Die Gießener Fans sind inzwischen höchste Spannung gewohnt. Und auch am 11. Spieltag der easyCredit BBL-Saison, vor 3.565 Zuschauern in der Gießener Sporthalle-Ost, machten es die Spieler von Ingo Freyer bei der knappen 90:95-Niederlage gegen die bestens aufgelegte Mannschaft von medi bayreuth spannend bis in die Schlussminute. Erneut war es John Bryant, der seine 46ers mit einer überragenden Leistung (29 Punkte, 12 Rebounds) lange im Spiel hielt und mit den ebenfalls zweistellig erfolgreichen Mahir Agva (11 Punkte) und Brandon Thomas (10 Punkte) im Schlussviertel sogar den Sieg anvisierte. Gegen die Ausgeglichenheit der Bayreuther, die in David Stockton (21 Punkte) ihren besten Werfer fanden, wollte am Samstagabend aber kein Mittel helfen.
Im letzten Heimspiel des Kalenderjahres 2018 kam es für die GIESSEN 46ers zum vorweihnachtlichen Aufeinandertreffen mit den Playoff-Aspiranten von medi bayreuth. Die Vorzeichen waren dabei eine klare Sache: Das Team von Raoul Korner hatte eine wettbewerbsübergreifende Siegesserie von acht Spielen vorzuweisen, wohingegen die GIESSEN 46ers nach bärenstarkem Saisonauftakt zuletzt in München und zuhause gegen Vechta die Siege abgaben.
Ingo Freyer musste nach wie vor auf den wegen eines Außenbandrisses ausfallenden Max Montana verzichten, konnte jedoch seinen Kapitän John Bryant zum ersten Mal mit einem deutschen Pass aufs Parkett schicken. Seit dem vergangenen Freitag hat der gebürtige US-Amerikaner die doppelte Staatsbürgerschaft.
Neben Center John Bryant komplettierten die Guards David Bell und Jeryl Taylor, sowie die Forwards Benjamin Lischka und Brandon Thomas die Starting Five für die 46ers, die rasch einem Rückstand hinterherlaufen mussten (2:7, 3.), weil Hassan Martin und David Stockton, Sohn der NBA-Legende John Stockton, die Gäste solide im Angriff anführten. Lischka und Bell hielten gerade so den Anschluss (9:14, 6.). Max Landis, Larry Gordon und Siyani Chambers kamen von der Bank und belebten die Offensivaktionen der Gießener zwar, das Team aus der Wagnerstadt baute seinen Vorsprung dennoch aus (11:19, 8.), was 46ers-Coach Freyer zur Auszeit nötigte. Beide Mannschaften hatten in der Folge große Probleme, den Ball im gegnerischen Korb unterzubringen. Agva rückte nach und sorgte endlich wieder für einen Erfolgsmoment: Per Dreipunktespiel verkürzte er auf 14:19 und sorgte somit für das erste Viertelergebnis.
Die Zuverlässigkeit im Abschluss wurde auf Seiten der 46ers auch zu Beginn des zweiten Viertels noch schmerzlich vermisst (14:21, 12.). Lischka brach den Bann durch seine Treffsicherheit von der Freiwurflinie, Brandon Thomas schloss danach per Fastbreak-Dunk ab (18:21, 13.). Die Antwort der Bayreuther ließ jedoch nicht lange auf sich warten. Die Körbe fielen nun entgegen des bisherigen Verlaufs im Sekundentakt. Agva schloss zwei Dreier in Folge ab, Bell legte einen weiteren nach. Bastian Doreth und Andreas Seiferth waren parallel auf der Gästeseite „on fire“, weshalb das Ergebnis schnell auf 31:35 hinaufschoss (16.). Das Spiel hatte binnen weniger Minuten drastisch an Tempo und Qualität zugelegt, was nicht zuletzt durch Bjarne Kraushaars energischen Floater zum 33:38 bewiesen wurde (17.). Landis und Bryant trafen von der Linie, den besseren Run erwischten nun aber wieder die Gäste, die den Vorsprung ausbauen konnten (39:47, 18.) und trotz weiterer Zähler von Bryant und Lischka den 8-Punkte-Abstand mit in die Kabine nahmen (43:51).
Die zweite Hälfte startete mit weiteren Vorteilen für medi bayreuth, die in der Summe konstanter und souveräner agierten. Gordon und Thomas ergatterten die Punkte für Gießen zum 50:62 (23.). Die quirligen Stockton und Robertson machten der Freyertruppe aber auch weiterhin das Leben in der Defensive schwer. John Bryant übernahm nun die Verantwortung als Kapitän und zog besser sein Spiel auf, wurde von Gordon und im Anschluss gleich doppelt von Thomas bedient (59:66, 26.). Das Spiel verlief nun hektischer und erneut mit stellenweise enorm hohem Tempo. Es war wiederum John Bryant, der zum zwischenzeitlichen 62:66 (27.) stellte und damit ein großes Ausrufezeichen in Richtung der Gäste schickte. Doch damit nicht genug: Per Dreipunktespiel verkürzte der 2,11-Meter-Hüne auf 66:68 (28.). Chambers gelang noch ein Dreier; weil sich in der Hitze des Gefechts aber auch zwei unnötige Turnover in die Attacken der 46ers mischten, ging man mit einem Stand von 69:73 ins letzte Viertel.
