LTi 46ers verlassen Abstiegsränge

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3790 Basketballfans erlebten am Samstag in der Sporthalle Ost einen dieser Abende, die ruhig auch ein wenig länger dauern könnten. Schon wenige Minuten vor Spielbeginn herrschte eine fantastische Stimmung in Gießens “Gudd Stubb”, als die Mitglieder der Meistermannschaft von 1978, die an diesem Wochenende ein Wiedersehen feiert, im Scheinwerferlicht nacheinander auf das Parkett gelaufen kamen – begleitet von stehenden Ovationen des Publikums. 

Als sich die Spieler und Trainer Hannes Neumann – genau wie nach dem Erhalt des Meisterschildes vor nunmehr fast 31 Jahren – unter dem Blitzlichtgewitter der Fotografen zu einem Teambild im Mittelkreis versammelten und die Fans dazu lautstark “Deutscher Meister wird nur der M-T-V” und “Hier regiert der M-T-V” intonierten, lief es einem heiß und kalt den Rücken herunter.

Nach ihrem Aufmarsch bekamen die alten Gießener Basketball-Helden eine starke Leistung ihrer “Enkel” zu sehen: Die LTi 46ers gewannen gegen die zuletzt im Aufwind befindlichen WALTER Tigers Tübingen nach einer alles in allem überzeugenden Vorstellung mit 82:70 (16:21, 25:12, 27:18, 14:19) und verließen damit die Abstiegsränge. Als nunmehr 16. (14:28 Punkte), konnte der Rückstand auf die in der Tabelle davor platzierten Tübinger sowie die am Samstagabend abermals nicht siegreichen Mannschaften aus Quakenbrück und Nördlingen (alle 16:26) halbiert werden.

Angeführt von einem von Beginn an blendend aufgelegten Heiko Schaffartzik lagen die Gastgeber nach sieben Minuten mit 14:13 in Führung. Schaffartzik hatte bis dahin sechs Punkte erzielt (darunter ein Vier-Punkte-Spiel – Dreier mit Foul und Bonusfreiwurf zum 6:5/3.), darüber hinaus drei Assists verteilt und bereits in der vierten Minute das zweite persönliche Foul von Gäste-Center Rasko Katic gezogen. Der 2,08m große Topscorer und beste Rebounder des Tübinger Teams wurde kurz darauf von Tigers-Trainer Tolga Öngören für den Rest des Viertels auf die Bank beordert. Trotzdem schafften es die von rund 100 mitgereisten Anhängern unterstützen Tübinger, das Momentum auf ihre Seite zu ziehen. Die nach drei Siegen aus den letzten vier Spielen mit mächtig viel Selbstvertrauen auftretenden Schwaben verteidigten in dieser Phase aggressiver als die Hausherren und verleiteten den in der siebten Minute ins Spiel gekommenen Ricky Hickman zu drei Ballverlusten innerhalb von weniger als vier Minuten. Tübingen zog auf 21:14 davon, in der Schlusssekunde von Viertel eins sorgte Maurice Jeffers mit einem Zieher für das 16:21.

Nach dem 17:23 (11.) übernahmen dann aber die Gastgeber das Ruder. Unter den Brettern dominierte in Abwesenheit von Katic nun Corey Rouse, der neun seiner am Ende 13 Punkte im zweiten Abschnitt sammelte und zudem vier Rebounds (davon drei am offensiven Brett) abgriff. Beim 24:23 durch einen im Schnellangriff nach Vorarbeit von Hickman genommenen Dreier von Michael Umeh lagen die Mittelhessen wieder vorne (13.). Und diese Führung sollten sie in der restlichen Spielzeit nicht mehr aus der Hand geben. Nach dem 34:29 durch ein Drei-Punkte-Spiel von Rouse (17.) kam Katic wieder in die Partie. Lange blieb der Tigers-Center aber nicht auf dem Feld: Die Gäste verkürzten auf 33:34 (18.), mussten dann aber einen Korb von “Flo” Hartenstein hinnehmen, der sich am Brett gegen Katic durchtankte, per Lay-up zum 36:33 abschloss und dem Serben dabei auch noch dessen drittes Foul anhängte (19.) – Öngören wechselte Katic sofort danach wieder aus. Die Zeit bis zur Halbzeit gehörte dann Ricky Hickman: Der Back-up-Pointguard klaute zunächst seinem Widerpart Branislav Ratkovica das Spielgerät, um dann im Eiltempo in Richtung des gegnerischen Korbes zu enteilen. Sein Lay-up-Versuch im Fastbreak konnte von Ratkovica nur per Foul gestoppt werden. Nach zwei erfolgreichen Freiwurfversuchen und einem Tübinger Ballverlust war es dann erneut der 25-jährige Hickman, der in der Schlussminute des zweiten Viertels per Dreier zum 41:33-Halbzeitstand traf.

