Die JobStairs GIESSEN 46ers reisen am Sonntag (15 Uhr) zur Revanche für die 69:92-Heimniederlage zu den FRAPORT SKYLINERS
Nein, zurückblicken, nachkarten, hadern, das ist nicht „Frenki“ Ignjatovics Credo. Und deshalb fällt er auch aus allen Wolken, als ihn ein guter Freund mit den Anbandelungs-Versuchen der FRAPORT SKYLINERS aus dem vergangenen Sommer konfrontiert. „Ich genieße jeden einzelnen Tag bei meinem Club, jeden einzelnen Tag mit meinen Jungs“, ist der 57-Jährige froh, seinen Vertrag an der Lahn verlängert zu haben und nicht am Main, wo mit Denis Wucherer inzwischen ein Mann mit Gießener Vergangenheit das Sagen hat, gelandet zu sein. „Die Entscheidung war die absolut richtige, ich fühle mich sauwohl.“
Es sind Worte, die ehrlich gemeint sind. Vor allem aber Worte, die einem Cheftrainer, der zum brisanten Hessenderby mit fünf Siegen im Rücken reist, leichtfallen. Wer gewinnt, tritt nun mal locker auf. Was am Sonntag im mit gut 5000 Besuchern ausverkauften Hexenkessel Süwag Energie Arena, formerly known as Ballsporthalle Höchst, in der Frankfurt am 22. Spieltag der BARMER 2. Basketball-Bundesliga ProA ab 15 Uhr die JobStairs GIESSEN 46ers empfängt, auch nötig sein wird.
Denn: Was es heißt, verkrampft aufzutreten, das haben „Frenkis“ Männer im Hinspiel am 27. Oktober schon leidvoll erfahren müssen. Übermotiviert und nervös bis in die Haarspitzen hatten sie beim ernüchternden 69:92 keine Chance, was Ignjatovic bis heute mächtig wurmt: „Das war wie ein Match einer Schulmannschaft gegen Profis“, hat der Serbe die Abreibung nicht vergessen. „Die Partie war eine richtig schwere Kost, für uns, aber auch für die Fans.“ Von denen am Sonntag rund 500 im Duell des Rangdritten gegen den Vierten, die nur zwei Punkte voneinander getrennt liegen, live dabei sein werden.
Bei der schmerzlichen Niederlage im Herbst hatten die 46ers, bei denen unter der Woche Luca Kahl erkrankt fehlte, von Beginn an keine Chance. Frankfurt dominierte beide Bretter. Duane Wilson, der nur vier seiner 13 Würfe aus dem Halbfeld versenkte, und Kapitän Robin Benzing, der eine unterirdische Trefferquote von nur 15 Prozent aufzuweisen hatte, lagen weit unter ihren Möglichkeiten. Und nur neun Assists, dafür aber 16 Turnovers, sprachen aus Gießener Sicht einst ebenfalls nicht für ein Derby, das in den Kneipen in der Ludwigstraße lange gefeiert wurde.
„Meine Jungs waren damals wie gelähmt und völlig blockiert im Kopf. Das wird sich ändern“, verspricht Branislav Ignjatovic ein „völlig anderes Auftreten meiner Mannschaft“, die nach den Erfolgen in Düsseldorf, gegen Bayreuth, gegen Bremerhaven, in Koblenz und zuletzt im Gipfel gegen Jena voller Vorfreude, vor allem aber voller Selbstvertrauen in die Bankenmetropole reist. Was auch nötig sein wird gegen einen Erstliga-Absteiger, der seit der glanzvollen Vorstellung in Gießen und danach weiteren vier Erfolgen mit den Pleiten in Jena (75:86), in Quakenbrück (76:82), gegen Hagen (81:91), in Vechta (78:96), gegen Trier (77:84) und zuletzt auch am vergangenen Samstag gegen Karlsruhe (69:80) einige herbe und unerwartete Rückschläge zu verkraften hatte und sich deshalb auf einigen Positionen personell neu ausrichtete.
Mit Ifeoluwa Joshua Ajayi verpflichteten die Skyliners einen US-Nigerianer, der mit seiner Statur, die der von Gießens Big Man Stefan Fundic gleicht, unter den Körben aufräumen soll. Der 27-Jährige war zuletzt in der zweiten türkischen Liga für Balikesir im Einsatz, spielte dort seit einer Oberschenkelverletzung aber keine Rolle mehr. Ebenfalls nicht in Gießen vorstellig waren Kevin McClain und Nolan Adekunle. McClain, ein deutsch-amerikanischer Combo-Guard, war zuletzt in Frankreich für Fos-sur-Mer aktiv und half entscheidend mit, seinen Arbeitgeber von Liga zwei in Liga eins zu befördern. Flügelspieler Adekunle wollte ursprünglich in die Bundesliga zu den Niners Chemnitz wechseln, stieg im November aber dann doch wieder unter Denis Wucherer ins Frankfurter Teamtraining ein.
Die bisher tragenden Säulen der Mainstädter waren jedoch schon zu Saisonbeginn da. Allen voran der aus Düsseldorf gekommene US-Regisseur Booker Coplin, der im Schnitt für zwölf Zähler, vier Rebounds und fünf Assists verantwortlich zeichnet. Der Kanadier Aiden Warnholtz ist ein gefürchteter Dreierschütze, der rund 40 Prozent seiner Versuche von jenseits der 6,25-Meter-Linie versenkt. Auch Cameron Henry kann an einem guten Tag zweistellig scoren. Big Man David Muenkat sammelt pro Abend rund sieben Abpraller ein, bei seinem Double-Double gegen Düsseldorf waren es gar 13. Auch Lorenz Brennecke ist eine Kante unter den Brettern und besticht mit durchschnittlich gut fünf Rebounds. Hinzu kommen mit dem ehemaligen Schwenninger Jacob Knauf sowie dem einst in Gießen aktiven Marco Völler weitere Hünen, die dem Wolkenkratzer-Establishment jederzeit wertvolle Minuten des Verschnaufens geben können.
„Frankfurt hat mit seinen Nachverpflichtungen deutlich gemacht, dass sie nach einem Jahr in der ProA wieder nach oben wollen“, weiß „Frenki“ Ignjatoivic, welcher Brocken vor der zweiwöchigen Länderspielpause auf seine Jungs wartet. Einer jedenfalls, gegen den es Revanche zu nehmen gilt. Der Serbe möchte zwar nicht lange zurückblicken, vergesslich aber ist er auch nicht …
16.02.24