Drei Jungs für die 46ers – Auktion des Magazins „Rückblende“

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Nicht nur die Verantwortlichen der JobStairs GIESSEN 46ers machen sich Gedanken um ihren Club, auch die Dauerkarteninhaber und treuen Fans Lukas Becker, Sebastian Ringleb und Thorsten Dlugosch wollen ihren Teil zu der Tradition beitragen. Das aus ihrer Feder stammende und illustrierte Magazin „Rückblende“ aus der Saison 2015/16 soll dieser hochwertige Beistand sein. Von dem beliebten Magazin sind noch 15 Exemplare vorhanden, die von den Jungs gespendet und im Mai mit einem Anfangsgebot von 18,46€ pro Stück versteigert werden sollen. Als Bonus erhält der Höchstbietende ein original Matchworn Shooting-Shirt von Benjamin Lischka.

Zunächst gilt es euch Dreien erst einmal einen Dank auszusprechen! Es ist eine fantastische Geste und eine tolle Unterstützung für unseren Traditionsclub. Vielleicht könnt ihr uns zu Anfang erzählen, wie ihr auf diese Idee gekommen seid?

Alle: Ursächlich war, dass es bei Twitter kürzlich um Spiele der jüngeren BBL-Vergangenheit ging, die von MagentaSport noch einmal gezeigt wurden. Da brachte ein Gießener Anhänger das Spiel der 46ers gegen Bamberg aus der Saison 2015/2016 ins Spiel, wo unsere Jungs in einem fantastischen Spiel den ersten Sieg nach dem Aufstieg einfahren konnten. Dies führte dazu, dass wir Fans in unserer WhatsApp-Gruppe anfingen, in Erinnerungen zu schwelgen. Auch Benni Lischka erinnerte sich in den sozialen Medien an diese Zeit zurück und wurde infolgedessen sogar zu dieser Thematik in den Podcast der Abteilung Basketball eingeladen. So schmökerten wir auch noch einmal in unserem Magazin, und dann kam uns die Idee, mal zu schauen, wie viele wir davon noch haben und ob wir damit vielleicht einen kleinen Beitrag leisten können, um die 46ers zu unterstützen, da ja momentan durchaus die Zeit ist, um in schönen Erinnerungen zu schwelgen.

Dass ihr euch mit den JobStairs GIESSEN 46ers beschäftigt, zeigt schon die Arbeit an eurem werthaltigen Magazin. Wie ist dieses Werk eigentlich in der damaligen Zeit entstanden?

Alle: Die Idee entstand auf der Rückfahrt des letzten Saisonspiels im Berlin am Ende der Saison 2015/2016. Die Playoffs wurden denkbar knapp verpasst, da wir nach Verlängerung in Berlin verloren hatten. Es waren sehr emotionale Momente zwischen Mannschaft und Fans im Anschluss an die Partie und irgendwie war uns allen klar, dass die wunderbare Reise dieser Mannschaft, die im Herbst 2013 in der ProA begonnen hatte, nun nach drei tollen Jahren zu Ende sein würde und viele der Aufstiegshelden die 46ers nun verlassen werden. Irgendwie wollten wir diese Zeit und deren Schlusspunkt verarbeiten und würdigen. Dadurch entstand auf der Rückfahrt, die nach einem solchen Spiel und in einem voll besetzten Auto gefühlt nochmal deutlicher länger dauert als ohnehin schon, die Idee, die wir dann in den folgenden Wochen tatsächlich auch umsetzten. Das war noch einmal eine sehr intensive Zeit, die viel Spaß gemacht hat und am Ende das Werk in den Händen zu halten war natürlich ein toller Moment.

Ihr drei seid alle Dauerkarteninhaber. Nun wird es in dieser Saison für euch kein Spiel in der Sporthalle Gießen-Ost oder in einer anderen Arena mehr geben. Könnt ihr uns einen Einblick geben, was dieser Einschnitt für euch bedeutet?

