(Foto: Christian Becker)

Der „unzähmbare Löwe“

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46ers-Profi Roland Nyama gewinnt mit Kamerun das Vorrundenturnier für Olympia 2024, ist in Paris aber noch lange nicht dabei

Von der Lahn an den Bodensee, zurück an die Lahn, Flug an den Bosporus, Weiterreise an den Golf von Guinea und zurück an die Lahn. Was sich wie eine Bootstour für Fortgeschrittene liest, war für Roland Nyama eine Reise zum mit Abstand größten Erfolg seiner Karriere – nämlich dem Sieg bei der Afrika-Vorqualifikation für die Olympischen Spiele 2024 in Paris.

„Ja, es war unglaublich, was wir erreicht haben“, berichtet der Profi der JobStairs GIESSEN 46ers kurz nach seiner Rückkehr nach Mittelhessen. Drei Wochen war der 30-Jährige mit der Nationalmannschaft von Kamerun unterwegs, um am Ende stolz sagen zu können: „Noch nie stand unser Land so dicht vor Olympia, noch nie haben wir irgendwo einen Turniersieg feiern können.“ Und Nyama ergänzt gewohnt zurückhaltend, aber doch mit einem strahlenden Lächeln: „Natürlich war es auch in meiner sportlichen Karriere das Bedeutendste, was ich je erlebt habe.“

Nach dem Saisonende der BARMER 2. Basketball Bundesliga ProA und dem Aus im Playoff-Halbfinale gegen Rasta Vechta machte der gebürtige Frankfurter mit Ehefrau Jennifer, Töchterchen Aurelie und Husky-Labrador Norah eine Woche Urlaub in Süddeutschland, hielt sich mit einigen aktuellen und ehemaligen Gießener Jungs in der Rivers-Sporthalle fit, ehe er dem Ruf von Nationaltrainer Alfred Aboya Baliaba ins Trainingslager nach Istanbul folgte. Von da aus ging es in die nigerianische Metropole Lagos, in der die „unzähmbaren Löwen“ für Furore sorgten. Zwei Vorrundensiegen gegen Guinea (104:74) und den Zweiten des Afrika-Rankings, Tunesien (83:70), folgte im Halbfinale ein 87:70-Erfolg über Mali sowie im Endspiel ein 80:74 gegen den Dritten des Kontinents, Senegal, der Kamerun im Februar in der Qualifikation für die WM in Japan, Indonesien und auf den Philippinen beim 89:63 noch richtig auseinandergenommen hatte.

„Wir hatten Spaß. Wir hatten eine klare Teamstruktur. Wir waren selbstbewusst. Wir sind mit jenem Kern der Mannschaft angetreten, die schon Anfang des Jahres gespielt hat. Vor allem aber: Wir haben verstanden, dass wir uns vor niemandem in Afrika verstecken müssen“, hat Roland Nyama in Nigeria viel Selbstvertrauen mit nach Gießen gebracht. Das nicht nur für die in rund einem Monat startende Zweitliga-Saison, sondern auch für die noch folgenden Aufgaben mit der Nationalmannschaft jenes Landes, in dem Mama Eunece, die als Ärztin in Frankfurt-Griesheim tätig ist, und Papa Leopold, der im Alter von nur 32 verstarb, als der 46ers-Profi sieben Jahre alt war, geboren wurden.

Zum einen für die Qualifikation zum Afrika-Cup 2025, die in den beiden Fenstern des Weltverbandes FIBA in November und Februar über die Bühne gehen wird. Zum anderen aber natürlich für die dann alles entscheidenden Gruppenspiele für Paris, die kurz vor den olympischen Wochen ausgetragen werden. Denn Kamerun ist trotz des größten nationalen Erfolges ever noch immer nicht für das größte Sportereignis weltweit, das vom 26. Juli bis 11. August an der Seine stattfinden wird, qualifiziert. Insgesamt 24 Teams messen sich noch in vier Sechsergruppen, in denen nur die Sieger am Turnier in Frankreichs Hauptstadt teilnehmen werden.

„Die Hürde ist hoch, wir sind aber nicht chancenlos“, hofft der 30-jährige JobStairs-Profi, dass die in Nigeria fehlenden NBA-Profis Joel Embiid (Philadelphia 76ers) sowie Christian Koloko und Pascal Siakam (beide Toronto Raptors) noch zu den „unzähmbaren Löwen“ stoßen werden. „Dann hätten wir eine Truppe zusammen, die nicht zu unterschätzen wäre.“

Was Roland Nyama in Lagos mit seinem Nationalteam, in dem er inzwischen eine nicht zu unterschätzende Rolle spielt, nicht nur andeuten, sondern bereits unter Beweis stellen konnte. Gegen Guinea stand der Shooting Guard 22 Minuten auf dem Feld, markierte acht Punkte und sammelte fünf Rebounds ein. Beim Erfolg über Afrika-Meister Tunesien, dem ersten nach 16 Jahren, brachte es der 30-Jährige auf 16 Minuten und drei Zähler. Im Halbfinale gegen Mali, das Turnierfavorit Nigeria ausgeschaltet hatte, setzte Coach Alfred Aboya Baliaba, der im Senegal ein Nachwuchs-Leistungszentrum betreut, 20 Minuten lang auf den Gießener, der vier Zähler zum Erfolg beisteuerte. Und im Sensations-Finale gegen den Senegal brachte es der Familienvater, der vor seinem Engagement an der Lahn für die PS Karlsruhe Lions, die Tigers Tübingen und die Nürnberg Falcons BC aktiv war, auf 24 Minuten und sieben Punkte.

Das in Nigeria gesammelte Selbstbewusstsein soll nun auch dem Gießener Team von Chefcoach „Frenki“ Ignjatovic zugute kommen. „Wir haben im Gegensatz zum vergangenen Jahr jetzt eine sehr große Truppe zusammen“, freut sich Roland Nyama, mehr auf dem Flügel denn unter dem Korb agieren zu können. Mit Blick auf die kommenden Monate sieht er Trier, Nürnberg aber auch Neuling Koblenz als Aufstiegsanwärter. „Und uns natürlich“, lacht der 30-Jährige, der nicht verhehlen kann, dass sein Job bei den 46ers noch lange nicht beendet ist. Halt wie der bei den „unzähmbaren Löwen“ …

 

25.08.23

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