Beim „Family Day“ sind die GIESSEN 46ers am Sonntag gegen die Artland Dragons klarer Favorit, aber gewarnt.
Für Kapitän Robin Benzing wird es „ein ganz schweres Match. Die stehen unten drin, wir sind der Favorit. Damit musst du erst einmal umgehen.“ Luis Figge sieht das „Momentum auf unserer Seite. Das muss so bleiben, gerade vor eigenem Publikum.“ Aiden Warnholtz möchte – in seiner typisch zurückhaltenden Art – „gerne weiter erfolgreich sein.“ Und Cheftrainer „Frenki“ Ignjatovic hebt warnend den Zeigefinger: „Wir müssen mit aller Macht gerade unsere Heimspiele gewinnen. Diese enge Liga erlaubt keine Ausrutscher.“
Wie dem auch sei: Mit den GIESSEN 46ers und den Artland Dragons treffen am Sonntag (16 Uhr) zum „Family Day“ in der Osthalle zwei Mannschaften aufeinander, deren Performance in diesem Winter nicht unterschiedlicher hätte sein können. Hier der Altmeister von der Lahn, der sich mit vier deutlichen Siegen hintereinander in Dresden (86:78), in Karlsruhe (97:76), gegen Bochum (96:81) und am Donnerstag in Koblenz (89:60) nicht nur auf Rang drei gepirscht, sondern sich im Playoff-Rennen auch nachhaltig in Erinnerung gebracht hat. Da der Ex-Europapokal-Teilnehmer aus dem Landkreis Osnabrück, der nach vier Erfolgen zum Saisonstart inzwischen aus den letzten 18 Partien nur einmal als Sieger hervorging und deshalb bis auf den vorletzten Platz des Tableaus durchgereicht wurde.
„Wenn eine so starke Mannschaft so schlecht dasteht, dann zeigt das viel über die Qualität der Liga“, hebt Branislav Ignjatovic vor dem 23. Spieltag der BARMER 2. Basketball-Bundesliga ProA nochmals die Qualität des „ausgeglichensten Unterhauses aller Zeiten“, in der die ersten Elf um die Playoffs und die letzten Sieben gegen den Abstieg ringen, hervor. „Einen Start wie den in Koblenz möchte ich nicht mehr sehen. Wir müssen konzentriert sein und von Anfang an Gas geben. Das hat auch etwas mit Respekt vor dem Kontrahenten zu tun“, appelliert der Deutsch-Serbe an sein Team, jeden Gegner ernst zu nehmen und die Chance, die sich derzeit bietet, auch zu nutzen. „Wenn wir jetzt fokussiert bleiben, wird es schwer, uns noch aus der K.o.-Runde zu drängen.“
Dass die Gäste aus Quakenbrück vor noch nicht allzu langer Zeit zum Steigbügelhalter für die 46ers wurden, haben viele laut „Frenki“ Ignjatovic schon vergessen. Nur der 58-Jährige nicht, der sich mit großer Freude noch an den 27. April des vergangenen Jahres erinnert, als Gießen die Dresden Titans knapp mit 89:88 schlug und die „Drachen“ zeitgleich in der Overtime in Frankfurt sensationell mit 95:91 gewannen. Die 46ers wurden dadurch Vizemeister vor Hagen, Frankfurt und Jena, was zumindest in den Geschichtsbüchern des fünffachen Deutschen Meisters und dreifachen nationalen Pokalsiegers Erwähnung finden dürfte.
Inzwischen aber warteten die Artland Dragons, die in Markus Jackson nach Vince Macaulay und Pat Elzie bereits den dritten Coach in der Verantwortung haben, seit dem 12. Oktober (99:62 gegen RASTA Vechta II) auf ein abermaliges Erfolgserlebnis, das sich am Freitagabend endlich einstellte. „Vier Monate sind eine lange Zeit. Wenn du einmal in so einen Strudel hineinkommst, geht dein Selbstvertrauen in den Keller“, kennt Ignjatovic die Gesetzmäßigkeiten des Geschäfts, weiß aber auch: „Sie stehen mit dem Rücken zur Wand. Das kann ungeahnte Kräfte freisetzen, zumal sie herausragende Akteure in ihren Reihen haben.“ Womit der Gießener Cheftrainer in erster Linie die Playmaker Nikolaos Chouchoumis und Buzz Anthony, den ehemaligen Gießener Kapitän Brandon Thomas, Neuerwerbung Bryan Battle und Ex-46ers-Hüne Robert Oehle meint.
Der Grieche Chouchoumis, der aktuell aus seiner Heimat von Esperos GS Lamias kam, spielte bereits in der Rückrunde der vergangenen Saison für Quakenbrück. In Spiel eins in Jena markierte er sofort 33 Punkte, in seinem zweiten Match gegen Dresden waren es immerhin 18, gegen Bayreuth fehlte er dann erkrankt. Buzz Anthony kommt im Schnitt auf elf Zähler und sieben Assists für die Niedersachsen. Der US-Regisseur ist jederzeit in der Lage, zweistellig zu scoren und zu passen. Brandon Thomas, der von 2018 bis 2021 in der Osthalle unter Vertrag stand, ist auf mit 40 Jahren noch ein absoluter Gewinn für die Dragons. Seine durchschnittlich zehn Punkte können sich allemal sehen lassen. Auch drei oder vier Dreier kann der Routinier jederzeit einstreuen. Bryan Battle, zuletzt in der ProB in Köln solide, vorher in Bosnien, Island und Norwegen eher auffällig, machte seinem Nachnamen noch nicht alle Ehre. Verletzungsbedingt kam er bisher nur vor einer Woche gegen Bayreuth, wo er zehn Punkte markierte, sowie am Freitag gegen Münster (13) zum Einsatz.
„Es wird spannend sein zu sehen, wie alle drei Guards zusammen funktionieren“, so „Frenki“ Ignjatovic, der auch große Stücke auf Robert Oehle hält. Der Blockbuster am Brett kam bislang auf durchschnittlich zehn Punkte bei sechs Rebounds. Im Hinspiel, das Gießen 86:78 gewann, fehlte der 36-Jährige verletzungsbedingt. Da auch Neuerwerbung Alexander Möller (kam vor einer Woche aus Göttingen) und Schlaks Tajh Green unter den Brettern zu beachten sind und der aus Serbien gekommene US-Forward Lamont West jederzeit auffällig scoren können, hat „Frenki“ Ignjatovics warnender Zeigefinger Bedeutung, wenngleich der Mann aus Belgrad lieber den Fokus auf sein eigenes Team richtet: „Es macht mir riesigen Spaß, dass wir durch Aiden Warnholtz und Nico Brauner mehr Optionen bekommen haben. Wir sind taktisch variabler geworden, wir können auf unterschiedliche Spielsituationen besser reagieren.“
Und einen Tag länger an Regeneration haben die 46ers auch, nachdem die Artland Dragons am Freitagabend noch gegen die Uni Baskets Münster im Einsatz waren und ihre lange Durstrecke (92:69) endlich überwanden. Das Momentum ist laut Luis Figge auf Gießener Seite, „nur umgehen musste du mit dieser Favoritenrolle erst einmal“, so Kapitän Robin Benzing.