Acht Tage nach dem kurz vor Spielschluss durch einen Schaffartzik-Dreier eingetüteten 70:67-Heimsieg gegen Bonn haben es die LTi GIESSEN 46ers in der Sporthalle Gießen-Ost erneut spannend gemacht.
In der Partie gegen die Eisbären Bremerhaven stand es in der Schlussminute 83:83 bei Ballbesitz für die Gäste aus dem Norden. In der „Crunchtime“ machten dann aber die LTi 46ers die „big plays“: Unter anderem sorgte ein Offensivrebound von Robert Maras nach einem beim Stande von 84:83 vergebenen Freiwurf von Johannes Lischka dafür, dass 3625 Fans am Ende über einen 90:84-Erfolg jubeln konnten.
Die 46ers starteten gut in ihren dritten Heimauftritt dieser Saison und das insgesamt 600. Erstligaheimspiel einer Gießener Basketball-Bundesliga-Mannschaft. Unmittelbar nach dem Sprungball nutzte „Flo“ Hartenstein eine Unachtsamkeit des noch am Boden knieenden Gäste-Spielmachers Giordan Watson aus und legte zum 2:0 ab. Nachdem Shooting Guard Michael Umeh auf Pass von Hartenstein aus der Ecke seinen ersten von am Ende vier Dreiern (bei acht Versuchen) im Korb des Gegners untergebracht hatte, führten die Gastgeber im Duell der Kellerkinder mit 7:3 (3.).
Auch nach der ersten Auszeit von Bremerhavens Coach Sarunas Sakalauskas und einem sich daran anschließenden Freiwurfpunkt von Gerrit Terdenge zum 8:5 (4.) hatten die 46ers das Spiel defensiv unter Kontrolle, die im Angriff zunächst harmlosen Gäste fielen in den ersten zehn Minuten vor allem mit rund einem halben Dutzend unerzwungener Ballverluste (davon drei Schrittfehler) auf. Auf der anderen Seite dauerte es aber auch bis zur siebten Minute, ehe Maurice Jeffers nach einem Schnellangriff die nächsten Punkte markieren konnte (10:5/7.). Nach einem Drei-Punkte-Spiel des bislang in der Saison erfolgreichsten Punktesammlers der Eisbären, Marcus Slaughter, stand es 10:8, Maurice Jeffers (4 von 4) und Johannes Lischka (2/2) sorgten von der Freiwurflinie dafür, dass die Hausherren am Ende des ersten Viertels weiterhin in Führung lagen (16:12).
Zu Beginn des zweiten Viertels setzte sich das 46ers-Team nach einem Drei-Punkte-Spiel von Maras, Fastbreakpunkten von Gerrit Terdenge und Lischka-Punkten in Brettnähe schnell auf 23:12 ab (12.). Das Bremerhavener Team antwortete mit Dreiern von Jeb Ivey und Giordan Watson (27:18/14.). Der auffälligste Gäste-Akteur, Power Forward Marcus Slaughter, verkürzte mit einer schönen Bewegung in der Zone aus Sicht der Eisbären auf 21:27, doch auch Gießens Kapitän Florian Hartenstein griff wenig später – nicht zum ersten Mal in dieser Saison – in seine Trickkiste: Das 46ers-Center-Urgestein verlud erst Slaughter mit einer blitzschnellen Drehung um die eigene Körperachse und legte bei einem Foul des Eisbären-Forwards zum 31:22 ab. Im nächsten Angriff düpierte Hartenstein dann seinen Gegenspieler Yemi Gadri-Nicholson mit einem Drehbribbling, auf das Hartenstein einen Unterhand-Korbleger mit der rechten Hand über die linke Seite des Rings folgen ließ (33:23/16.).
Kurz vor der Pause waren es Fastbreakpunkte von Gerrit Terdenge (Dunk) und Michael Umeh, durch welche die Gießener Führung auf 14 Zähler anwuchs (44:30). Die Punkte sieben und acht von Slaughter, der gegen den ihn verteidigenden Terdenge aus der Mitteldistanz zum 44:32 einnetzte, waren zugleich die letzten Punkte der ersten 20 Minuten, in denen vielleicht sogar mehr als dieser Zwölf-Punkte-Vorspung hätte herausspringen müssen.
Nach dem Wechsel bauten die Hausherren ihre Führung bis zur 24. Minute auf 15 Punkte (53:38, Hartenstein-Korbleger nach feiner Schaffartzik-Vorarbeit) aus. Nach einem Foul von Heiko Schaffartzik, welches die Schiedsrichter als „unsportlich“ ahndeten (der 46ers-Aufbauspieler hatte nach einem Ballverlust von Maurice Jeffers gegen Jan Lipke den auf den Gießener Korb zu sprintenden Flügelspieler der Eisbären in Höhe der Dreierlinie gestört), kam es zu einem ersten kleinen Bruch im Spiel der Gastgeber, die nach einem Dreier des in dieser Phase aufdrehenden Lipke plötzlich nur noch mit 53:46 führten (25.). Schaffartzik, Jeffers und Umeh waren wenig später zwar auch mit Dreipunktewürfen erfolgreich (65:54/28.), doch Bremerhaven hatte jetzt Lunte gerochen.
