Auch vor 25 Jahren war der Basketball in der Osthalle sowohl eine Sache des Herzens wie des Kopfes. Die Meisterschaft 1978 und der Pokalgewinn ein Jahr später waren das Resultat unbändiger Spielfreude der damaligen Mannschaft wie auch das Ergebnis fundierter Trainingsarbeit von Coach und Sportwissenschaftler Professor Dr. Hannes Neumann. Kein Wunder, dass es in jener Zeit sogar Examensarbeiten gab, die sich mit Spielzügen und Verteidigungsvarianten im deutschen Basketball beschäftigten. In seiner Analyse der Spielstärke des Giessener Angriffsspiels kam der Verfasser einer Arbeit zum Angriffs- und Verteidigungsverhalten im deutschen Basketball zu dem Ergebnis: „…. so lange…Fengler in der Zone zu einem Centerspiel kam, waren die Spieler von Coach Neumann in der Lage, jeden Gegner zu schlagen.“ Trainer gegnerischer Mannschaften gaben in jener Zeit ihren Spielern gegen Gießen vor allem mit auf den Weg, Fengler rauszuboxen.
Der 2,04 große Center sollte nach den Erfolgsjahren 78 und 79 sicher stellen, dass auch der Start in die 80er für den MTV 1846 Gießen von Titelgewinnen geprägt sein würde. Das gelang zwar nicht. Dennoch hinterließ der Deutsch-Amerikaner Wolfgang Fengler in seinen nur zwei Jahren in der Sporthalle Ost bleibende Erinnerungen. Trotz seiner Athletik, trotz seiner 105 Kilo Kampfgewicht, trotz seiner Fähigkeit, beim Rebound beherzt zuzupacken, war der in Friedberg Geborene immer ein Ästhet. Seine überdimensionalen, mindestens so sehr der Optik wie dem Ursprungszweck geschuldeten Schweißbänder sind legendär. Wie er es selbst ausdrückt, entnahm der ab dem 3. Lebensjahr in den USA Aufgewachsene einen Teil seiner Motivation, an sich als Basketballer zu arbeiten, aus dem „Swissshhh“, wenn der Ball durch das Metallnetz am Korb eines amerikanischen Freiplatzes rauschte. Der Spaß am Training, der Spaß am B´ball war ihm, der bis zu seinem 13. lebensjahr mehr mit Büchern als mit Bällen beschäftigt war, immer ganz wichtig.
Weshalb ihm seine zwei Jahre in Gießen auch in bester Erinnerung geblieben sind. Weder in Wolfenbüttel, wo er 1972 als Newcomer aus den USA zuerst spielte und sofort in die Nationalmannschaft berufen wurde, noch in Heidelberg, wo er heute noch wohnt, hat er seinen Sport mit so viel Freude ausüben können. „Diese Mannschaft war von einem unbändigen Spieltrieb geprägt.“ Da nahm er als damals schon berufstätiger Betriebswirt gerne in Kauf, mehrfach in der Woche über 300 Kilometer zum Training zu fahren. Fengler: „Da muss ich aber auch einmal meine Frau Adelheid erwähnen. Die hat mich immer mit gepackter Sporttasche von der Arbeit abgeholt. Ich habe mich im Auto umgezogen. Dann trainiert, dann noch mit ins Vereinsheim zum Essen und spätabends hat sie mich wieder nach Hause gefahren.“ Mit knapp dreißig Jahren und bereits mächtig zwickenden Kniegelenken war dann aber früher als geplant Schluss in Sachen Erstliga-Basketball.
Knapp 25 Jahre und fünf Operationen später hat Wolfgang Fengler wie so viele der früheren Top-Athleten das Golfspiel für sich entdeckt. Auch beim Spiel mit dem kleinen weißen Ball hat er bereits Pokale gewonnen. Aber so ganz lässt ihn der Basketball nicht los. Mit Hansi Hess und Bobby Minor pflegt Wolfgang Fengler noch Kontakt. Wenn Ü-50 Seniorenmeisterschaften ausgetragen werden, läst er es sich nicht nehmen, wenigstens auf ein Bier bei den alten Kollegen vorbeizuschauen. Und engeren Kontakt zu seinem Sport hat er noch über Tochter Susan. Die hat es als 18-Jährige schon bis in die Oberliga geschafft. Und ist auch sonst ganz Tochter ihres Vaters, ebenso wie Wolfgang den schönen Dingen und Menschen dieser Welt verbunden, muss er ihr doch schon mal eine Sendung von Heidi Klums neuer Modell-Show aufnehmen, wenn Susan wegen des Basketball-Trainings keine Zeit zum Zuschauen hat.
Text: Wolfgang Lehmann