Bastian Doreth dominierte nun zunächst das Spiel für seine Bayreuther, assistierte und punktete zum 71:78 (32.). Auf Gießener Seite war es erneut der junge Kraushaar, der mit Elan zum Korb zog und per Layup abschloss (73:82, 33.). Den 46ers fehlte in der Anfangsphase des Viertels insgesamt aber der Zugriff aufs Spiel. Eine Gießener Auszeit sollte dies ändern und den nun dringend benötigten Lauf initiieren. Thomas traf für drei Punkte, Bryant arbeitete unter beiden Körben hart. Die Mittelhessen aktivierten nochmal alle Reserven (79:84, 35.). Auch Landis packte mit dem Dreier seine Spezialfähigkeit aus und stellte den Anschluss her (82:84, 36.). Freyer hatte die richtigen Worte gefunden und doch blieb es brandgefährlich, weil der breite Kader der bayrischen Gäste stets für einen Punkte-Run gut war. Von der Freiwurflinie holten die motivierten Gießener durch Max Landis die nächsten Zähler und tatsächlich zogen die Hausherren durch niemand anderen als John Bryant erstmals an medi bayreuth vorbei (87:86, 38.). Die Führung wechselte aber eine halbe Minute später nach mehreren Unterbrechungen erneut – Stockton hatte aus der Nahdistanz verwandelt (87:88), Kassius Robertson legte direkt nach (87:90). Noch in Schlagdistanz und bei verbleibenden 37 Sekunden auf der Uhr nahm Freyer folgerichtig die Gießener Auszeit. Bryants Dreier fand im nachfolgenden Angriff nicht das Ziel, Bayreuth baute auf 87:94 aus. 10 Sekunden vor dem Ende traf Chambers noch den Distanzwurf zum 90:94, zum erneuten Drehen der Partie war es jedoch zu spät. Am Ende stand ein 90:95 zugunsten von medi bayreuth auf der Anzeigetafel. Die GIESSEN 46ers müssen nach der dritten Niederlage in Folge zwischen den Jahren zunächst nach Berlin (27.12.), dann nach Ludwigsburg (30.12.), bevor am Tag nach Neujahr in der heimischen Halle die Telekom Baskets aus Bonn empfangen werden.
Ingo Freyer (Cheftrainer GIESSEN 46ers): „Wir haben den Sieg eigentlich gebraucht. Unter dem Korb sind wir wirklich nicht schlecht, aber jetzt fällt es eben immer mehr auf, dass unsere kleinen Spieler im Eins-gegen-Eins nicht stark genug verteidigen. Brandon Thomas nehme ich an der Stelle aus, der heute Robertson bei elf Punkten gehalten hat, aber trotzdem sind wir gegen Doreth und Stockton einfach nicht stark genug gewesen. Deshalb haben wir viel zu viele Gegenpunkte erhalten. Dazu kommen die Ballverluste in einem Momentum zum Ende des dritten Viertels, die einfach nicht passieren dürfen. Das Momentum war bei uns und durch die beiden Ballverluste war das natürlich sehr schade. Keiner macht die mit Absicht – ganz klar, aber das hat das Spiel dann natürlich wieder gedreht.“
Raoul Korner (medi bayreuth): „Glückwunsch auch an Gießen zu einem starken Spiel, allen voran John Bryant, der von uns nicht zu stoppen war. Ich finde nicht mal, dass wir schlecht verteidigt haben und das macht seine 29 Punkte mit 12 Rebounds noch frustrierender. Zum Glück haben wir gewonnen, obwohl wir es offensichtlich nicht geschafft haben, John einzugrenzen. Ein Spieler von der Qualität, der auch von außen trifft und die Passqualitäten mitbringt, ist für jedes Team eine ganze Menge Arbeit und hat auch uns heute vor große Aufgaben gestellt. Unsere Leistung heute war sehr ausbalanciert. Die Spieler hatten ihre Momente auf verschiedenste Weise, haben in den richtigen Momenten die passenden Entscheidungen getroffen und Verantwortung übernommen. Die acht Siege, die wir bereits in Folge hatten, haben uns sicherlich auch noch mehr Selbstvertrauen gegeben, um zu wissen, wie man so ein heißes Spiel am Ende für sich entscheidet.“
GIESSEN 46ers – medi bayreuth 90:95 (43:51)
Viertelergebnisse: 14:19, 29:32, 26:22, 21:22
GIESSEN 46ers: Siyani Chambers (6 Punkte), Bjarne Kraushaar (4), Jeril Taylor, Mahir Agva (11), Tim Köpple, Alen Pjanic, Max Landis (8), Leon Okpara, Benjamin Lischka (9), Larry Gordon (6), Brandon Thomas (10), David Bell (7), John Bryant (29, 12 Rebounds)
medi bayreuth: Kassius Robertson (11), David Stockton (21), Bastian Doreth (14), Andreas Seiferth (13), Hassan Martin (12), Steve Wachalski, Gregor Horvat (12), Lukas Meisner, De´Mon Brooks (6), Nik Raivio (6)
Zuschauer: 3.565
Nächstes Spiel: Do., 27.12.2018, 19:00 Uhr: ALBA BERLIN – GIESSEN 46ers