Eine spannende Zeit liegt hinter Shawan Robinson, einem von bislang vier Neuzugängen im Team der GIESSEN 46ers. Seit rund einem Monat ist der US-Amerikaner stolzer Besitzer eines Hauses in Raleigh, der rund 360.000 Einwohner zählenden Hauptstadt des US-Bundesstaates North Carolina. Nun gilt es ja von jeher als völlig normal, dass die große Mehrheit der US-amerikanischen Bevölkerung in ihren eigenen vier Wänden lebt. Doch ein großer Schritt im Leben bleibt der Kauf eines Eigenheimes auch im Land der angeblich unbegrenzten Möglichkeiten allemal. Erst recht für einen 23-Jährigen. Für Robinson jedenfalls war der Hauskauf der „größte Nervenkitzel, den ich abseits des Sports bislang erlebt habe“.
Hoffentlich gleichfalls aufregende Wochen und Monate erwarten den 1,87 m großen Combo-Guard (einsetzbar auf den Positionen eins und zwei), wenn er in Bälde an seiner neuen Wirkungsstätte im Herzen Mittelhessens eintreffen wird. Für Robinson der nächste Schritt auf der Karriereleiter, nachdem er in der letzten Spielzeit in der im Vergleich zur deutschen BBL schwächer einzuschätzenden Britischen Basketball-Liga (BBL) für die Newcastle Eagles auf Korbjagd gegangen war. Mit durchschnittlich 15,3 erzielten Punkten pro Spiel zählte er zu den absoluten Leistungsträgern der „Adler“, die sich am Ende durch einen Sieg im Play-Off-Finale gegen die Scottish Rocks die Meisterschaft sicherten.
„Ich habe eine anständige Saison gespielt und denke, dass ich auf dem Feld mit allen Schwierigkeiten zurecht gekommen bin. Dass ich während meiner Collegezeit in der besten Conference der NCAA gespielt habe und auf viele heutige NBA-Spieler getroffen bin, hat mir dabei sehr geholfen“, blickt Robinson, der von 2002 bis 2006 in der Atlantic Coast Conference (ACC) der nordamerikanischen College-Liga NCAA für die Universität von Clemson gespielt hatte, auf sein erstes Profijahr zurück. Lediglich die Erfahrung, einen Head Coach zu haben, der zugleich auch noch als Spieler auf dem Feld agiert, habe eine große Umstellung erfordert.
Nun also der Wechsel nach Deutschland, zum Bundesliga-Urgestein nach Giessen. Natürlich wegen Thorsten Leibenath, den Robinson während seiner Zeit in der britischen Liga kennen- und schätzengelernt hat: „Meinem neuen Coach Thorsten Leibenath vertraue ich vollkommen. Bei den Scottish Rocks hat er einen großartigen Job gemacht. Die Raumverteilung, die bei den Angriffen der Rocks zu sehen war, hat mir gefallen. Die Mannschaft hat sich auf dem Feld als wirkliches Team präsentiert, alle haben miteinander gespielt.“
Leibenath verstehe es, seine Spieler zu motivieren. „Den Spielern der Rocks war anzusehen, dass sie Spaß an dem haben, was sie tun. Jetzt, da ich den Coach noch besser kenngelernt habe, wir uns über so vieles unterhalten haben und er mir dabei zum Beispiel erzählt hat, dass die Fans hier während der Partien wesentlich intensiver mitgehen als in England, kann ich gar nicht mehr abwarten, dass es endlich los geht. Ich werde mein Bestmögliches dazu beitragen, dass die 46ers so viele Spiele wie möglich gewinnen und in die Play-Offs kommen“, freut sich der im rund 300 Kilometer westlich von Raleigh gelegenen Städtchen Boone geborene Robinson ungemein auf die neue Herausforderung in Deutschland.
Über den Sommer hinweg hat der 46ers-Neuzugang neben dem Hauskauf schon einiges dafür getan, dass er in der für ihn neuen Liga genau so brillieren kann wie bei seinen Auftritten auf der britischen Insel. Wer Shawan Robinson als einem vom Basketball besessenen Zeitgenossen bezeichnet, dürfte den sprichwörtlichen Nagel wohl ziemlich genau auf den Kopf treffen. Unmittelbar nach seiner Rückkehr in die USA im Mai war der Clemson-Absolvent schon wieder nahezu täglich in Pick-up-Spielen auf den Basketballfeldern North Carolinas anzutreffen. Nur 14 Tage nach Beendigung seines England-Gastspiels begann er damit, Gewichte zu heben und regelmäßig vier Mal in der Woche zu laufen. An der North Carolina State University in Raleigh hält sich das im September 24 Jahre alt werdende Energiebündel seitdem Tag für Tag mit Basketballeinheiten fit.
