Offensivspektakel in der ersten Halbzeit, ein zerfahrenes drittes Viertel und eine couragierte Aufholjagd, die am Ende leider nicht von Erfolg gekrönt sein sollte: Die knappe 78:77-Pleite der Depant GIESSEN 46ers Rackelos in Iserlohn war nichts für schwache Nerven. Angeführt von Jeril Taylor, der 25 seiner am Ende 31 Punkte in der ersten Spielhälfte erzielen sollte, boten die Mittelhessen ihrem munter aufspielenden Gastgeber Paroli. Die Sauerländer mussten den Abgang ihres Aufbauspielers Sören Fritze kompensieren, der unter der Woche überraschend um Vertragsauflösung gebeten hatte. Auf Seiten der Mittelhessen fehlte Bjarne Kraushaar verletzungsbedingt. Neu-Gießener Dennis Mavin reiste zwar mit nach Iserlohn: „Gegen die beiden US-amerikanischen Innenspieler der Kangaroos war es uns aber wichtig, mit Nick Hornsby einen ähnlichen Spielertyp auf dem Feld zu haben“, so Cheftrainer Rolf Scholz nach dem Spiel.
Gegen intensiv verteidigende Sauerländer sollte die hohe Turnoveranfälligkeit der 46ers am Ende eine der Niederlagengründe sein. In der Anfangsphase erlaubten sich jedoch beide Teams viele Ballverluste. Der auf der Aufbauposition aushelfende Taylor glich nach rund drei gespielten Minuten zum 5:5 aus. Danach legten die Hausherren einen 6-zu-0-Lauf aufs Parkett, der Gießen zur Auszeit zwang. Beide Mannschaften zogen ihr Tempo kräftig an und sorgten durch starke Abschlussquoten dafür, dass sich den 650 Fans in der Hemberghalle ein offensiver Shootout bot. Innerhalb von nur dreißig Sekunden schloss Kapitän Johannes Lischka in dieser Phase zweimal aus der Mitteldistanz ab; dazwischen wahrte Nikita Khartchenkov die Iserlohner Führung per Korbleger. In den verbliebenen Minuten folgten Dreier von Donte Nicholas und Taylor, bevor selbiger fünf Punkte in Folge für seine Farben beisteuerte und den Rückstand so nach dem ersten Viertel auf 21:26 drückte.
Nach gleichem Muster präsentierte sich auch der zweite Durchgang. Nur neunzig Sekunden brauchten die beiden Teams, um nach Zählern von Nicholas, Lischka, Gabriel de Oliveira, Taylor und Khartchenkov ein 32:25 aus Sicht der Kangaroos auf die Anzeigetafel zu bringen. Einen Tip-in-Dunk Taylors beantwortete erneut Khartchenkov postwendend per Jumper. Der früh mit zwei Fouls vorbelastete Taylor gönnte sich jedoch keine Verschnaufpause und verkürzte zur Viertelmitte aus der Dreipunktedistanz auf 31:34: Es waren bereits die Punkte 18 bis 20 des US-Amerikaners. Die Kangaroos schossen zwar weiterhin aus allen Rohren, konnten aber nicht verhindern, dass Treffer von Nick Hornsby und Taylor den ersten Führungswechsel einleiteten (37:36, 3:55 Minuten). Nicholas, dazwischen für Gießen Leon Vrkas und Khartchenkov streuten in etwas mehr als dreißig Sekunden drei Dreier in Folge ein (42:42). Die bessere Schlussphase erwischte jedoch Iserlohn, weshalb es nach einem weiteren 9:3-Run in nur zwei Minuten mit einem Pausenstand von 53:45 in die Kabine ging.
Im Lichte des zuvor gesehenen offensiven Schlagabtausches mussten die Zuschauer ungewohnt lange warten, bevor Lischka nach zwei Minuten per Sprungwurf die ersten Zähler des dritten Viertels erzielte. Tatsächlich ging die Schlaganzahl auf beiden Seiten runter, wovon die Gastgeber profitierten. In einem so kontrastreichen wie punktearmen Spielabschnitt erarbeiteten sie sich nach einem Korbleger Ruben Dahmens schließlich die erste zweistellige Führung (61:50, 1:33 Minuten). Taylor beendete die Punkteflaute der Mittelhessen durch Treffer von der Freiwurflinie. Der letzte Korb gehörte aber erneut Dahmen, der per Layup das 66:52 bestellte.