Nach der Pause das gleiche Bild: Nach einem quälend langen Angriff der Gäste, die sich in dieser Sequenz drei Offensivrebounds sicherten, beging Katic in Minute 22 sein viertes Foul (illegaler Block gegen Rouse). Der Center wurde von Öngören jedoch auf dem Feld gelassen. Die Gastgeber behielten das Spiel dennoch im Griff. Hartenstein hatte Katic ebenso gut unter Kontrolle wie die anderen 46ers-Akteure ihre Gegenspieler und im Angriff traf die Gießener Fünf nun die besseren Entscheidungen. Auch schwierige Würfe, wie der Dreier von Heiko Schaffartzik aus rund acht Metern Entfernung zum Korb, fanden ihr Ziel (48:37/24.). Darüber hinaus punkteten die Umeh, Jeffers & Co. nach Schnellangriffen. Nach Fouls traf man hochprozentig von der Freiwurflinie (55:42/Schaffartzik, 26.). Irgendwann lief’s dann wie am Schnürchen: Ein sehenswerter Hartenstein-Move unter dem gegnerischen Korb landete ebenso in selbigem (59:42/27.) wie ein Dreier von Hickman, der in dieser Situation von Katic verteidigt wurde (64:47/28.). Nachdem Schaffartzik bei einem weiteren Dreierversuch von Ratkovica gefoult wurde und alle drei fälligen Freiwürfe im Korb unterbringen konnte, betrug der Vorsprung 20 Zähler (67:47/29.). Im Gegenangriff kassierte der kurz zuvor eingewechselte Robert Maras im Duell mit Katic sein fünftes Foul – für Maras brachte 46ers-Coach “Vladi” Bogojevic wieder “Flo” Hartenstein aufs Feld. Der zog prompt das fünfte Foul von Tübingens Branislav Ratkovica. Mit einem 68:51 aus Sicht der Gastgeber ging es ins letzte Viertel.

Dort wurde es nach einem technischen Foul gegen Tigers-Guard Jermaine Anderson (69:51, Hickman 1 von 2 von der Linie) aber doch nochmal ein wenig brenzlig für die Gießener. Was zum einen an den Tübingern lag, die ihre Intensität in der Verteidigung nochmals zu steigern vermochten und die LTi 46ers in dieser Phase zu schweren Würfen zwangen, andererseits aber auch durch bei den Gastgebern auftretende Unkonzentriertheiten bedingt war. So schaffte der bei einem Dreier von AJ Moye gefoulte Ricky Hickman das Kunststück, keinen seiner drei Freiwürfe im Korb unterzubringen. Das Gießener Team musste nun das foulbedingte Ausscheiden von “Flo” Hartenstein (33.) und Corey Rouse (34.) und den 58:69-Anschluss der Tigers hinnehmen. Als der nun von Gerrit Terdenge verteidigte Katic einen “Einfachen” aus der Nahdistanz vergeigte und Maurice Jeffers im Gegenzug mit der ersten Welle aus sechs Metern zum erlösenden 71:58 einnetzte (35.), Gerrit Terdenge eine halbe Minute später nach einem weiteren Schnellangriff per Tip-in zum 73:58 traf, war der Widerstand bei den Gästen gebrochen. Nach einem Dunk von Maurice Jeffers nach wunderschönem Pass von “Jo” Lischka war die Entscheidung gefallen (75:58/36.). Ein klasse Dreier von Michael Umeh “ins Gesicht” von Jay Thomas zum 78:61 (37.) und (finally) das fünfte Foul von Rasko Katic (offensiv im Clinch mit Terdenge) trugen dazu bei, dass sich an der großartigen Stimmung auf den Rängen trotz eines die Partie beschließenden 11:4-Laufs der Gäste nichts mehr änderte.