Alle: Zunächst einmal war da tatsächlich ein kurzes Durchpusten, da die Wochenenden doch immer sehr intensiv und nach dem Spielplan ausgerichtet waren. Zudem sind zwei von uns selbst noch im Basketball aktiv, sodass es am Wochenende immer eine echte Terminhatz war, alles unter einen Hut zu bekommen (was auch nicht immer gelang). Mittlerweile fehlt es uns aber natürlich, in die Osthalle zu pilgern, viele bekannte Gesichter zu sehen, ein Spiel zu verfolgen und die 46ers lautstark zu unterstützen.

In diesem Zusammenhang verzichten die JobStairs GIESSEN 46ers auf die Möglichkeit, Gutscheine als Entschädigung für die entfallenen restlichen Heimbegegnungen zu vergeben, sondern wollen in vollem Umfang die Rückerstattung leisten. Mit dem Hintergrund, dass alle von der Corona-Pandemie betroffen sind und ein Gutschein aus deren Sicht in der aktuellen Lage wohl schlecht den betroffenen Fans helfen wird. Aber auch aufgrund des gewaltigen Zuspruchs hat man sich entschieden, ebenfalls die Option auf den Rückzahlungsverzicht zu Gunsten der 46ers anzubieten. Wie kam das bei euch als Dauerkarteninhaber an?

Grundsätzlich natürlich ein sehr feiner Zug der 46ers. Passt in das gute Bild, das die 46ers in der Krise abgeben, mit den vielen sozialen Engagements und dem Blick für das große Ganze. Auch die Verzichtsoption halten wir für eine gute Regelung. Entweder man bekommt das Geld erstattet, oder man kann darauf verzichten und es damit an die 46ers spenden. So kann jeder für sich entscheiden.

Wir werden sicherlich kein Geld zurückfordern und kennen viele Menschen aus der Osthalle, die das auch so sehen.

Noch einmal zurück zu eurem Magazin und der Saison 2015/16. Vielleicht könnt ihr uns noch einmal einen „Rückblick“ auf diese Spielzeit geben und was diese Mannschaft um dem damaligen Kapitän T.J. DiLeo ausgemacht hat?

Alle: Das Besondere an dieser Saison war, dass die Aufstiegsmannschaft quasi komplett gehalten werden konnte und man sie einfach auf das „Abenteuer Bundesliga“ losgelassen hat. Man sieht es ja immer wieder, dass Mannschaften ihren Aufstiegshelden, die dem Verein erst den Schritt in die nächsthöhere Liga ermöglicht haben, teure und vermeintlich bessere Spieler vor die Nase setzen. Dies war kaum der Fall und so konnten wir mit diesem Team um Erfolgstrainer Denis Wucherer wirklich gut mitfiebern und uns identifizieren, eben weil wir zuvor schon gemeinsam viele Schlachten in den Turnhallen der ProA geschlagen hatten. Auch die Aufstiegsfeierlichkeiten haben Team und Fans noch einmal enger verbunden. Ein Björn Schoo, der im Spätherbst seiner Karriere für einen wichtigen Gamewinner in Gotha sorgte und noch einmal ein Jahr Bundesliga spielen konnte, wo er beispielsweise beim Kantersieg in Crailsheim stark aufspielte. Oder die unzertrennlichen Lischka und DiLeo, die die ProA-Reise komplett mitmachten und nun in der Bundesliga mit Bravour den nächsten Schritt gingen. Zudem die unglaubliche Spielintelligenz von Braydon Hobbs, einem der wenigen Neuzugänge. Alles in allem stand diese Mannschaft für Gießen und schaffte unheimlich viele schöne Erinnerungen, wie seit 2004/2005 eigentlich keine mehr. Es war eine ganz besondere Bindung, die ja auch bis heute anhält, wenn die Jungs mit ihren aktuellen Teams oder manchmal auch als Zuschauer wieder in der Osthalle vorbeischauen.

