Für die LTi GIESSEN 46ers wird die Luft im Abstiegskampf immer dünner: In einem packenden Abstiegskrimi musste sich der Basketball-Bundesligist von der Lahn im Nachholspiel am Gründonnerstag dem ärgsten Rivalen um den rettenden Nichtabstiegskampf, Köln 99ers, nach Verlängerung mit 66:73 (26:24) geschlagen geben.
Sowohl Spieler und Trainer als auch die Anhänger und LTi 46ers-Verantwortlichen werden in den nächsten Wochen nun auf eine echte Nervenprobe gestellt. Denn wenngleich die Chance auf den Klassenerhalt wieder deutlich gesunken ist, so ist noch nicht aller Tage Abend. Auf dem Restprogramm der Mittelhessen stehen noch TBB Trier, Brose Baskets Bamberg, Deutsche Bank Skyliners, New Yorker Phantoms Braunschweig und Giants Düsseldorf.
Auch LTi 46ers Head Coach Vladimir Bogojevic gab sich während der Pressekonferenz kämpferisch und übertrug seinen Optimismus auf die anwesenden Lokaljournalisten: „Die ganze Halle wurde in den Schlusssekunden merklich leiser. Nichtsdestotrotz geht es für uns jetzt weiter. Ich bin nicht bereit, die Saison hier und jetzt aufzugeben. Mit erhobenem Hauptes können wir da am Montag hinfahren. Möglicherweise tut es uns auch jetzt gut, dass das nächste Spiel schon am Montag ist.“ Bis dahin heißt es aber „regenerieren, regenerieren und nochmals regenerieren“, so der Head Coach beim Verlassen des Presseraums.
Bereits vor dem eigentlichen Beginn des „Showdown“ ging es sehr emotional zu. Im Rahmen des Vorprogramms wurde der Anfang Mai letzten Jahres herausgekommene Basketball-Dokumentarfilm „FÜNF“ (5) im Foyer der Sporthalle Gießen-Ost auf Großleinwand, die von der Firma Flashlight aus Marburg zur Verfügung gestellt hatte, gezeigt. Das von der Heuchelheimer Medienagentur und Produktionsfirma media tools, einem Top-Partner der LTi 46ers, unentgeltlich produzierte 90-minütige Werk über das legendäre fünfte Spiel der Play-Off-Viertelfinalserie 2004/2005 zwischen RheinEnergie Köln und den GIESSEN 46ers wurde seinerzeit im Roxy-Kino am Gießener Ludwigsplatz aufgeführt.
Eine vergleichbar ähnliche Stimmung herrschte wenige Minuten später in der Sporthalle Ost. 3.920 überwiegend rot-weiß gekleidete Zuschauer erwarteten sehnsuchtsvoll den Tip-Off des „Spiel des Jahres“, wie 46ers-Geschäftsführer Syring dieses Nachholspiel im Vorfeld bezeichnet hatte.
Die Gastgeber schienen von Beginn an zutiefst konzentriert und engagiert in das Spiel zu gehen. Jeder Einzelne auf den Rängen konnte spüren, dass die Mannschaft gewillt war, dieses wichtige Spiel zu gewinnen und damit den Klassenerhalt zu sichern. Vor allem „Mike“ Umeh, mit 18 Punkten erneut Topscorer bei den Mittelhessen, sprühte förmlich vor Energie und Wille und ließ immer wieder an seiner Mimik und Gestik erkennen, dass er gekommen war, um das Spiel für sich zu entscheiden. So war es ihm auch vorbehalten, die ersten Punkte für die Hausherren zu markieren und für eine erste 5:0-Führung (3.) zu sorgen. Köln trat bis dahin sehr nervös auf und leistete sich in der Anfangsphase in Person von Stevan Milosevic unnötige Fang- und Schrittfehler. Nach zwei erfolgreichen Freiwürfen von Tibor Pleiß kamen die Kölner Gäste dann jedoch immer besser ins Spiel. Ein offener Schlagabtausch war die Folge, der bis zur Viertelpause vorerst unentschieden (11:11) endete.
Ähnlich ausgeglichen und spannend verlief der zweite Durchgang. Keine der beiden Mannschaften konnte sich richtig absetzen und einen sicheren Vorsprung herausspielen. Niemand schenkte sich etwas. Auf beiden Seiten wurde knüppelhart verteidigt, jedem Ball nachgehechtet. Ein Kellerduell nach Maß, das durch die vielen Turnovers (14:14) und damit ständigen Ballbesitzwechsel an Dramatik und Brisanz weiterzunahm. Eine unterirdische Wurfquote von jenseits der 6,25m-Linie auf beiden Seiten (14 % für die Hausherren, ganze 8 % für die Gäste aus Köln) setzte dem das I-Tüpfelchen auf. Lediglich 46ers-Guard Heiko Schaffartzik konnte zwischendurch immer wieder seine spektakulären Jump Shots aus dem Dribbling und vor dem Gegner einstreuen und für kurzzeitige Begeisterung auf den 46ers-Rängen sorgen – in einem generell sehr punktarmen und sportlich nicht immer schön anzusehenden Basketballbundesligaspiel. Mit einem knappen 26:24-Vorsprung rettete sich die Bogojevic-Truppe schließlich in die Halbzeitpause.
