Bei den GIESSEN 46ers ist eine weitere wichtige Personalentscheidung gefallen. Nachdem er in dieser Saison seine Bewährungsprobe als alleinverantwortlicher Head Coach des in der britischen Basketball-Liga (BBL) spielenden schottischen Klubs Scottish Rocks erfolgreich bestanden hat, wird Thorsten Leibenath nach Beendigung der Saison 2006/2007 bei den GIESSEN 46ers den Posten des Cheftrainers übernehmen. Der vor kurzem 32 Jahre alt gewordene gebürtige Leverkusener unterschrieb bei dem Basketball-Bundesligisten aus Mittelhessen einen Dreijahresvertrag bis zum Ende der Saison 2009/2010.
Die Basketball-Bundesliga und das Umfeld in Gießen kennt Thorsten Leibenath aus dem Effeff. Nachdem er 1999 in Lich als Assistenztrainer von Anthony Taylor mit dem Aufstieg in die Bundesliga seinen ersten großen Erfolg im Trainerbereich gefeiert hatte, erwarb er im Jahr 2000 die Trainer-A-Lizenz des Deutschen Basketball-Bundes. Im selben Jahr wechselte er zum Erstligisten nach Gießen. Bei Avitos Gießen bzw. ab 2003 den GIESSEN 46ers arbeitete er bis zu seinem Wechsel nach Schottland unter den Cheftrainern Joseph Whelton (2000 bis 2003), Chris Finch (2003/2004), Armin Andres (2004) und Stefan Koch (2004 bis 2006). Dabei zeichnete er sich durch eine sehr hohe Arbeitsbereitschaft aus. Von 2004 an gehörte Leibenath zudem dem Trainerstab der deutschen A-Nationalmannschaft an, bei dem er für die komplette Spielbeobachtung der deutschen Gegner und für das Scouting verantwortlich zeichnete.
Vor einem Jahr machte „Mr. Zuverlässig“ den logischen nächsten Schritt. Erstmals in seiner Karriere übernahm er die Cheftrainerrolle bei einem Profiklub. Im schottischen Glasgow stellte Leibenath ein sehr junges Team zusammen, das sich nach Platz vier in der Hauptrunde rechtzeitig zum Saisonhöhepunkt, den Play-Offs, in Top-Form präsentierte. Nachdem die von Leibenath gecoachten Scottish Rocks im Viertelfinale den Hauptrunden-5. Plymouth Riders und im Halbfinale das beste Team der Hauptrunde, Guildford Heat, eliminiert hatten, blieb den Rocks der ganz große Coup jedoch verwehrt. Im Endspiel unterlag man den Newcastle Eagles.
Jens Gehlhaar, im Mangement der GIESSEN 46ers für den sportlichen Bereich zuständig, zeigt sich glücklich darüber, dass man in Leibenath den Wunschkandidaten verpflichten konnte und den 46ers mit dieser wichtigen Personalie auch Kontinuität für die nächsten Jahre gesichert hat: „Wir wünschen uns Kontinuität, wollen in Zukunft noch stärker als bislang geschehen auf den Nachwuchs setzen und die 46ers endgültig zu der Marke für junge, entwicklungsfähige deutsche Spieler machen. Thorsten (Leibenath) ist dafür die Idealbesetzung. Er ist ein überaus ehrgeiziger sowie konzeptionell und perspektivisch denkender Coach und damit genau der richtige Mann für unser Vorhaben, die Zusammenarbeit mit unseren Kooperationspartnern, dem für die ProA-Division qualifizierten TV LICH und der Talentschmiede des BBLZ Mittelhessen, weiter zu festigen und auszubauen. Wir haben die Arbeit, die Thorsten in Glasgow geleistet hat, sehr genau verfolgt. Er hat dort seine basketballerische Kompetenz und seine Führungsqualitäten unter Beweis gestellt und gezeigt, dass er ein Team zusammenstellen und über die Saison hinweg formen kann. Wir kennen Thorsten aus seiner Zeit in Gießen als einen überaus ehrgeizigen und zielstrebig arbeitenden Trainer, der von morgens bis abends für den Basketball lebt. Wir sind froh darüber, in ihm jemanden bekommen zu haben, der hier in der Region seit Jahren fest verwurzelt ist und mit dem Umfeld der 46ers bestens vertraut ist. Nun wird es um die Besetzung des Assistenztrainerpostens gehen. Gemeinsam mit Thorsten Leibenath wünschen wir uns, dass Gerald Wasshuber, der in dieser Saison bei uns eine erstklassige Arbeit abgeliefert hat, dieses Amt auch in der Zukunft weiter bekleiden wird. Wir werden nun umgehend Gespräche mit ihm aufnehmen.“
Anlässlich der Vertragsunterzeichnung führte giessen46ers.de ein Gespräch mit dem zukünftigen neuen Head Coach der 46ers, Thorsten Leibenath:
Hallo Thorsten, nachträglich herzlichen Glückwunsch zur Vize-Meisterschaft in der britischen Liga. Trotz der Endspielniederlage gegen Newcastle kann die Saison rückblickend als Erfolg betrachtet werden, oder?