Wer war zu dieser Zeit euer Lieblingsspieler und warum?

Becker: T.J. DiLeo, weil ich seine Einsatzbereitschaft absolut herausragend fand. Er war ein echter Kapitän, ausgestattet mit einer tollen basketballerischen Grundausbildung und zudem ein sehr sympathischer Charakter. Aber auch Eric Palm hatte es mir aufgrund seiner gesamten Art und Weise sehr angetan, während ich spielerisch Braydon Hobbs herausragend fand, den ich mir immer noch gerne spielen sehe und der einer der spielintelligentesten Typen der Liga ist.

Dlugosch: Für mich ist es tatsächlich das Kollektiv der Mannschaft und damit auch die Coaches um Denis Wucherer. Jeder hat für den anderen gekämpft und alles, was er hatte, auf dem Parkett gelassen – auch wenn er selbst vielleicht am Ende nicht derjenige war, der den entscheidenden Wurf nehmen durfte oder die beeindruckendsten Statistiken hatte. Diese Teamorientierung verkörpert für mich die Schönheit des Basketballs.

Ringleb: Ich stimme Thorsten hier zu. Es war der Verdienst des Trainerstabs, dass das Team so gut harmoniert hat und gemeinsam für das Ziel des Wiederaufstiegs gekämpft hat. Ich habe T.J. DiLeo aufgrund seines Kampfgeists gern auf dem Feld gesehen. Sein Trikot war auch das allererste, das ich erworben hatte.

Zu euch persönlich noch ein paar Fragen. Seit wann seid ihr schon Anhänger der 46ers und wie kam es dazu?

Becker: Ich wurde im Alter von drei oder vier Jahren Anfang der 90er Jahre erstmals von meinem Vater, der seit seines Studiums in Gießen Mitte der 80er in die Osthalle ging und auch heute noch eine Dauerkarte hat, mitgenommen und saß dabei mehr oder weniger auf seinem Schoß im C-Block. Irgendwann kam mein jüngerer Bruder dazu und wir freuten uns immer auf die Nachmittagsspiele, da wir dort mit in die Halle durften. Die ersten prägenden Erinnerungen waren dann das Top4 in der Osthalle im April 1997 sowie das Abschiedsspiel von Thomas Andres im Frühjahr 1998. Aber auch bei den Abendspielen blieben wir meist so lange auf, bis der Vater nach Hause kam und uns das Ergebnis mitteilte. Im Zuge der Saison 2004/2005 fanden wir dann den Weg vom C-Block in den Stehplatzbereich, wo wir sofort viele Freundschaften schlossen, die noch bis heute halten.

Dlugosch: Mein erstes Spiel in der Osthalle habe ich in der Saison 2004/2005 erlebt, somit hatte ich ein Sahnehäubchen der jüngeren 46ers-Geschichte direkt als Appetizer zum Einstieg. Ich kannte bis dahin Basketball nur aus der Schule – dort wurde jeder, wirklich ausnahmslos JEDER Körperkontakt als Foul gepfiffen, und die Noten wurden auf Basis von getroffenen Korblegern und Freiwürfen vergeben. Deswegen ging auch ehrlicherweise der ganze NBA-Hype der 90er ein bisschen an mir vorbei. Entsprechend hielt sich meine Begeisterung in Grenzen, als ein Freund von mir mich und einen anderen Freund damals fragte, ob wir nicht Lust hätten, uns das mal anzuschauen. Der ging auch schon seit seiner Kindheit in die Osthalle. Wir sind trotzdem mit, und das Spiel werde ich nie vergessen: Ein zurückhaltender, fast schüchterner, ruhiger, junger Mann – der auf einmal mit hochrotem Kopf quer überm Treppengeländer hängt, sich die Seele aus dem Leib brüllt und äußerlich kurz vorm Platzsturm steht. Diese Emotionalität hat mich damals wahnsinnig gepackt und die Begeisterung für den Sport in mir geweckt.

