmerksam machen konnte.
Dass die Gäste ab dem 27:25 (13.) durch Kyle Castlin in Führung lagen und diese auch nicht mehr aus der Hand gaben, hatten sie jedoch nicht allein Aiden Warnholtz, der nach 14 Minuten schon 15 Punkte auf seinem Konto hatte, zu verdanken. Gerade nach der Pause machten auch andere Männer im schwarzen Dress auf sich aufmerksam. Jonathan Maier beispielsweise, der an der Freiwurflinie ebenso cool blieb wie in den zahlreichen Eins-gegen-Eins-Situationen mit Moses Pölking, den er zur Bedeutungslosigkeit degradierte. Kevin McClain beispielsweise, der die rund 80 mitgereisten Fans, die das Theaterpublikum in der nur spärlich gefüllten EPG-Arena stimmlich dominierten, von den Sitzen riss, als er zunächst Leon Friederici den Ball stibitzte und dann auch noch mit zwei Dreiern auf 50:40 (24.) stellte. Viktor Kovacevic beispielsweise, der nach eigenem Steal seinen serbischen Landsmann Mladen Vujic spektakulär in Szene setzte, was dieser mit dem 60:44 beantwortete (28.). Luis Figge beispielsweise, der wieder einmal überall seine Finger im Spiel hatte. Und beispielsweise auch Kapitän Robin Benzing, der die Kugel mit Schmackes so durch die Koblenzer Reihen drosch, dass Mladen Vujic beim folgenden 80:50-Dunk (34.) die Fingerkuppen glühten.
Als dann auch noch Nico Brauner und Roland Nyama punkteten, Kyle Castlin sich über Moses Pölking schraubte und Simon Krajcovic nicht nur an der Freiwurflinie den Überblick behielt, war die Glückseligkeit unter den Anhängern kaum zu toppen. 30 Punkte betrug der 46ers-Vorsprung, als sie intonierten „Wir steigen auf und ihr steigt ab“, was die Koblenzer „Wächter“ allerdings nicht auf sich sitzen lassen wollten und einen aus ihrer Sicht schlimmen 54:89-Rückstand in den letzten 90 Sekunden doch noch zum 60:89-Endstand verkürzten.
Was die Mittelhessen aber nicht wirklich grämte. Robin Benzing sprach von einer „soliden Vorstellung, bei der wir nach der Pause mit einer ganz anderen Energie auf dem Parkett waren als noch in den ersten 20 Minuten.“ Und „Frenki“ Ignjatovic freute sich: „Solche Matches, die du nach einem katastrophalen Start noch souverän gewinnst, entscheiden schließlich über die Playoff-Teilnahme. Respekt an meine Mannschaft, am Ende setzt sich halt doch die Qualität durch.“
Eine, die die GIESSEN 46ers laut des niederländischen EPG-Trainers Marco van den Berg bis in die BBL führen könnte.
Koblenz: Cockfield (17), Draper, Stevens (2), Johnson, Mahfouz (4), Böhm (10), Bensmann, Ade-Eri, Pölking (3), Bradley (7), Friederici (15), Hanzalek (2).
Gießen: Warnholtz (22), Castlin (7), McClain (7), Benzing (5), Maier (8), Figge (5), Nyama (4), Kovacevic (11), Vujic (7), Krajcovic (7), Brauner (6).
UND SONST NOCH …
- Unsere Starter: Kyle Castlin, Kevin McClain, Jonathan Maier, Viktor Kovacevic, Simon Krajcovic.
- Unser Konditions-Wunder: Simon Krajcovic (326:03 Minuten).
- Unser stärkster Rebounder: Aiden Warnholtz (5).
- Unser erfolgreichster Passgeber: Robin Benzing (6).
- Unsere höchste Führung: 89:54, 39. Minute.
- Unsere erfolgreichste Serie: 9:0 zum 30:25, 13. Minute.
- Unsere emotionalen Beobachter: 1073 Zuschauer in der EPG-Arena, davon 80 aus Gießen.
- Unser nächster Auftritt: Sonntag, 9. Februar, 16 Uhr gegen die Artland Dragons.