(Foto: Nico Genslein)

Fluch und Segen

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GIESSEN 46ers reisen voller Selbstbewusstsein, aber mit personellen Sorgen zum Liga-Gipfel nach Trier.

Länderspielpausen sind oft Fluch und Segen zugleich. Fluch für den Verein, der Profis abstellt, deshalb nicht vernünftig trainieren kann und die Jungs dann womöglich auch noch verletzt zurückbekommt. Segen jedoch für das Ansehen eines Clubs und des Spielers selbst, der sich international erst- statt national zweitklassig präsentieren kann. 

Wie sehr die alte Sportlerweisheit in den vergangenen Tagen auf die GIESSEN 46ers zutraf, musste der Altmeister am Ende einiger Tage des Heimaturlaub, den beispielsweise Mladen Vujic und Viktor Kovacevic in Serbien verbrachten, leidvoll konstatieren. Denn der vermeintlich Beste und Wichtigste, den sie haben, fällt aller Voraussicht nach aus. Noch steht eine abschließende Untersuchung am Sonntag in Bad Nauheim aus, doch wird Floor General Simon Krajcovic am Samstag (19.30 Uhr) im Gipfeltreffen der BARMER 2. Basketball-Bundesliga ProA bei den VET-CONCEPT Gladiators Trier nicht mitmischen können. 

In der EM-Qualifikation am Freitag in Bratislava gegen Spanien, die die Slowaken nach zweimaliger Verlängerung unglücklich mit 72:76 verloren, stürzte der Pointguard Mitte der zweiten Halbzeit auf die rechte Wurfhand. Der 30-Jährige spielte zwar durch und markierte in 39 Minuten auf dem Feld 19 Punkte, drei Tage später auf der Iberischen Halbinsel jedoch lief er für sein Heimatland schon nicht mehr auf. „Sollte Simon Krajcovic länger ausfallen, wäre das ein schwerer Schlag für uns“, ist „Frenki“ Ignjatovic, Cheftrainer und Sportlicher Leiter des Altmeisters in Personalunion, derzeit um seine Aufgabe nicht zu beneiden. 

Denn auch Aiden Warnholtz (Operation nach Syndesmosenruptur am linken Sprunggelenk), der wegen eines familiären Trauerfalls einige Tage in seiner kanadischen Heimat weilte, wird noch mehrere Wochen nicht auflaufen können. Der im Training an der Schulter angeschlagene Viktor Ziring indes hat sich am Freitag wieder fit gemeldet. Nach einer MRT-Untersuchung gab der 26-Jährige grünes Licht: „Es waren nur positive Neuigkeiten, ich bin voll einsatzfähig.“

Trotz der personellen Rückschläge lässt sich Branislav Ignjatovic nicht unterkriegen: „Ich freue mich auf solche Spitzenspiele vor großer Kulisse“, hat der 58-Jährige bei seinem Team ausgemacht, dass 7:3-Siege selbstbewusst machen. „Wir brauchen uns nicht zu verstecken, wir fahren mit breiter Brust an die Mosel“, möchte der Serbe die SWT-Arena im dritten Jahr seines Wirkens in Gießen endlich auch einmal als Sieger verlassen. 

Die ersten beiden ProA-Duelle der Traditionsclubs endeten jeweils mit Erfolgen (89:71, 91:88) der Männer aus der ältesten Stadt Deutschlands, die nach ihrem souveränen ersten Platz aus der Vorsaison nun alles andere als zufriedenstellend in die Spielzeit 2024/25 gestartet sind. Der überragende 114:102-Erfolg am Mittwochabend im Nachholspiel bei BBL-Absteiger HAKRO Merlins Crailsheim bedeutete allerdings eine Trendwende für die Truppe von Coach Jacques Schneider, der zuvor bereits Niederlagen gegen Tübingen (69:77), gegen Bremerhaven (68:87), gegen Hagen (75:78) und in Dresden (82:89) zu quittieren hatte.

„Das ist typisch für eine Mannschaft, die in der vergangenen Saison überragend aufspielte, in den Playoffs dann aber das Momentum verpasst und damit in ein Loch gefallen ist. Die Liga zu beherrschen und dann doch nicht aufzusteigen, kostet jede Menge Energie“, kennt „Frenki“ Ignjatovic aus 30 Jahren Trainertätigkeit die Tücken des Geschäfts.

In Crailsheim allerdings trumpften die Gladiatoren von Anfang an auf. Neuzugang Jordan Roland steuerte 30 Punkte bei. Die Langen wie Maik Zirbes, Hendrik Drescher, Marco Hollersbacher und Marten Linßen zeichneten für 44 Punkte und 18 Rebounds verantwortlich. Insgesamt schwebten 17 der 34 abgefeuerten Dreier in die Reuse der „Zauberer“, die schon zur Halbzeit mit einem 19-Punkte-Rückstand aussichtslos zurücklagen. Hinzu kamen starke 24 Trierer Assists und eine 81-prozentige Freiwurfquote, während Crailsheim gleich zwölf Punkte an der ominösen Linie liegenließ. Eben jene zwölf, die im Endergebnis den Unterschied machten …

Einziges Problem der VET-CONCEPT Gladiators Trier: Mit JJ Man, der im Sommer 2023 auch den 46ers angeboten worden war, dem nachverpflichteten letztjährigen Jenaer Topscorer Amir Hinton sowie dem Ex-Göttinger Haris Hujic fallen drei Leistungsträger mit Sicherheit aus. Clayton Guillozet, der einige Tage nicht trainieren konnte, wurde von Jacques Schneider in Crailsheim ebenso wie Jannes Hundt geschont. Und Regisseur Marcus Graves, der den Ex-Gießener Jordan Barnes aus dem Gladiators-Kader in Richtung zweiter türkischer Liga verdrängt hat, humpelte nach der Pause vom Feld und tauchte nicht mehr auf. „Frenki“ Ignjatovic ist sich jedoch sicher: „Gegen uns spielen Guillozet, Hundt und Graves wieder.“

Die Rotation der Moselaner ist also breit, Club und Umfeld sind gerüstet für den Aufstieg und das Team, wie es der 46ers-Coach gerne betont, „trotz eines augenblicklichen neunten Platzes für mich weiterhin der absolute Top-Favorit.“ Den es aus Gießener Sicht mit einer abermals fokussierten und leidenschaftlichen Leistung zu bearbeiten und am Ende auch zu besiegen gilt. Egal, wer am Ende auflaufen wird …

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