(Foto: Nico Genslein)

Entspannt in die „Toskana des Ostens“

Vorlesen:

Die GIESSEN 46ers freuen sich auf den ProA-Gipfel am Sonntag (16 Uhr) bei Tabellenführer Science City Jena.

Acht Siege aus den letzten zehn Spielen. Nur ein echter Aussetzer (in Nürnberg) seit zweieinhalb Monaten. Eine mitreißende Vorstellung vor fast proppenvoller Osthalle (2934 Zuschauer) beim 90:88 gegen die HAKRO Merlins Crailsheim. Rang drei in der Tabelle der BARMER 2. Basketball-Bundesliga ProA. Vier Siege Differenz (bei noch sechs ausstehenden Durchgängen) auf das Playoff-Aus. Und auch bereits drei Erfolge zwischen den eigenen Ansprüchen und dem Nicht-BBL-Pokal-Rang sechs: „Frenki“ Ignjatovic lehnt sich auf seinem wenig vertrauenserweckenden Schemel in der Rivers-Sporthalle genüsslich zurück und nippt an seinem Cappuccino, derweil Fitnesstrainerin Kim Schlüter seine Jungs schwitzen lässt. 

„Für uns ist das kommende Wochenende ein Bonusspiel, auf das wir uns alle freuen sollten. Wir haben gezeigt, dass wir mit den Top-Teams auf Augenhöhe sind. Die Crunchtime der Saison kann kommen“, blickt der Chefcoach der GIESSEN 46ers entspannt in Richtung des Gipfeltreffens bei Tabellenführer Science City Jena, das der Altmeister in der Sparkassen-Arena der zweitgrößten Stadt Thüringens am Sonntag (16 Uhr) locker und gelöst angehen kann. „Wir sind in der Außenseiterrolle und wissen, dass wir nur mit einer sehr guten Leistung in Jena bestehen können“, ist dem Deutsch-Serben natürlich klar, dass die Trauben in der für ihren Weinanbau (Bacchus, Silvaner, Riesling) bekannten Stadt an der Saale hochhängen. 

Doch nicht nur „Frenki“ Ignjatovic hat Respekt vor dem kommenden Gegner, auch Science-City-Coach Björn Harmsen, in der Saison 2011/12 in der Osthalle auf der Bank, spricht anerkennend vom kommenden Gegner: „Gießen hat Qualität und ist personell richtig gut besetzt“, freut sich der 42-Jährige, der zum dritten Mal in seiner Karriere in Jena angeheuert hat, auf einen Liga-Gipfel „in richtig guter Atmosphäre“. 

„Auch ein Tabellenführer ist nicht unschlagbar“, richtete 46ers-Kapitän Robin Benzing bereits wenige Minuten nach dem siegbringenden Buzzerbeater-Dreier von Kevin McClain gegen Crailsheim eine Grußadresse in Richtung der Optikstadt. „Wir sind derzeit im Flow und wollen unser Momentum auch gerne mit nach Jena nehmen.“ 

Nicht nur zuletzt 8:2-Siege haben die Lahnstädter, bei denen Luis Figge (Außenbandanriss im linken Fußgelenk) auf dem Weg der Besserung ist, selbstbewusst gemacht. Auch das Wissen, dass die 74:81-Heimniederlage vom 8. November des vergangenen Jahres unnötig war, treibt Gießen an. „Wir hatten damals drei starke und ein schlechtes Viertel. Das hat uns schließlich den Kopf gekostet“, erinnert sich Branislav Ignjatovic noch sehr genau an jenes intensive Match, in dem Simon Krajcovic fünf Dreier versenkte, Kevin McClain 19 Punkte markierte und Viktor Kovacevic elf Rebounds herunterpflückte, ein Hausherren-15:25-Aussetzer im dritten Viertel Jena aber den Sieg bescherte. „Das haben meine Männer nicht vergessen. Sie reden intern darüber, das gefällt mir.“ 

Dass seine 46ers am Sonntag allerdings nicht nur auf den seit 15 Partien ungeschlagenen und damit nach dem 92:80 vom vergangenen Montag in Koblenz eigenen Vereinsrekord aus dem Aufstiegsjahr 2016 einstellenden Spitzenreiter, sondern eigentlich auf die Übermannschaft der Liga treffen, ist dem 58-Jährigen klar. „Von der Organisation, von der Mannschaft, von der Begeisterung in der Stadt her gehören sie in die Bundesliga. Sie haben solch gute Möglichkeiten, dass sie im Falle des Sprungs nach oben in der kommenden Saison nicht zu den Abstiegskandidaten zu zählen wären“, schwärmt „Frenki“ Ignjatovic von der Truppe aus der ob ihres milden Klimas auch als „Toskana des Ostens“ bekannten Region zwischen Weimar und Gera. 

Die letzte von nur zwei Niederlagen datiert vom 14. Dezember (75:84 in Bochum), die zweite erlitten Björn Harmsens Jungs am 26. Oktober beim 75:81 gegen die VET-CONCEPT Gladiator Trier. Wenn am Sonntag der Sprungball erfolgt, ist Science City Jena also genau seit 99 Tagen unbesiegt und damit klar auf Kurs Richtung Wiederaufstieg, auf den der Club seit sechs Jahren wartet. Vier Erfolge Vorsprung auf Trier und bereits sieben auf den Rangdritten aus Gießen sprechen eine eindeutige Sprache für Jena, das laut „Frenki“ Ignjatovic auf allen Positionen „mit einem Deutschen und einem Importspieler doppelt gut besetzt ist.“

Der aus Lich stammende Robin Christen, vor zweieinhalb Jahren noch Kapitän der Ulmer Meistermannschaft, trägt Jena mit rund 28 Minuten auf dem Feld und im Schnitt 15 Punkten. Der aus Hagen gekommene Kristofer Krause ist jederzeit in der Lage, zweistellig zu scoren. Was auch für Small Forward Lorenz Bank oder Power Forward Stephan Haukohl zutrifft. Für Ordnung sorgt US-Pointguard Zach Cooks, der aus der Dominikanischen Republik kam und schon mal in der Lage ist, wie gegen Düsseldorf oder Koblenz 30 Punkte einzustreuen. Mit im Schnitt fast 18 Zählern gehört der 26-Jährige zu den besten Scorern der Liga. 

Rasheed Moore setzte den 46ers schon in seinen Zeiten bei den Frankfurt Skyliners mächtig zu. Der Deutsch-Amerikaner Chris Carter, der von BBL-Club Rostock Seawolves nach Thüringen wechselte, sammelte wie beim 79:65-Sieg gegen Tübingen elf Rebounds ein. Was auch Alex Herrera beim 81:75 gegen Bremerhaven schon mal glückte. Königstransfer Raymar Morgan, ein Mann mit einer beeindruckenden Vita (ratiopharm Ulm, Unics Kasan, ASVEL Villeurbanne, Galatasaray Istanbul), räumt unter beiden Brettern alles aus dem Weg, was bei drei nicht auf dem Baum ist. Und der erst vor wenigen Wochen verpflichtete Tyler Nelson, der allerdings angeschlagen ist und ebenso wie Center Robin Lodders (Schambeinentzündung) fehlen könnte, ist immer für 15 Punkte und sechs Assists zu haben. 

„Jena ist für uns ein Bonusspiel“, betont „Frenki“ Ignjatovic unisono. Eines, das er mit seinen Männern nach zuletzt acht Siegen aus den vergangenen zehn Partien locker, aber selbstbewusst angehen kann.

Letzte News