136 Spiele coachte er am Spielfeldrand den MTV 1846 und die GIESSEN 46ers. Seine Siegquote lag bei 45 Prozent. Damit ist Stefan Koch einer der erfolgreichsten Trainer, die das BBL-Gründungsmitglied überhaupt jemals hatte: und das in der Zeit der 1990er- und 2000er-Jahre, als die Trauben für Gießen in der Bundesliga immer höher hingen. In die Club-Annalen ging er 2005 ein, als Koch aus dem Nichts eine Mannschaft aus Jungspunden ins Playoff-Halbfinale führte.
Spiele für Gießen: 136
Siegquote: 45%
Spielzeiten für Gießen: 5 (1997-1999, 2004-2006)
Vereine nach Gießen: Artland Dragons, Baskets Würzburg
Der 4. Dezember 2006 oder: Kochs Grund
Der Autor dieser Zeilen ist damals Zivi und fährt nachmittags gerade einen Malteser-Sprinter zurück in die Zentrale. Auf der A45 passiert er ausgerechnet den Parkplatz „Kochsgrund“ zwischen Aßlar und Wetzlar, als im Radio bekanntgegeben wird, dass Stefan Koch sein Amt als Trainer der GIESSEN 46ers niederlegt habe. Zwar sei er überzeugt, gibt der Coach zu Protokoll, das Ruder nach der Niederlagenserie zu Saisonbeginn noch herum gerissen zu bekommen. Noch wahrscheinlicher sei dies allerdings mit einem Neustart, den er dem Verein nicht verwehren wolle. So soll der Klassenerhalt ein weiteres Mal sichergestellt werden. Dafür verzichtet er – nach zwei sehr erfolgreichen Jahren – sogar auf eine Abfindung. Kochs Ende bei den 46ers soll hier daher am Anfang stehen, hat er doch da die „größte aller Größen“ unter Beweis gestellt. Unter seinem Nachfolger Ken Scalabroni glückt der Nicht-Abstieg tatsächlich.
Der 19. April 2004: Jemand Andres, jemand Bekanntes
Zweieinhalb Jahre zuvor beerbt Koch Armin Andres. Nach einer desolaten Saison formte Koch ein Team, das bis
heute für Gänsehaut sorgt. Über die späteren (aber auch damaligen) Leistungen von Anton Gavel, Chuck Eidson, Heiko Schaffartzik und Co. sind Gießener Fans im Bilde. Wie stark die damalige Low-Budget-Truppe aber wirklich war, veranschaulicht vielleicht Justin Phoenix. Jener Forward aus dem Vereinigten Königreich, der 2.03 Meter auf 100 Kilogramm vereinte, gerät am leichtesten aus dem Squad in Vergessenheit. Dabei konnte auch Phoenix locker zum Topscorer avancieren. Etwa im Heimspiel gegen Köln zur Saisonmitte, als er 28 Punkte bei sechs Dreiern verbuchte.
Kochs Verdienst ist die Viertelfinal-Serie gegen Köln, die mit 3:2 gewonnen wurde. Nach „Spiel 5“ stürmten hunderte Gießener das Parkett im EnergyDome. Über die Schlacht in der Sauna wurde später sogar ein Kinofilm gedreht (https://www.youtube.com/watch?v=ulXQyyFyMKM). Dort steht Koch persönlich ausgiebig Rede und Antwort – und ließ in seinen pointierten Ausführungen bereits aufblitzen, warum er zehn Jahre später zu einem der beliebtesten Sport-Kommentatoren im deutschen Basketball werden sollte.
Die frühen Jahre: Der lange Weg zum 1846-Sterne-Koch
Kochs Trainerlaufbahn beginnt 1988 (parallel zu seinem Studium) in Lich. Später coacht er Wolfenbüttel, Osnabrück, Moda Odessa, Elchingen und schließlich Gießen. Wäre er nicht Trainer geworden, sagte er mal, dann eben Referee. Für eine große Profikarriere wie bei seinem Bruder Michael reicht es aufgrund einer schweren Verletzung in Jugendjahren nicht. Ein offener Schienbeinbruch kostete ihn Antritts- und Sprungkraft, aber immerhin nicht das Bein. Was folgte, war eine große Trainerkarriere.
Nach jenem 4. Dezember 2006 kreierten die Fans der GIESSEN 46ers das größte bis dahin überhaupt in der Osthalle aufgehängte Transparent. Über die gesamte Osttribüne gespannt, stand nach Kochs Rücktritt ein Dank an den „1846-Sterne-Koch“.
Zurecht.
Text: Sebastian Kilsbach