Gehen wir einmal davon aus, dass sich der Kreis der Leser der Hall-of-fame Würdigungen eher in der Kategorie der Ü-30 bis U-100 liegt, dann dürfte an dieser Stelle der Name Michael Stich kein nicht wissendes Stirnrunzeln hervorrufen. Stich, der große Antipode des deutschen Tennis-Superstars Boris Becker ruft auch in der Rückschau auf die 80er Jahre bei jedem Freund des ehedem weißen Sports ein Zungeschnalzen hervor. Er gewann zwar nicht ganz so viele Titel wie Bumm-Bumm-Boris. Aber er spielte sein Tennis mit einer derartigen Eleganz und scheinbaren Leichtigkeit, dass das Zuschauen immer ein Genuss war.
Mit Fug und Recht kann Gleiches im Basketball von dem Gießener Dr. Karl „Kalli“ Ampt gesagt werden. Der heutige 56-jährige Zahnarzt mit eigener Praxis am Marktplatz kam als 18-jähriger Juniorenmeister in die damals erste Mannschaft des MTV 1846 Gießen und schaffte gleich im Rookiejahr 1968 seinen erste Titelgewinn. Kalli Ampt galt bis zu den Olympischen Spielen von 1972 als einer der besten deutschen Flügelspieler, wobei neben seiner Spielintelligenz und Schlitzohrigkeit die Eleganz faszinierte, mit der den Ball behandelte, zum Schuss hochstieg, durch die gegnerische Verteidigung zog.
Bei den Olympischen Spielen in München überzeugte der Gießener und fand auch in der überregionalen Presse Beachtung. So schrieb die „Süddeutsche Zeitung“ nach einem Spiel gegen Australien, dass Ampt als einziger deutscher Spieler den überragenden Palubinskas habe erfolgreich verteidigen können. Aber nicht nur die Gießener Basketballer, auch „Freak-City“ Bamberg erinnert sich gerne an den Basketballer Karl Ampt zurück. Zum damaligen FC Bamberg zog es den frisch examinierten Zahnarzt Anfang der Siebziger, der Bamberg nicht nur zweitbester deutscher Korbjäger der Liga wurde, sondern an der Regnitz wie zuvor schon in seiner hessischen Heimat auch abseits des Spielfeldes auffiel. Die Bamberger Lokalpresse lobte ihn bei seinem Abschied als „Sportsmann vom Scheitel bis zur Sohle.“
Um so bedauerlicher war es, dass der Abschied vom Hall-of-Famer Kalli Ampt bei seinem MTV 1846 Gießen schließlich wenig erfreulich verlief. Mit Meistertrainer Prof. Dr. Hannes Neumann fand Ampt in der Saison 77/78 nie eine harmonische Arbeitsgrundlage. Kurz vor Ende der Saison kam es zum Eklat. Der „große Individualist“ (Didi Kienast über Karl Ampt) verließ nach einer Auseinandersetzung vorzeitig das Training. Trainer Neumann suspendierte daraufhin den sportlich nach wie vor kaum ersetzbaren ehemaligen 60-fachen Nationalspieler. Das bedeutete das plötzliche Ende der herausragenden Basketball-Karriere eines der vielleicht elegantesten Spielers des MTV 1846 Gießen.
Text: Wolfgang Lehmann