Nachdem Robert Maras in der 29. Minute (65:56) leicht angeschlagen vom Feld gegangen war, bekamen die Zuschauer die schwächste Phase der 46ers im gesamten Spiel zu sehen. Mit einem 11:0-Lauf glich Bremerhaven, das in dieser Phase immer wieder am Gießener Brett punkten konnte, zum 65:65 aus (34., Gadri-Nicholson aus der Nahdistanz). Hatte die LTi-Truppe gegen Bonn eine Woche zuvor ein fast verloren geglaubtes Spiel noch drehen und gewinnen können, drohte nun das genaue Gegenteil. In dieser Phase gelang es dem Team von Simon Cote nicht, gegen die über weite Strecken der zweiten Halbzeit von den Seestädtern praktizierte Zonenverteidigung Drang zum Korb zu entwickeln. Man verließ sich einzig und allein auf die Dreier, die jedoch nicht durch die Reuse fallen wollten. Überdies handelte sich Gerrit Terdenge gegen den agilen Slaughter, der nach der Pause immer stärker wurde, sein viertes Foul ein.
Michael Umeh brachte sein Team mit zwei Dreiern und einem erfolgreich abgeschlossenen Zieher wieder in die richtige Spur (73:70/35.), doch in der Defense konnte man Bremerhavens nun konsequent zum Gießener Korb ziehende Offensivabteilung in dieser Phase einfach nicht stoppen (73:72, Pakamanis/36.). „Flo“ Hartenstein war kurz zuvor ausgeschieden, beim Kampf um einen Offensivrebound hatte der 31-Jährige sein fünftes Foul kassiert. Der Kapitän wurde durch Robert Maras ersetzt. Die 46ers-Fünf entwickelte nun deutlich mehr Zug zum Korb. Was nicht zuletzt an dem Mitte des letzten Viertels für Jeffers ins Spiel gekommenen Johannes Lischka lag. Nachdem der 21-Jährige bei seiner Penetration von Gäste-Center Elegar nur durch ein Foul gestoppt werden konnte, klinkte er an der Linie beide Würfe zum 77:72 ein, Gerrit Terdenge legte im nächsten Angriff mit einem energischen Zieher zum 79:74 nach (37.).
Ein unsportliches Foul von Robert Maras (im Positionspiel gegen den penetrierenden Watson) führte dazu, dass Bremerhaven mit einem Fünf-Punkte-Spiel (Freiwürfe Watson plus Dreier Ivey aus der Ecke) wieder egalisieren konnte (79:79/38.). Umeh aus der Mitteldistanz und, kurios: ein Eigenkorb von Slaughter (resultierend aus einem Reboundduell mit Maras nach einem Lischka-Fehlwurf) brachten Gießen mit 83:81 in Front (39.). Nach einem Foul von Lischka bei einem Dreierversuch von Pakamanis hatte der litauische Guard die Chance, die Eisbären erstmals in der Partie in Führung zu bringen, doch von drei Freiwürfen fanden nur zwei ihr Ziel (83:83, 87 Sekunden Restspielzeit). Als Gerrit Terdenge eine Minute vor dem Ende unter dem Brett der Gäste von Slaughter geblockt wurde, sah es erneut nicht gut für die 46ers aus, doch Slaughter vergab auf der anderen Seite aus der Nahdistanz gegen zwei (Maras und Terdenge). Beim Fight um den Rebound leistete sich Frank Elegar sein fünftes Foul (43 Sekunden Rest).
Da es das fünfte Foul Bremerhavens im letzten Viertel war, durfte „Jo“ Lischka an die Linie. Der Langgönser traf den ersten und scheiterte mit dem zweiten Versuch, Robert Maras sicherte sich im Duell mit Gadri-Nicholson aber den Offensivrebound und seinem Team den wichtigen Ballbesitz. Über die Stationen Heiko Schaffartzik und Gerrit Terdenge gelangte der Ball im High-post erneut zu Maras, der bereits bei der Ballannahme von Gadri-Nicholson regelwiedrig gestört wurde. Die fälligen Freiwürfe brachte Maras in der Eisbären-Reuse unter (86:83, 27 Sekunden Rest). Bremerhavens Pakamanis versuchte mit einem Dreier den Ausgleich herbeizuführen, setzte seinen Versuch aber an die hintere Ringbegrenzung. Erneut war es Maras, der Gießen den Rebound und Ballbesitz sicherte, 13 Sekunden vor der Schluss-Sirene wurde Michael Umeh gefoult. Gießens mit 24 Punkten erfolgreichster Werfer der Partie blieb an der Linie ohne Fehlwurf, baute die Führung aus (88:83) und schraubte die gute Freiwurfquote seines Teams (am Ende 83 Prozent, 24 von 29) damit noch etwas weiter nach oben. Nach der letzten Bremerhavener Auszeit scheiterte Watson mit dem letzten Dreierversuch, der zweite Saisonsieg der LTi 46ers war unter Dach und Fach.
