Unglücklicher als die LTi GIESSEN 46ers am Samstagabend kann man ein Basketballspiel wohl nicht verlieren. Beim Heimauftritt gegen die EWE Baskets Oldenburg sahen die Hausherren 2,7 Sekunden vor Schluss wie der sichere Sieger aus. Beim Stande von 69:67 aus 46ers-Sicht vergab Oldenburgs Eddie Gill den ersten von zwei Freiwürfen. Den zweiten setzte der US-Aufbauspieler gewollt an den Ring, im folgenden Getümmel unter dem Korb bekamen die 46ers den Ball jedoch nicht unter Kontrolle. Zachery Peacock und der von hinten heranfliegende Anthony Smith konnten den Ball nur wegwischen.
Unglücklicherweise direkt in die Hände von Oldenburgs „Lou“ Campbell, der sich von der Dreierlinie zum Korb bewegt hatte und aus dem linken Bereich des No-charge-Halbkreises zum Entsetzen der Gießener Fans in der mit 3895 Zuschauern gut gefüllten Sporthalle Ost mit Brett nicht nur zum 69:69-Ausgleich traf, sondern obendrein auch noch einen Bonusfreiwurf zugesprochen bekam. Die Schiedsrichter hatten darauf entschieden, dass 46ers-Guard Chase Griffin Campbell beim Wurf regelwidrig behindert haben soll. 1,7 Sekunden vor der Schluss-Sirene und unter dem ohrenbetäubenden Pfeifen der Heimanhänger bugsierte der frühere 46ers-Akteur das Leder nervenstark zum 70:69 durch die Reuse. Die Entscheidung, denn Zachery Peacocks Verzweiflungswurf aus der eigenen Hälfte geriet zu kurz.
Somit durften die nach der Schluss-Sirene völlig niedergeschlagenen 46ers-Korbjäger letztlich doch nicht den Lohn ihrer harten Arbeit ernten. Dass bei den Mannen um Kapitän Elvir Ovcina ein neuer (Kampf-)Geist Einzug gehalten hat, die Spieler wieder an sich glauben, war an diesem Abend über die gesamten 40 Minuten erkennbar. Beim Heimdebüt von Chefcoach Steven Key, Michael-Hakim Jordan und „Moe“ Jeffers zeigten die 46ers gegen die starken EWE Baskets, bei denen in Person von Eddie Gill ein Point Guard von der Bank kam, der 187 NBA-Einsätze auf dem Buckel hat, eine couragierte Vorstellung. Nach Aktionen des Heimteams brandete immer wieder Szenenapplaus auf, ingesamt herrschte eine tolle Stimmung auf den Rängen.
Auch wenn der neue LTi 46ers-Spielmacher Michael Jordan einen ganz schweren Stand gegen die ihn stark verteidigenden Eddie Gill und Lou Campbell hatte und nicht an seine Leistung vom letzten Wochenende in Bayreuth anknüpfen konnte, schaffte es das Team von Steven Key, die Partie mehr als drei Viertel lang ausgeglichen zu gestalten. Im zweiten und im dritten Viertel lag der Tabellen-16. gegen den Meister von 2009 sogar mit vier bzw. fünf Punkten in Führung (23:19/13., 28:24/17., 46:41/28.).
Erst Mitte des letzten Viertels gelang es den EWE Baskets, sich einen scheinbar komfortablen Neun-Punkte-Vorsprung (57:66/37.) herauszuarbeiten. Da die 46ers aber abermals von ihrem beeindruckenden Kampfgeist profitierten, stand das Spiel am Ende tatsächlich nochmal auf des Messers Schneide. „Moe“ Jeffers und Anthony Smith brachten ihre Farben mit Drei-Punkte-Spielen wieder in Schlagdistanz (65:67, Restspielzeit 64 Sekunden). Als Jeffers beim folgenden Angriff der Huntestädter in einen Pass hineinpreschte und im Fastbreak nur per Foul gestoppt werden konnte, tobte die Halle. Der 31-Jährige versenkte an der Freiwurflinie beide Würfe zum 67:67-Ausgleich (45 Sekunden Rest).
Nach einem Fehlwurf von Rickey Paulding sorgte Zack Peacock 17 Sekunden vor dem Ende von der „Linie“ für die wenige Minuten zuvor nicht mehr für möglich gehaltene 46ers-Führung (69:67). Dramatisch verliefen dann die letzten Sekunden des Spiels: Ein fünf Sekunden vor der Sirene abgefeuerter Dreier von Oldenburgs Power Forward Luka Bogdanovic verfehlte zwar sein Ziel, doch Peacock bekam das Spielgerät beim Defensivrebound leider nicht richtig zu fassen. Eddie Gill sicherte sich das Leder und wurde von „Moe“ Jeffers gefoult, der das Parkett – wie zuvor schon Michael Jordan (38.) – mit dem fünften persönlichen Foul verlassen musste. Das folgende, aus Gießener Sicht traurige Ende eines starken Heimauftritts wurde bereits eingangs erwähnt.
Predrag Krunic (EWE Baskets Oldenburg): „Ich bin zufrieden mit der Leistung, die wir hier gezeigt haben, vor allem in kämpferischer Hinsicht. Es war eine schwierige Situation für uns, weil Gießen mit neuem Trainer und neuen Spielern und dem Sieg in Bayreuth in guter Verfassung ins Spiel gegangen ist. Wir waren bereit, haben gut verteidigt. Unser Schwachpunkt war der Rebound. Dadurch dass wir Gießen in den letzten zwei Minuten Offensivrebounds erlaubt haben, sind sie zurück in die Partie gekommen.“
Steven Key (LTi 46ers): „Das Wichtigste war, dass wir großen Kampfgeist gezeigt haben, den man hier von uns schon lange nicht mehr gesehen hat. Wir haben genug getan, um das Spiel gewinnen zu können. Wir hatten zwölf Offensivrebounds, Oldenburg hatte zwölf Offensivrebounds. Oldenburg hatte die letzten beiden und das war heute der Unterschied. Diese Niederlage ist nur schwer zu akzeptieren, aber wir müssen daraus lernen, dass wir bis zur letzten Sekunde hellwach sein müssen. Der Unterschied zu den letzten Wochen liegt bei uns in der Defense. Wir haben dem Tabellen-Sechsten, der in den letzten Wochen gute Teams geschlagen hat, bis zum Ende des dritten Viertels nur 48 Punkte gestattet. Jede Mannschaft hat fähige Offensivspieler, aber der Unterschied bei den Mannschaften, die mehr gewinnen als verlieren, ist, dass sie eine gute Verteidigung spielen. Wir haben heute angefangen zu zeigen, welch gute Verteidigung wir spielen können und müssen das nun auch im restlichen Saisonverlauf tun.“
Punkteverteilung LTi 46ers: Smith (14), Freese (0), Perl (n. e.), Mädrich (2), Schwartz (0), Ovcina (14), Brooks (2), Griffin (3 / 1 Dreier), Peacock (14), Jordan (8/2), Jeffers (12).
EWE Baskets Oldenburg, beste Werfer: Campbell (18/3), Paulding (15/2), Lukauskis (14/3), Bogdanovic (10/2).