Dennis Curran – Leitwolf und Frauenschwarm

Vorlesen:

Eine Reihe von früheren Bundesliga- und Meisterspielern der 46ers-Wurzel MTV 1846 Gießen geht auf Reisen. Henner „Schnuppi“ Weigand, Jörg Bernard, Eberhard „Ebi“ Bauernfeind, Roland Peters, Dieter „D“ Krausch, Hans Heß, Universitäts-Kanzler Michael „Boni“ Breitbach und Ulrich „U“ Strack werden sich im Juli 2007 auf den Weg nach Vermont in den USA machen. Der Grund: 32 Jahre nach ihrem gemeinsamen Meistertitel wollen die Mannschaftsmitglieder des glorreichen Jungnickel-Teams der Saison 1974/75 ihren damaligen US-Spieler Dennis Curran besuchen.

Dennis Curran? War das nicht der erste wundersam während des Flugs über den großen Teich geschrumpfte Amerikaner des Gießener Basketballs? Er war es. Auf Empfehlung von Tony Koski, dem vorherigen US-Boy in einer Mannschaft, die laut den damaligen Statuten lediglich einen Ausländer einsetzen durfte, hatte Curran als knapp zwei Meter großen Center empfohlen. Als der Spieler dann in Frankfurt landete, brachte er allerdings nur noch etwas mehr als 190 Zentimeter ans Bandmaß.

Aber wie heute Geld nicht immer gleich Qualität bedeutet, stimmte damals die Formel Länge=Größe nicht. Innerhalb kürzester Zeit entwickelte sich Curran, den Hans Heß in der Rückschau seiner langen Laufbahn als einen der charakterlich besten US-Spieler, die je in der Osthalle aufgelaufen sind, bezeichnet, zum echten Führungsspieler. Curran schlüpfte in dem Not-Team, das damals auch als „desolater Haufen“ bezeichnet wurde und mit dem Weggang von Karl Ampt, Tony Koski, Jochen Decker und Klaus „Dschang“ Jungnickel dem Anschein nach personell deutlich geschwächt war und eigentlich chancenlos in die Saison startete, schnell in die Rolle eines Leitwolfs.

Zeitzeugen ist sein ebenso brennender Ehrgeiz wie seine spielerische Klasse in Erinnerung. Trotz seiner fehlenden Zentimeter gab der US-Spieler einen kampfstarken kleinen Center in der von Coach Klaus Jungnickel ganz auf Schnellangriffs-Basketball gebürsteten Mannschaft. Abseits der Osthalle geriet Curran schnell zum Frauenschwarm. In seinem Appartement im Dachcafe am Ludwigsplatz war er selten einsam. Auf dem Spielfeld aber war er bester Rebounder und sammelte in keinem (!) Haupt- und Endrundenspiel weniger als zwanzig Punkte. Gegen den 1. FC Bamberg durften es auch schon mal 41 Zähler sein. Und Curran war es auch vorbehalten, den entscheidenden Korb im zweiten Endspiel zum Meistertitel gegen den USC Heidelberg zu erzielen.

Weniger Glück hatte der smarte US-Boy dann allerdings kurze Zeit später. US-Soldaten verprügelten den Ausnahme-Spieler nach einer Auseinandersetzung im Straßenverkehr so schwer, dass er einen Trümmerbruch in der rechten Hand sowie eine schwere Augenverletzung davonzog. Er spielte dann zwar noch ein weiteres Jahr für den MTV. Aber an seine Form von 1975 kam Curran nicht mehr heran. Danach verdingte er sich noch ein Jahr in Korsika und tingelte später als Gegner der Haarlem Globetrotters durch die Welt. Heute lebt Dennis Curran als wohlhabender Geschäftsmann in der Nähe von Ottawa und freut sich auf den Besuch seiner alten Mannschaftskameraden.

Text: Wolfgang Lehmann

Letzte News