Lukas Lai, Athletiktrainer der JobStairs GIESSEN 46ers, gehört inzwischen zum Staff der Basketball-Nationalmannschaft der Männer.
Schon wenige Stunden nach seiner Rückkehr war schon wieder business as usual angesagt: Hier mal ein Rentner mit Hüftproblemen, da mal eine junge Frau im Aufbautraining. Hier mal eine Dame mit Rückenschmerzen, da mal ein Sportler in Reha. Alle Handgriffe, alle Einheiten an den Fitnessgeräten absolviert Lukas Lai unaufgeregt, professionell, hilfsbereit, engagiert. Nichts, aber auch wirklich gar nichts deutet in seiner Physiotherapie-Praxis im Asterweg daraufhin, dass er in der Woche davor noch in einer völlig anderen Liga, „anfangs mit Herzklopfen“, wie der 38-Jährige zugibt, tätig war.
Denn der Ur-Wiesecker gehört inzwischen zum Staff der deutschen Basketball-Nationalmannschaft. Beim Test gegen Kanada (86:81) in Berlin und beim Supercup in Hamburg mit den beiden Partien gegen China (107:58) und im Finale abermals gegen Kanada (112:113 nach Verlängerung) feierte Lai seine Premiere im Team von Bundestrainer Gordon Herbert, nachdem er bereits rund ein Jahrzehnt für fast alle nationalen Nachwuchs-Teams und auch kurzzeitig für die Damen-Auswahl tätig war.
„Die Männer-Nationalmannschaft ist natürlich das Allergrößte“, weiß der Athletiktrainer der JobStairs GIESSEN 46ers, dass er inzwischen den Olymp seines beruflichen Wirkens erklommen hat. „Es ist eine krasse Ehre für mich, beim wichtigsten Vorbereitungsturnier für die Weltmeisterschaften dabei gewesen zu sein“, spricht Lukas Lai ehrfürchtig über die acht Tage an der Seite der NBA-Topstars Dennis Schröder, Franz und Moritz Wagner sowie Daniel Theis, die inzwischen für Olimpia Mailand aktiven Maodo Lo und Johannes Voigtmann oder der Bayern-Asse Andreas Obst, Nils Giffey und Isaac Bonga. „Emotional war es das Größe, was ich bisher erleben durfte.“
Was der Gießener Physio nicht nur auf die Partien, die Trainingseinheiten oder die launigen Abende, sondern schon auf die Begrüßung bezieht. „Ich bin wahnsinnig herzlich aufgenommen worden. Die Jungs sind so mit mir umgegangen, als wäre ich schon ewig dabei“, fühlte sich Lukas Lai vom ersten Moment an „voll integriert.“
Was sicher auch daran lag, dass Teamarzt Dr. Tom Neundorfer aus Rattelsdorf bei Bamberg, der Leibarzt des neuen Hall-of-Famers Dirk Nowitzki, ihn empfahl. Dass der bei der Natio Legendenstatus besitzende Physiotherapeut Joe Kaufmann, inzwischen in Norwegen lebend, ihn schätzt. Dass Profis wie Franz Wagner und David Krämer ihn schon aus der Jugend-Auswahl kannten. Und dass Andi Obst Lukas Lai in seiner Saison 2016/17 in der Osthalle bereits vertraute.
„Ich denke, der gesamte sehr routinierte Stab beim Deutschen Basketball-Bund weiß, dass auch junges Blut benötigt wird“, hofft Lai auf weitere Einladungen zur Truppe von Gordon Herbert, der auf eine hessische Komponente im Nationalteam setzt. Der Kanadier selbst betreute die Fraport Skyliners zwischen 2001 und 2004, in der Spielzeit 2011/12 und von 2013 bis 2019. Sein Assistent Klaus Perwas sitzt noch immer am Main als rechte Hand von Denis Wucherer auf der Bank. Und Herberts neuer Co Sebastian Gleim coachte Frankfurt im Oberhaus von 2019 bis 2021.
„Egal, mit wem ich es auch zu tun hatte, alles lief in der Woche bei der Nationalmannschaft äußerst professionell ab“, ist Lukas Lai froh, viele Erfahrungen gesammelt zu haben. Wie die, dass die komplette Truppe quasi aus drei Einheiten – Trainer, Stab, Team – bestand, was auch bei der Sitzordnung zu den Mahlzeiten nicht zu übersehen war. Wie die, dass Toronto-Raptors-Star Dennis Schröder nicht nur einen Manager, sondern auch Privat-Coaches, Video-Analysten und Physiotherapeuten dabeihatte. Wie die, dass der neue Hoffnungsträger der Orlando Magic, Franz Wagner, auch mal das Hotel-Abendessen sausen ließ, um mit Lukas Lai und dessen an der Elbe lebenden Jugendfreund Michel Hackenberg zum Israeli essen zu gehen. Wie die, dass sich Daniel Theis von den Indiana Pacers mit ihm gerne über die Erziehung der Kinder austauschte. Wie die, dass sich Dennis Schröder trotz eigener Entourage auch immer mal wieder vom Lukas Lai tapen ließ. Und wie die, dass das Team rund um die Mannschaft, angeführt von DBB-Präsident Ingo Weiß und dessen Vize Armin Andres, mit Therapeuten, Ärzten, Athletiktrainern, Fotografen und Teambetreuern größer war als er es sich in seinen kühnsten Träumen hatte vorstellen können.
Dass die beiden kommenden Tests in Dubai gegen Griechenland und die USA sowie die WM in Japan, Indonesien und auf den Philippinen ohne den Athletiktrainer der JobStairs GIESSEN 46ers über die Bühne gehen wird, kann Lukas Lai verschmerzen. „Das war nie angedacht“, ist der 38-Jährige erst einmal wieder froh, sich um seine Praxis, um Ehefrau Katharina („Sie hat viel Verständnis, sie kennt das nicht anders“), um die Kinder Mila (2) und Tameo (6) sowie natürlich um die Truppe des Gießener Headcoaches „Frenki“ Ignjatovic, bei der ihm die Physiotherapeutin und Sportwissenschaftlerin Kim Schlüter künftig zur Hand gehen wird, da zu sein.
Lukas Lai drückt aus der Ferne die Daumen. Einem Team, dem er Großes zutraut. „Es ist die beste Nationalmannschaft aller Zeiten“, glaubt der Autor des Buches „Basketball Performance Training“, dass es Dennis Schröder und Co. bei der WM weit bringen können. Nach den Vorrunden-Partien auf der japanischen „Insel der Hundertjährigen“, Okinawa, gegen die Gastgeber, Australien und Finnland sei alles möglich, auch der Titelgewinn. Den aber auch die momentanen Top-Teams USA, Spanien, Kanada, Frankreich oder Australien anstreben. Lukas Lai wird die Matches am TV verfolgen. Während sich seine JobStairs GIESSEN 46ers in Langen, Würzburg, Kirchheim und Hagen auf die neue ProA-Saison vorbereiten.
18.08.23