Kaum hatte die zweite Halbzeit begonnen, mussten die Gießener Hausherren schon den 26:26-Ausgleich (22.) durch Jeremy Hunt hinnehmen. Dass schien Umeh und Co. jedoch nicht zu beeindrucken – im Gegenteil: ihre prompte Antwort war ein vier-Punkte-Lauf von „Mike“ Umeh und „Jo“ Lischka zum 30:26. Trotz des nun glänzend aufgelegten Kölner Spielers Edin Bavcic, der die Dreierflaute für seine Mannschaft beendete und innerhalb weniger Minuten vier Dreier in Folge traf, konnten sich die Gastgeber erstmals in der Partie ein wenig absetzen und das dritte Viertel mit 42:34 für sich entscheiden.
Aber das finale Viertel stand noch bevor und einmal mehr in dieser Saison zeigten die 46ers-Mannen in den letzten zehn Minuten ihre große Schwäche. Edin Bavcic eröffnete den Schlussabschnitt mit zwei erfolgreichen Dreipunktewürfen in Folge, wodurch die Kölner bereits nach drei gespielten Minuten mit einem Punkte wieder dran waren. (44:43 / 3.). Noch einmal konnte Robert Maras mit einem schön anzusehenden Halbdistanzwurf die Gäste wieder auf 46:43-Distanz bringen. Dann aber kam die Erfahrung eines „Mike“ Jordan den Kölnern zu Gute. Bis dahin recht unauffällig gewesen, übernahm er nun die Führung seiner Mannschaft und sorgte für die Wende im Spiel. Beim Stande von 54:55 und noch 20 Sekunden zu spielen trat er an die Freiwurflinie und verwandelte beide Freiwürfe zum 54:57. Nervenkitzel pur. Wenige Sekunden blieben den 46ers-Spielern noch, um den letzten Angriff erfolgreich abzuschließen. Schlitzohr Ricky Hickman ist es schließlich, der sich ans Herz fasst und zum Dreipunktewurf ansetzt. Mitten im Wurf wird er gefoult und für drei Freiwürfe an die Linie gebeten, die er sicher verwandelt. Mit 57:57 ging es in die fünfminütige Verlängerung. Ein Hoffnungsschimmer keimte wieder in der Sporthalle Ost auf. Doch die Freude war nur von kurzer Dauer. Die Kölner Mannschaft von Trainer Zoran Kukic zeigte Nerven und behielt auch in den nächsten fünf Minuten die Oberhand. Am Ende leuchtete eine bittere 66:73-Niederlage von der Anzeigetafel der Sporthalle Gießen-Ost.
Für die LTi GIESSEN 46ers geht es bereits am Ostermontag weiter in Trier, wo unbedingt der zweite Auswärtserfolg geholt werden muss, um die letzte Chance auf den Klassenerhalt zu wahren.
Stimmen zum Spiel:
LTi 46ers-Coach Vladimir Bogojevic: “Woran es am Ende gelegen hat, ist an dieser Stelle schwer zu sagen. Köln ist definitiv besser mit dem Druck umgegangen. Wir haben von Beginn an unser Glück in Einzelaktionen gesucht. Von der ersten Minute an haben wir aber sehr ordentlich verteidigt, abgesehen von den offenen Würfen von Edin Bavcic, eigentlich über die ganze Spielzeit hinweg. Aber auch Köln hat nicht unbedingt eine schlechte Mannschaft. Am Ende haben sie ihre Qualität gezeigt. Was wir uns aber vor allem vorwerfen können, ist mangelnde Cleverness, was wir leider Gottes von Spiel zu Spiel mehr unter Beweis stellen. So gesehen hat Köln das Spiel verdient gewonnen. Nichtsdestotrotz geht es für uns jetzt weiter. Ich bin nicht bereit, die Saison hier und jetzt aufzugeben. Möglicherweise tut es uns jetzt gut, dass das nächste Spiel schon am Montag ist.”
Köln 99ers-Coach Zoran Kukic: “Ich habe so ein Spiel erwartet, da es für uns ein sehr wichtiges Spiel war. Es war am Ende die Frage, wer kann besser mit dem Druck umgehen. Wir hatten Michael Jordan, das hat vielleicht den Unterschied gemacht. Er hat die Mannschaft angetrieben und gezeigt, dass er die Mannschaft führen kann. Für uns als Trainer war es ein äußerst schwieriges Spiel. Aber die Zuschauer haben es sicherlich genossen. Herzlichen Glückwünsch an mein Team. Wir haben heute von der ersten bis zur letzten Minute gekämpft.”
Punkteverteilung:
LTi GIESSEN 46ers: Umeh (18), Worthy (7), Terdenge (n.e.), Hickman (11), Lischka (12), Maras (2), Poiger (n.e.), Rouse (7), Freese (2), Schaffartzik (7), Hartenstein (0)
Köln 99ers: Jordan (18), Terrell (3), Milosevic (14), Fereti (3), Schwethelm (7), Pleiß (7), Turner (2), Hunt (4), Mostafa (n.e.), Schoo (n.e.), Bavcic (14)
Alle Bilder: Mediashots Werbefotografie