(Foto: Nina Sander)

Heimsiege gleich Heimvorteil

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Sollten die GIESSEN 46ers am Sonntag (15 Uhr) die Kirchheim Knights schlagen, kämen sie ihrem Saisonziel ein großes Stück näher

Man muss kein Mathematiker sein, um „Frenki“ Ignjatovics Rechnung nachvollziehen zu können: „Heimsiege sind notwendig, um den Heimvorteil zu erlangen“, weiß der Cheftrainer der GIESSEN 46ers, dass in der Crunchtime der Saison 2024/25 in der BARMER 2. Basketball-Bundesliga ProA gerade die Auftritte vor eigenem Publikum Pflichtspielcharakter haben. „Wer sich zu Hause eine Blöße gibt, ist schnell raus aus dem Geschäft.“ Schneller jedenfalls, als es manche im vermeintlich stärksten Unterhaus Europas auf dem Schirm haben. Deshalb: Wie gegen die HAKRO Merlins Crailsheim (90:88) und wie gegen die VET-CONCEPT Gladiators Trier (88:86): Voller Fokus auf die Verteidigung des dritten Platzes, was nur mit einem erneuten doppelten Punktgewinn im dritten Kracher innerhalb von nur drei Wochen möglich ist.

Doch wenn der Altmeister am Sonntag (15 Uhr) auf die Bozic Estriche Knights Kirchheim trifft, dann treibt Ignjatovic mehr die Sorge um das eigene Team, denn der Gedanke an eine Revanche für die derbe 73:92-Auftaktpleite, die Freude über das Wiedersehen mit seinem langjährigen Freund Igor Perovic auf der Bank der Schwaben oder die derzeitig blendende Verfassung der „Ritter“ um. Denn der Deutsch-Serbe hat personelle Sorgen. Kapitän Robin Benzing schmerzt das Knie. Luis Figge, ohnehin vier Partien raus, zuletzt aber mal wieder elf Minuten im Einsatz, hat Hüfte. Was nach seiner Mega-Rettungsaktion im Match gegen Trier und anschließender Bruchlandung vor der Stehtribüne kaum jemanden wundert. Kevin McClain ist ebenso wie Co-Trainer Nikola Stanic erkrankt – sein Einsatz entscheidet sich erst kurzfristig. Und Viktor Kovacevic schmerzt die Achillessehne. „Hoffentlich haben wir am Sonntag möglichst viele dabei“, weiß Branislav Ignjatovic, dass er gegen Kirchheim jeden Mann brauchen wird.

Der Gießener Übungsleiter möchte die Bedeutung der Partie nicht herunterspielen, er kann aber rechnen und weiß, dass sein Ex-Club im Falle eines Gießener Sieges und dann nur noch drei ausstehenden Partien endgültig hinter den 46ers stehen würde. Sechs Jahre lang, von 2008 bis 2014, saß „Frenki“ Ignjatovic bei den „Rittern“ auf der Bank, ehe er sich von ihnen im Guten trennte und später eine Offerte der MLP Academics Heidelberg annahm. Mit Knights-Trainer Igor Perovic, den er einst nach Kirchheim vermittelte, telefoniert er mindestens zweimal pro Woche. „In den Tagen vor unserem direkten Duell reden wir halt mal nicht über Basketball, sondern über Familie und Freunde.“

Von Kirchheim spricht Ignjatovic indes voller Ehrfurcht. Was nicht unbegründet ist, denn zwei Nachverpflichtungen erwiesen sich als absolute Volltreffer. Für, wie es „Der Teckbote“ einst formulierte, „Bruder Leichtfuß“ Miryne Thomas kam mit Yasin Kolo von den Artland Dragons kurz vor dem Ende des Transferfensters ein „deutsches Schwergewicht“, das mit 125 Kilo und stattlichen 2,08 Metern unter beiden Körben aufzuräumen pflegt. Und für Aleksa Bulajic (Iserlohn Kangaroos) zieht nun Gian Aydinoglu von BBL-Club Löwen Braunschweig als Regisseur die Fäden. „Da hat mein Freund Igor richtig viel Qualität dazubekommen.“

Kolo und Aydinoglu sind nur zwei von zahlreichen herausragenden Kirchheimer Profis, die als Mannschaft die Sommer-Abgänge von Top-Scorer Michael Flowers (Antwerpen Giants), von Kayne Henry (ART Giants Düsseldorf) und von Michael Miller (PS Karlsruhe LIONS) mehr als wett gemacht haben. Regisseur Braden Norris zeichnet im Schnitt für 15 Zähler verantwortlich. Cameron Henry, den „Frenki“ Ignjatovic im Sommer gerne nach Gießen lotsen wollte, was aber nicht funktionierte, ist ein gefürchteter Schütze. Das unterstrichen seine sieben versenkten Dreier gegen Münster oder seine sechs gegen Bremerhaven.

James Graham, der aus Münster kam, sammelt wie gegen RASTA Vechta II schon mal zwölf oder wie gegen Koblenz oder die Nürnberg Falcons schon mal neun Abpraller ein. Auch Demetrius Ward, der Deutsch-Chilene Aitor Pickett oder Antonio Dorn wissen ihre Körper einzusetzen, was im Falle des Letztgenannten die EPG Guardians Koblenz ob dessen 15 weggefischten Rebounds leidvoll erfahren mussten. Da auch der ehemalige Gießener Lucas Mayer, der aus Paderborn kommend den Weg zu den Teckstädtern fand, von den vergangenen zwölf Partien elfmal zweistellig punktete, haben die Bozic Estriche Knights Kirchheim das Ringen um einen Playoff-Platz noch lange nicht aufgegeben.

Was sie auch nicht müssen, denn das Restprogramm mit Aufgaben in Düsseldorf und Dresden sowie gegen Schlusslicht Vechta II spricht nicht unbedingt gegen einen Einzug in die so lukrative K.o.-Runde. Zumal die Schwaben gut drauf sind und mit zwei Siegen bei den Eisbären Bremerhaven (63:62) und gegen die Uni Baskets Münster (96:91) anreisen. Nicht nur beim Rangdritten aus Gießen, sondern auch beim Achten aus Kirchheim hat vier Spieltage vor dem Ende der Hauptrunde das Rechnen begonnen …

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