Trainerstimmen:

Vladimir Bogojevic (Head Coach LTi 46ers): „Wir haben das Spiel nicht so gut begonnen, aber die nötige Intensität an den Tag gelegt, so dass wir irgendwann die Möglichkeit erhalten haben, auf eine positive Welle zu kommen. Das Tübinger Team ist von Eins bis Fünf sehr gut besetzt und mit breiter Brust nach Gießen gekommen. Man muss es erstmal schaffen, dieses Team zu stoppen. Uns war klar, dass das heute kein Selbstläufer wird.

Ich war sehr emotionalisiert von dem Einlauf der 78er-Meistermannschaft. Das war sehr ergreifend. Hannes Neumann war der Erste, der mich damals zu Beginn meiner Karriere in der Ersten Mannschaft aufgestellt und spielen lassen hat. Bei “Matzi” Strauss war ich in Berlin zur Zahnbehandlung gewesen. Für mich war das ein positives, schönes Ereignis, das ich selber erstmal verdauen musste und ich vermute, dass ich das am Spielbeginn ein bisschen auf die Mannschaft übertragen habe. Als ich mich dann beruhigt hatte, haben wir auch angefangen besser zu spielen.

Glückwunsch an meine Mannschaft. Trotz einiger Schönheitsfehler, vor allem im letzten Viertel, haben wir uns mit drei ‚Großen’ auf der Bank nicht so schlecht aus der Affäre gezogen. Wir haben die Partie ab der zehnten, elften Minute unter Kontrolle gehabt und einen verdienten Sieg eingefahren, auch wenn die 22 Offensivrebounds von Tübingen das Ganze ein wenig trüben.

Aber es ist natürlich auch sehr schwierig, gegen so ein gutes Duo wie Katic und Haynes unter dem Korb zu spielen. Katic ist momentan der beste Center in der Liga. Ich habe in den letzten Wochen in der Liga keinen gesehen, der ihm das Wasser reichen kann. Er bringt eine große Physis aufs Parkett und hat einen guten Lauf. Dementsprechend mussten wir heute unter dem Korb sehr physisch und mit viel Kampf zu Werke gehen. Da fehlt dann natürlich auch mal ein wenig die Konzentration und auch die Kraft, das auch bis zur 24. Sekunde der gegnerischen Angriffsuhr voll durchzuziehen. Gerade wenn der Gegner dann noch 22 Rebounds am offensiven Brett abgreift und man immer wieder aufs Neue verteidigen muss, lassen die Kräfte naturgemäß irgendwann mal nach. Nichtsdestotrotz haben wir uns aber auch in den schwierigen Phasen aufgerafft und alles in allem eine sehr ordentliche Leistung gezeigt.“

Tolga Öngören (Head Coach WALTER Tigers Tübingen: „Gießen hat es heute mehr verdient das Spiel zu gewinnen als wir. Wir haben das Spiel und die Zuschauer nicht kontrollieren können und auch unsere Nerven, wenn auch nur einige wenige Male, nicht richtig im Griff gehabt. In wichtigen Phasen haben wir offensiv wie defensiv einige Aktionen schlecht ausgeführt. Als wir beispielsweise darum gekämpft haben, zurück ins Spiel zu kommen, sind uns zwei Fehler unterlaufen, die zu einfachen Fastbreakpunkten von Gießen geführt haben.

Rasko Katic war in Foulproblemen und Michael Haynes ist mit sechs, sieben Stichen genäht worden, das hat uns auf den großen Positionen schon etwas genervt. Deshalb hat Mirko Anastasov zum ersten Mal in dieser Saison so lange auf dem Parkett gestanden. Er ist noch jung und noch nicht so erfahren, hat aber einen guten Job gemacht. Wir haben fünf Gießener Spielern zweistellige Punktewerte erlaubt. Das ist auswärts zu viel, wenn man offensiv so einen schlechten Tag erwischt wie wir heute.“

Punkteverteilung:

LTi 46ers: Jeffers (17), Umeh (10), Terdenge (2), Hickman (10), Lischka (5), Maras (0), Rouse (13), Freese (n. e.), Schaffartzik (20), Hartenstein (5).
WT Tübingen: Unger (n. e.), Ratkovica (4), Thomas (3), Katic (20), Haynes (7), Anastasov (2), Chaney (1), Moye (14), Williams (2), Anderson (17).

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