„Koblenz ist kein Abstiegskandidat“

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Das Donnerstag-Duell am Deutschen Eck ist für 46ers-Cheftrainer „Frenki“ Ignjatovic kein Selbstläufer.

Bisweilen kann es im Training auch mal krachen. Nach der Video-Vorbereitung auf den nächsten Gegner hatten sich ein paar Profis in der Osthalle noch zu einem kleinen Plausch zusammengefunden, statt den Ball zu bewegen. Was „Frenki“ Ignjatovic überhaupt nicht gefiel. Dann könne er Roter Stern ja auch live schauen, statt in der Nacht als Aufzeichnung, ließ der Cheftrainer der GIESSEN 46ers seine Jungs lautstark wissen. Er gedenke nicht, den Abend sinnfrei auslaufen zu lassen. „Erst die Arbeit, dann das Vergnügen!“ Einen Schlendrian, und dauere er auch nur wenige Augenblicke, dulde er nicht. Schließlich stehe das nächste Match vor der Tür. „Es muss also heißen: Voller Fokus auf den kommenden Gegner.“ Der am 22. Spieltag der BARMER 2. Basketball-Bundesliga ProA am Donnerstag (19.30 Uhr) auswärts EPG Guardians Koblenz heißt. 

Auch wenn das Phrasenschwein nach einem Heiermann verlangt: Im ausgeglichensten Unterhaus aller Zeiten gibt es keine leichten Partien. Auch nicht, wenn der Vierte beim Sechzehnten gastiert. Einem Team also, das nur noch die Artland Dragons, die am Sonntag (16 Uhr) an der Lahn gastieren, und RASTA Vechta II hinter sich weiß. „Das wird eine schwere und interessante Aufgabe zugleich“, freut sich Branislav Ignjatovic auf das Duell beim Team seines guten Freundes Marco van den Berg, dem Ehemann der ehemaligen Bundesfamilien-, Bundesjustiz- und Bundesarbeitsministerin Katarina Barley, die derzeit die SPD als Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments in Straßburg vertritt. 

„Koblenz ist für mich kein Abstiegskandidat und das Match deshalb auch kein Selbstläufer. Sie haben Qualitäten, die wir allerdings kennen und denen wir zu begegnen haben“, verspricht der 46ers-Übungsleiter seinem Kollegen in dessen EPG-Arena einen heißen Tanz. Einen, „bei dem unsere Leistung über den Ausgang der Partie entscheidet und nicht die unseres Gegners. Wir haben unseren Job zu machen, gut zu verteidigen, deren pfeilschnellen Guards die Lust am Spiel zu nehmen und beim Thema Offensivrebound eine gute Arbeitsmoral zu zeigen“, fasst Ignjatovic die Aufgaben, die seine Jungs unterhalb der Festung Ehrenbreitstein erwarten, prägnant zusammen. Um zu ergänzen: „Wichtig ist mir, eine Entwicklung in meiner Mannschaft zu sehen.“ 

Mit drei Erfolgen bei einer Niederlage in der Rückrunde sind die GIESSEN 46ers einem guten Weg, auf exakt dem gleichen wie vor einem Jahr. Mit insgesamt 14:7-Siegen stehen sie sogar besser da als vor zwei Runden, als sie am Ende ins Playoff-Halbfinale eingezogen sind. In die Glaskugel möchte der Deutsch-Serbe nicht schauen, wenngleich der Februar verlockend wirkt. Erst nach Koblenz, dann zwei Heimspiele gegen Quakenbrück und Hagen: Die Fans, die Rückkehrer Nico Brauner beim 96:81 gegen Bochum mit tosendem Beifall bedachten, haben längst realisiert, dass sich Gießen vor der Crunchtime der Spielzeit 2024/25 oben festsetzen möchte – und kann. 

Wenn da nicht Berufs-Skeptiker „Frenki“ Ignjatovic wäre, der darauf verweist, dass die „Wächter“ vom Deutschen Eck „an einem guten Tag jeden schlagen können.“ Was beispielsweise die Tigers Tübingen bei deren 73:80-Niederlage am Zusammenfluss von Rhein und Mosel schon leidvoll erfahren mussten.

Das Prunkstück der Guardians sind die Pointguards, von denen Ty Cockfield gerade seinen Vertrag verlängert hat. Der Mann aus Gainesville/Georgia besticht mit im Schnitt fast 20 Punkten. Zuletzt gegen Bayreuth waren es gar 34. Nur einmal in seinen bisher 16 Partien scorte Cockfield nicht zweistellig – beim 56:95 kurz vor Weihnachten in Gießen waren es nur neun Zähler. 

Unterstützung hat der US-Boy inzwischen durch seinen Landsmann Brandon Averette erhalten, der nach nur vier Wochen in Düsseldorf Rhein-aufwärts gewechselt ist. Der 27-Jährige legte beim 71:79 in Kirchheim gleich mal 22 Punkte auf; und dies in nur 24 Minuten. Da auch Michael Bradley ein Match zu lenken weiß und immer mal wieder für drei Dreier gut ist, ist der Koblenzer Aufbau aus Sicht von „Frenki“ Ignjatovic die größte Waffe der Guardians, die allerdings gegen Gießen noch nie erfolgreich waren.

Im Gegensatz zum Hinspiel steht mit dem Ex-Chemnitzer Dominique Johnson ein Mann wieder zur Verfügung, der ebenso wie Leon Friederici immer zweistellig zu punkten weiß. Unter beiden Brettern räumt für gewöhnlich Moses Pölking auf, der schon mal zweistellig Rebounds einzusammeln pflegt. Und auf den Flügeln macht Kasey Draper Dampf, so dass „Frenki“ Ignjatovic warnt: „Die Mannschaft hat Potenzial, der Standort hat Potenzial. Wir werden von Koblenz noch zu hören bekommen.“

Am besten aber erst nach dem 46ers-Gastspiel in der nach Mainz und Ludwigshafen drittgrößten Stadt in Rheinland-Pfalz, in die Gießen mit voller Kapelle reist. Also auch wieder mit dem 18 Partien lang verletzten Kanadier Aiden Warnholtz, der am Dienstag anlässlich seines 25. Geburtstages in der Kabine eine Runde Donuts spendierte. Vielleicht waren seine Mitspieler auch deshalb ein wenig abgelenkt …

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