Mit dabei sind seine Kumpels von früher, die heute entweder noch aufs College gehen oder wie Robinson schon die Profilaufbahn eingeschlagen haben. Wie etwa Jonathan Moore, der bei der TBB Trier einen Zweijahresvertrag erhalten hat. Auch der ebenfalls in North Carolina aufgewachsene Corey Rouse ist für Robinson kein Unbekannter. „Ich kenne Corey schon seit langer Zeit. Wir haben in der Vergangenheit bei vielen Gelegenheiten zusammen gespielt. Er bringt viel Können und eine große Athletik mit und ist ein großer Gewinn für die 46ers. Ich freue mich darauf, mit ihm in einem Team zu spielen“, so Robinson über den 2,03 m großen Power Forward, dessen Vertragsunterzeichnung bei den GIESSEN 46ers wenige Tage vor der von Robinson erfolgte.
Sein basketballerisches Talent wurde Shawan Robinson schon in die Wiege gelegt. Vater Darryl, der im August seinen 50. Geburtstag feiert, war ein herausragender Collegespieler, der 1979 beim NBA-Draft in der vierten von damals noch zehn Auswahlrunden von den Portland Trailblazers gezogen wurde, anschließend den Sprung in die NBA aber doch nicht schaffte und schließlich als Profi unter anderem in Israel sein Geld verdiente. Als Sohnemann Shawan im Basketballteam der Leesville Road High School in Raleigh spielte (einmal sogar vor einer fünfstelligen Zuschauerkulisse!), stand Vater Darryl als Coach an der Seitenlinie. „Mein Dad ist mein bester Freund. Er kennt das Spiel aus allen Perspektiven und weiß immer genau, wie ich mich fühle. Die Ratschläge und Aufmunterungen, die er mir in den letzten Jahren gegeben hat und auch heute immer noch gibt, bedeuten mir sehr, sehr viel und geben mir Kraft.“
In seiner Spielübersicht und seinem Gefühl für das Spiel sieht der 46ers-Neuzugang seine größten Stärken. In Newcastle lag seine Trefferquote aus dem Feld bei 46,7 Prozent, aus dem Dreipunktbereich netzte er 37,2 Prozent seiner Wurfversuche ein. „Ich kann ziemlich gut werfen, würde mich alles in allem als einen uneigennützigen Scorer bezeichnen, wenn es denn so etwas geben sollte“, meint Robinson, der selbstkritisch hinzufügt, dass er sich noch in allen Aspekten seines Spiels verbessern muss.
Wenn es mit der professionellen Basketballkarriere nicht geklappt hätte, wäre der Mann aus North Carolina wohl auch problemlos als Lehrer an den Schulen seines Heimatlandes untergekommen. Als erster Clemson-Basketballer überhaupt schaffte es Robinson, in jedem seiner vier Collegejahre in die „Atlantic Coast Conference All-Academic-Selection“ berufen zu werden, für die ausschließlich Studenten nominiert werden, die im sportlichen und im akademischen Bereich mit überdurchschnittlich guten Leistungen glänzen. Kein Wunder, dass er sofort nach seinem erfolgreichen College-Abschluss im Fach Grundschulerziehung einen Job angeboten bekam. „Ich habe das aber abgelehnt. Basketballprofi zu werden war schon immer mein Ziel. Das wollte ich unbedingt. Wenn ich als Spieler irgendwann mal aufhöre, kann ich immer noch als Lehrer arbeiten“, erklärt der US-Amerikaner, für den mit dem in dieser Woche über die Bühne gehenden Umzug in sein neues Zuhause in Raleigh und Anfang August mit dem Flug nach Deutschland binnen kurzer Zeit gleich zwei neue Lebenskapitel beginnen.
Shawan Robinson
Spitzname: Wan
Position: Guard (1/2)
Geboren: 07.09.1983 in Boone, North Carolina (USA)
Nationalität: US-Amerikanisch
Größe: 187 cm
Gewicht: 83 kg
Eltern: Nancy, Darryl
Schwester: Joy
Stationen: Newcastle Eagles (BBL/England, 2006/2007), University of Clemson (NCAA/USA, 2002-2006), Leesville Road High School
im Team seit: 2007
Vertrag bis: 2008