Thorsten Leibenath (TL): Ja, wir hatten eine erfolgreiche Saison mit Finalteilnahmen im Pokal und in den Playoffs. Es ist schade, dass wir keinen Titel geholt haben, wir waren kurz davor. Ich persönlich und die Leute im Umfeld betrachten die Saison als großen Erfolg, da wir das zweitjüngste Team in der Liga stellten und einen sehr attraktiven und teamorientierten Basketball gespielt haben.
Nach einem Jahr in Schottland kommst du nun zurück nach Gießen. Du wurdest in einer heimischen Tageszeitung vor kurzem mit den Worten zitiert, dass auch die Scottish Rocks an einer Vertragverlängerung mit dir interessiert waren. Was hat den Ausschlag für deine Rückkehr nach Gießen gegeben? Was bedeutet es dir, bei einem Bundesliga-Urgestein wie den 46ers als Head Coach arbeiten zu können und in die Fußstapfen von Leuten wie Laszlo Lakfalvi, Prof. Hannes Neumann, Günther Lindenstruth, Hans Brauer, Joseph Whelton, Stefan Koch oder dem aktuell hier tätigen Ken Scalabroni zu treten?
TL: Die Entscheidung nach Gießen zu wechseln war keine Entscheidung gegen die Scottish Rocks, denn ich hatte hier in Schottland ein tolles Jahr und ich schätze den Verein sehr. Jedoch ist Mittelhessen in den letzten 14 Jahren zu meiner zweiten Heimat geworden und besonders der Basketball in der Region ist mir ans Herz gewachsen. Es war schon lange Zeit mein Traum für die 46ers und seine Fans als Head Coach zu arbeiten. Gleichzeitig ist es eine große Ehre für mich, bei einem solch renommierten Verein mit der längsten Tradition und vielen Titeln und Nationalspielern, die sportlichen Geschicke leiten zu dürfen.
Vor deinem Wechsel nach Schottland warst du bei den 46ers sechs Jahre lang als Co-Trainer tätig. Inwieweit hat dir dein Debüt als Head Coach in der britischen Liga in deiner Entwicklung weitergeholfen, was hat dir das Jahr in Glasgow gebracht?
TL: Mein erstes Jahr als Head Coach in der britischen BBL war eine richtige und wichtige Entscheidung. Die Verantwortung, einen Kader zusammen zu stellen und diesen dann eine gesamte Saison lang sportlich zu entwickeln, war eine sehr wertvolle Erfahrung im Hinblick auf meine Zukunft. Der Umgang mit den Spielern, die taktische Ausrichtung und die entsprechende Umsetzung waren Dinge, die man nur in der Praxis erlernen kann. Die Scottish Rocks habe mir eine große Chance geboten, für die ich ihnen sehr dankbar bin.
Der Dreijahresvertrag signalisiert ja ziemlich eindeutig, dass man in Gießen längerfristig mir dir als Head Coach arbeiten möchte. Wie sehen deine Visionen für diesen Zeitraum aus, welche Philosophie soll in Gießen unter deiner Ägide verfolgt werden? Wie stellst du dir die Kooperation mit LICH als ProA-Team und dem BBLZ Mittelhessen vor? Welchen Stellenwert hat die Heranführung von Talenten an das Bundesligateam für dich?