Ringleb: Mein erstes Spiel in der Osthalle habe ich in der Hinrunde der Saison 2010/2011 gesehen, leider erinnere ich mich nicht mehr an den Gegner. Ich war von Spiel und Stimmung so fasziniert, dass ich für die Rückrunde gleich eine Dauerkarte für den Stehplatzbereich erworben habe. Das erste prägende Spiel war dann das Heimspiel gegen Oldenburg, was die 46ers in letzter Sekunde aufgrund eines And-One von Lou Campbell verloren. Es folgten die Plätze 15, 17 und 18 in der Bundesliga, ehe wir in die ProA abgestiegen sind. Im Gegensatz zu Thorsten habe ich also eher den Schandfleck der jüngeren 46ers-Geschichte als Appetizer erwischt.

Mit dem Gießener Slogan „UNSERE LIEBE IST ROT.“ kann man euch wohl gut beschreiben! Was erhofft ihr euch für euren Basketballclub in der näheren Zukunft?

Becker: Dass es gelingt, wieder eine verschworene Mannschaft aufs Parkett zu stellen, mit der sich die Fans identifizieren können. Die sich auch abseits des Felds als Team verstehen und Bock auf die Aufgabe hier in Gießen und nicht nur ihre persönlichen Statistiken und den nächsten Schritt auf der Karriereleiter im Blick haben. Mit Alen Pjanic, Bjarne Kraushaar oder auch Brandon Thomas hat man da bereits drei gute Jungs zusammen, um die man im Sommer eine Mannschaft zusammenbauen kann. Auch ein Matt Tiby hat durchaus das Potential, die Leute in Gießen zu begeistern. Ich erhoffe mir, dass die 46ers gut durch die Krise kommen und auch die Basketball Bundesliga insgesamt halbwegs unbeschadet irgendwann den Spielbetrieb wieder aufnehmen kann.

Ringleb: Zunächst einmal hoffe ich, dass unser Management es schafft, den Verein gut durch die Corona-Situation zu bringen und dabei auf die Unterstützung aller Gesellschafter bauen kann. Für den langfristigen Erhalt des Standorts ist es elementar wichtig, dass alle gemeinsam und zum Wohle des Vereins handeln.

Dlugosch:   Ich wünsche mir, dass die gute Nachwuchsarbeit aller Gießener Vereine gebündelt und gemeinsam ausgerichtet werden kann. Wir werden finanziell auf absehbare Zeit vermutlich nicht mit den Großen der Liga aufschließen können, also ist es wichtig, nachhaltige Strukturen für die Entwicklung des Basketballs in der Region zu schaffen.

Abschließende Frage zum Ende. Was werdet ihr als erstes tun, wenn das normale Leben nach der Corona-Krise euch wiederhat?

Becker: Auf den Freiplatz gehen und endlich wieder selbst den Basketball in die Hand nehmen. Anschließend grillen und das ein oder andere Kaltgetränk genießen.

Ringleb: Wir können alle drei wahnsinnig dankbar sein, dass es uns unsere Berufe jeweils ohne größere Probleme erlauben, aus dem Home-Office zu arbeiten, die Entbehrungen sind daher zumindest bei mir wirklich äußerst gering. Sobald es wieder geht, freue ich mich auf eine Fernreise ins Warme und den Besuch eines guten Restaurants.

Dlugosch: Ich persönlich halte es da mit Mats Hummels – ich setze mich draußen ins Türmchen in die Sonne und gehe erst wieder nach Hause, wenn sie mich rausschmeißen.

Vielen Dank, Lukas, Sebastian und Thorsten für das Interview. Bleibt gesund und hoffentlich auf bald wieder in der Sporthalle Gießen-Ost bei euren und unseren JobStairs GIESSEN 46ers!

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