Mit dem Wissen im Hinterkopf, schon einige Rückstände in dieser Spielzeit gedreht zu haben, steckten die 46ers nicht auf. Vrkas per Dreier, Freiwurfpunkte vom für Taylor eingewechselten Tim Uhlemann, Punkte am Brett von Lischka und vier weitere Zähler in Serie von Hornsby leiteten die Aufholjagd ein. Erst nach knapp vier gespielten Minuten traf Nicholas erneut für Iserlohn, bevor de Oliveira es per Dunking krachen ließ: 70:63. An der Freiwurflinie bewies Hornsby Nerven aus Stahl und versenkte vier Strafwürfe in Folge. Lischka verkürzte aus der Mitteldistanz bis auf einen Zähler, den temporären Führungswechsel initiierten jedoch Vrkas mit seinem dritten Dreier des Abends sowie Taylor (76:75, 1:07 Minuten). Kurz vor Ablauf der Shotclock eroberte Khartchenkov aus der Mitteldistanz bei nur noch 42 zu absolvierenden Sekunden die Führung zurück. Im darauffolgenden Angriff der Rackelos verstrich viel Zeit, bevor Power Forward Julian Scott seinen Frontcourtkollegen Lischka an die Freiwurflinie beorderte. Dieser verwandelte jedoch nur den ersten, den Abpraller des zweiten Versuchs kontrollierte Iserlohn. Beim Stand von 77:77 und 24 Sekunden auf der Uhr schickten die Hessen Khartchenkov an die Linie, der schließlich das 78:77 erzielte. Am Ende des finalen Plays hob Pjanic aus der Halbdistanz ab – und verfehlte knapp.
Für die Depant GIESSEN 46ers Rackelos war es die vierte Niederlage auf fremden Parkett. Niederlagen von Schwelm, Rhöndorf und Frankfurt sorgen dafür, dass die ProB-Süd tabellarisch näher zusammenrückt. Nach wie vor nur zwei Punkte trennen die Mittelhessen vom zweiten Tabellenplatz, während vier Punkte den Abstand zum achten Rang beziffern. Da die auf Platz neun stehenden Münchner Basketballer bereits am Freitag gegen Dresden verloren, beträgt der Puffer auf den ersten Relegationsplatz für Gießen jedoch nach wie vor acht Zähler.
Rolf Scholz (Headcoach Depant GIESSEN 46ers Rackelos): „In den ersten drei Vierteln hatten wir generell Probleme mit der hohen Intensität unseres Gegners. Durch den Ausfall von Bjarne Kraushaar fehlte uns im Aufbau eine ordnende Hand. Taylor hat für seine Verhältnisse auf der Point-Guard-Position sehr gut ausgeholfen, fehlte dadurch aber natürlich an anderer Stelle. Nachdem wir unsere Quoten aus der ersten Halbzeit nicht mehr halten konnten, gerieten wir im dritten Viertel in Rückstand. Unterm Strich waren es aber unsere vielen Ballverluste, die am Ende für eine verdiente wenn auch knappe Niederlage sorgten.“
Lange Zeit zum Nachgrübeln bleibt den Rackelos nicht: Direkt am nächsten Samstag geht es weiter mit einem Heimspiel gegen den Tabellenführer aus Elchingen. Sprungball in der Sporthalle Gießen-Ost ist um 18:00 Uhr.
Iserlohn Kangaroos – Depant GIESSEN 46ers Rackelos 78:77 (53:45)
Viertelergebnisse: 26:21, 27:24, 13:7, 12:25
GIESSEN 46ers Rackelos: Jeril Taylor (31 Punkte), Alen Pjanic, Tim Uhlemann (2), Leon Okpara, Johannes Lischka (16), Marian Schick (9), Leo Vrkas (9), Anthony Okao, Nick Hornsby (10)
Iserlohn Kangaroos: Gabriel de Oliveira (7), Simon Kutzschmar (2), Kristof Schwarz (3), Joshua Dahmen, Julian Scott (10), Donte Nicholas (22), Nikita Khartchenkov (19), Viktor Ziring, Ruben Dahmen (15), Deion Giddens