Am kommenden Freitag geht es für das Gießener Team mit einem Auswärtsspiel bei ratiopharm Ulm weiter, Spielbeginn ist um 19 Uhr.
Punkteverteilung:
LTi GIESSEN 46ers: Jeffers (14), Umeh (24), Terdenge (13), Lewis (2), Lischka (9), Maras (9), Rouse (3), Freese (n.e.), Schaffartzik (8), Hartenstein (8).
Eisbären Bremerhaven: Lipke (10), Watson (13), Michael (0), Ivey (14), Gansey (0), Elegar (11), Gadri-Nicholson (3), Slaughter (21), Wohlers (0), Pakamanis (12).
Stimmen zum Spiel:
Simon Cote (Cheftrainer LTi GIESSEN 46ers): „Bremerhaven hat in der ersten Halbzeit keine gute Wurfleistung gezeigt. Die Eisbären sind ein sehr gut gecoachtes Team. Wir wussten, dass sie stärker sind und nach der Pause einige Veränderungen vornehmen würden. So war es dann auch. Wir hatten uns vorgenommen, mit einer sehr großen Intensität in die zweite Halbzeit zu starten, aber wir konnten Bremerhavens Offensive nicht stoppen, besonders die Blocksysteme über Marcus Slaughter. Auch die Zonenverteidigung hat uns vor Probleme gestellt. Am Ende haben wir es oft an die Freiwurflinie geschafft und es hinbekommen, den Ball im Angriff zu kontrollieren. Das ist wichtig für uns. Dazu haben wir wichtige Schüsse reingemacht. Unsere Fans waren natürlich auch ein Grund für den Sieg. Wenn uns die Fans in wichtigen Spielsituationen unterstützen, hilft uns das enorm, die Spieler haben dann mehr Selbstvertrauen für ihre Aktionen. „Flo“ Hartenstein war heute ein wichtiger Faktor, er hat Körbe gemacht und uns viel Energie gegeben, als wir sie gebraucht haben. Am Ende war auch wichtig, dass Jo (Lischka) auf dem Feld stand. Er ist unser bester Penetrierer und gegen die Bremerhavener Zone brauchten wir jemanden, der gut zum Korb ziehen kann. Das hat er gut gemacht. Insgesamt war es aber eine Mannschaftsleistung, wir gewinnen als Team und wir verlieren als Team.“
Sarunas Sakalauskas (Cheftrainer Eisbären Bremerhaven): „Die erste Halbzeit war nicht ausschlaggebend für unsere Niederlage. Das Gießener Team hat uns da nicht erlaubt, offensiv ins Spiel zu kommen. Verloren haben wir das Spiel, weil wir in der Endphase zu viele schlechte Entscheidungen im Angriff getroffen haben. Als es drei Minuten vor Schluss schon eng war, haben wir beispielsweise zweimal zu früh abgeschlossen. Der Offensivrebound von Maras nach dem vergebenen Freiwurf von Lischka in der Schlussminute hat uns natürlich weh getan. Gießen hat Herz und Kampfeswille gezeigt, klaren Kopf behalten und das Spiel deshalb auch verdient gewonnen.“
Maurice Jeffers (Forward/Guard LTi 46ers): „In den letzten drei Spielen sind wir kontinuierlich selbstbewusster geworden, und auch wenn wir in Köln verloren haben, so sind wir heute zurückgekommen und haben den Sieg nach Hause geholt. Die Fans haben uns dabei enorm geholfen, besonders als wir im dritten Viertel einen Durchhänger hatten und das Spiel noch einmal kippte. Aber das ist nun einmal professioneller Basketball und keine Mannschaft gibt sich so schnell geschlagen. Wir hatten ein paar Szenen, in denen wir wichtige Schüsse nicht getroffen und schlecht verteidigt haben. Solche Situationen sind wie im wahren Leben: So lange man zusammenhält, kann man auch solche schwierigen Situationen meistern – und das haben wir.“
Richard Poiger (Forward LTi 46ers): „Die Operation an meinem Knie ist gut verlaufen und auch die Reha ist gut angeschlagen. Wir haben es uns heute selber sehr schwer gemacht. Letztendlich zählt nur der Sieg. Es ist allerdings auch schwer, einen guten Saisonstart hinzulegen, wenn man gleich auf die Titelanwärter trifft. Ich bin aber guter Dinge, dass es für uns nach diesen zwei Siegen jetzt weiter aufwärts geht.“