TL: Wir wollen gemeinsam junge Spieler zu Leistungsträgern entwickeln. Es ist wichtig, dass sich unsere Fans mit der Mannschaft identifizieren können. Der Spielstil soll von großer Leidenschaft, Schnelligkeit und Intensität geprägt sein. Eines unserer Hauptziele ist es, dem interessanten Pool an talentierten Nachwuchsspielern im mittelhessischen Raum persönliche und basketballerische Chancen zu bieten. Wir werden stärker als bislang geschehen unser Jugendkonzept umsetzen und in diesem spielen das Team des TV LICH und das BBLZ tragende Rollen. Unser Wunsch ist es, die 46ers als eine der besten Adressen für deutsche Nachwuchsausbildung zu etablieren. Wir werden uns nicht nur auf die Arbeit mit den Spielern unseres Profikaders beschränken, sondern gezielt auch die jüngeren Spieler in unser Programm mit einbinden. Die Infrastruktur ist ideal, um mit Talenten perspektivisch zu arbeiten.
Skeptiker werden nach dem Bekanntwerden deiner Verpflichtung sagen, dass dir noch die Erfahrung fehlt und du wegen deines für einen Trainer noch recht jungen Alters von 32 Jahren z. B. Probleme bekommen könntest, was den Respekt der Spieler dir gegenüber anbelangt. Was entgegnest du denen?
TL: Aufgrund meiner langjährigen Arbeit als Assistenz-Trainer würde ich behaupten, die BBL gut zu kennen. Ich habe viele nützliche Kontakte zu Spielern, Trainern und Agenten aufbauen können. Aus meiner Sicht steht die Frage des Respekts nicht im direkten Zusammenhang mit meinem Alter. Ich sehe keinen Grund, warum ich einen kleinen Jungen nicht mit dem gleichen Respekt wie eine ältere Dame behandeln sollte. Wenn meine Spieler das Gefühl haben, dass ich sie kompetent und fair anleiten kann, dann werden sie mir das nötige Vertrauen entgegenbringen.
Konkret zum Team: Marco Buljevic und Rouven Roessler haben noch Verträge für die nächste Saison, im Fall von Marco sogar darüber hinaus, Gerrit Terdenge hat vor kurzem um zwei Jahre verlängert. Was hältst du von diesen drei Spielern, kannst du schon Aussagen darüber treffen, welche Akteure aus dem aktuellen Team darüber hinaus noch interessant für die nächste Saison sind oder willst du dir erstmal ein Bild hier vor Ort machen und mit den einzelnen Spielern sprechen? Inwieweit hast du die Entwicklung der 46ers in Schottland verfolgt?
TL: Ich bin sehr froh, dass wir bereits drei deutsche Spieler für die nächste Saison unter Vertrag haben. Gerrit und Rouven waren in dieser Saison wichtige Eckpfeiler des Teams und Marco hat bei seinen Einsätzen eindrucksvoll bestätigt, wie viel Potenzial in ihm steckt. Ich habe einige Spiele der 46ers gesehen und habe mich auch sonst über die Entwicklungen auf dem Laufenden gehalten, dem Internet und dem Livescore sei Dank. Mit Sicherheit sind auch weitere Spieler des aktuellen Kaders für die nächste Saison interessant, an vorderster Stelle muss man Obie Trotter nennen. Ich werde die Gelegenheit haben, mir vor Ort, auch durch persönliche Gespräche, einen Eindruck zu verschaffen.
Wann wirst du nach Gießen zurückkommen? Wann beginnt deine Arbeitszeit bei den 46ers, was werden deine ersten Tätigkeiten/Aufgabengebiete sein? Wirst du im Hinblick auf die Männer-Europameisterschaft in Spanien im September wieder für die deutsche Nationalmannschaft tätig sein?
TL: Ab Freitag dieser Woche bin ich wieder in Deutschland. Nach meiner Ankunft werde ich direkt mit der Arbeit beginnen. Zunächst einmal werden die Gespräche mit Geri Wasshuber und den Spielern im Vordergrund stehen. Ich werde in diesem Sommer keine Aufgaben für den DBB wahrnehmen, sondern ausschließlich für die 46ers arbeiten, denn wir haben viel vor. Wir sind überzeugt davon, eine schlagkräftige Mischung sowohl aus deutschen und ausländischen als auch jungen und erfahrenen Spielern zu finden.