Nach dem hart erkämpften 90:82 der JobStairs GIESSEN 46ers gegen Bochum findet Cheftrainer „Frenki“ Ignjatovic Worte des Nachdenkens
Felix Banobre musste erst einmal Dampf ablassen. Und dies gleich viermal. Dreimal in und einmal hinter der Osthalle.
Erst verbal bei Commissioner Christian Grupp, der ihm die wiederholte Rücknahme einer Auszeit nicht mehr durchgehen ließ. Dann eher rustikal, als ihm ein Stuhl zur Abkühlung im Weg stand. Schließlich auch gegenüber den eigentlich souveränen Refs um die Kölner Hauptschiedsrichterin Kerstin Kammann, die sich einiges anhören mussten, als der Wüterich nach seinem zweiten Technischen Foul mit erhobenem Zeigefinger wild gestikulierend das Feld räumen musste. Und schließlich bei einer Zigarette, die sein Gemüt schnell wieder beruhigte, bevor die Pressekonferenz begann.
„Spanier sind nun mal bisweilen auch Hitzköpfe“, wollte der ihn hinausgeleitende Team-Therapeut Holger Just nicht den Stab über seinen Cheftrainer brechen, obwohl das Szenario 31,8 Sekunden vor Schluss beim Stande von 83:78 für die JobStairs GIESSEN 46ers durchaus das Potenzial dazu hatte, zumindest vorentscheidend gewesen zu sein.
Denn die auswärts in der BARMER 2. Basketball-Bundesliga ProA noch immer sieglosen VfL SparkassenStars Bochum hatten sich in einer beim 30:46 (18.) schon verloren geglaubten Partie wieder herangerobbt, hatten beim 74:73 (26.) sogar in Front gelegen und die Partie erst endgültig hergeschenkt, als Robin Benzing die zwei Bonus-Freiwürfe nach Banobres „Meinungsverschiedenheiten“ mit den Offiziellen mit dem 85:78 bestrafte und Duane Wilson schließlich mit dem 90:82 (49:35) den Deckel drauf machte.
Auf ein Match, das am Ende dazu diente, Hausherren-Übungsleiter „Frenki“ Ignjatovic kurz nach den Weihnachtsfeiertagen besinnlich werden zu lassen. „Auf ein solch schönes Jahr habe ich als Trainer lange warten müssen“, öffnete der 57-Jährige sein Herz. „Als ich nach Gießen gekommen bin, hatten wir rund 1500 Besucher, nun unterstützen uns 2700 Menschen. Das macht mich stolz. 27 Siege und 14 Niederlagen in 2023 bedeuten, dass wir von drei Partien zwei gewonnen haben. Das ist nach einem Bundesliga-Abstieg nicht selbstverständlich.“
Als der Serbe auch noch davon sprach, dass „mein Co-Trainer Nikola Stanic und ich alles daransetzen werden, den großen Traum von uns allen“ zu erfüllen, wurde es selbst im sonst so wuseligen VIP-Raum still. Schließlich wussten die Zuhörer, dass vor dem Bundesliga-Aufstieg noch jede Menge Arbeit wartet. Hinter den Kulissen. Und auf dem Parkett. Was die Partie am Mittwochabend eindrucksvoll zeigte.
„Wir sind Veteranen, die wissen, wie man knappe Spiele gewinnt“, hätte kein anderer als Kameruns Internationaler Roland Nyama das besser zusammenfassen können, was sich in den 40 reinen Spielminuten vorher in der Osthalle abgespielt hatte. Denn nach der, wie Geburtstagskind Dejan Kovacevic befand, „vielleicht besten ersten Halbzeit der Saison“, in der 46ers-Regisseur Duane Wilson im Alleingang eine 6:5-Führung auf 17:8 ausgebaut, in der Simon Krajcovic per Dreier das 21:8 und Robin Benzing ebenfalls von jenseits der 6,25-Meter-Linie auf 24:11 gestellt, Roland Nyama selbst für Akzente und Jonathan Maier unter beiden Körben mächtig geackert hatten, deutete nichts auf eine Bochumer Wiederauferstehung hin.
Doch nach einer Halbzeitansprache von Felix Banobre, bei der die Wände wackelten, nahmen seine Jungs noch einmal all ihren Mumm zusammen. Die Hausherren indes verzettelten sich in Einzelaktionen und Debatten mit den Unparteiischen, verteidigten fahrig, schnappten sich kaum noch Offensiv-Rebounds und ließen jegliche Treffsicherheit vermissen, so dass sie im dritten Abschnitt nur sechs und im vierten nur vier Feldkörbe zustande brachten. „Der zweite Abschnitt hat mir überhaupt nicht mehr gefallen“, grantelte deshalb auch Branislav Ignjatovic mit belegter Stimme. „Da hat uns der Respekt vor Bochum gefehlt.“
Dass die JobStairs GIESSEN 46ers im dritten Spiel in Folge ohne Big Man Stefan Fundic auch den dritten Sieg einfuhren, hatten sie schließlich ihrer, so Roland Nyama, „Routine und dem Bonus Osthalle“ zu verdanken. Denn die 2721 Besucher standen wie eine Eins hinter ihrer Mannschaft, tobten und sangen lautstark, erhoben sich zum Zeichen der Unterstützung von ihren Sitzen und ließen es sich auch nicht nehmen, bei Gäste-Patzern schon mal die alte Fußballer-Rivalität zum Bochumer Nachbarn aus Gelsenkirchen („Eure Eltern geh´n zu S04“) aufleben zu lassen.
Ob Felix Banobre, ein Spanier mit britischem Pass, bei seinem Abgang die Häme verstanden hatte, ist nicht überliefert …
Gießen: Wilson (25), Crews (7), Heyne (n.e.), Herget (n.e.), Benzing (12), Maier (13), Figge (4), Kahl (2), Kovacevic (4), Nyama (9), Krajcovic (18).
Bochum: Baumgarth (n.e.), Loch (4), Geske (19), Kamp (3), Dietz (7), Nelson (12), Strange, Lastring (n.e.), Zdravevski (2), Friederici (13), Alte (13), Cohn (9).
5 gute 46ers-Zutaten
Zuschauer: 2721
Zuversicht: 25 Punkte von Duane Wilson
Zugriff: 8 Rebounds von Simon Krajcovic
Zuarbeit: 5 Assists von TreVion Crews
Zukunft: Dienstag, 2. Januar 2024, 19 Uhr: JobStairs GIESSEN 46ers – RÖMERSTROM Gladiators Trier
28.12.23