Es war erneut eine absolute Spitzenleistung gegen einen klaren Favoriten: Mit mannschaftlicher Geschlossenheit und einem überragenden Cameron Wells (30 Punkte) kämpfte man gegen den deutschen Meister und Euroleague-Teilnehmer aus Bamberg um den Sieg, von dem man sich vor 3.254 Zuschauern in der Sporthalle Gießen-Ost erst durch den Treffer des Bamberger Top-Spielers Darius Miller (20 Punkte) in der Schlusssekunde verabschieden musste.
Die Favoritenrolle des amtierenden deutschen Meisters aus Bamberg, der in der vergangenen Woche beim klaren Sieg gegen den Konkurrenten des FC Bayern seine Vormachtstellung in Deutschland erneut verdeutlicht hat, war eindeutig. Dennoch: Den sensationellen Heimsieg über Brose Bamberg aus der vergangenen Saison im Gedächtnis, träumte jeder Gießener von einer erneuten Überraschung, obwohl einer der bisher erfolgreichsten 46er der Saison, US-Rookie Justin Sears, wegen muskulärer Probleme fehlte.
Ersetzt wurde Sears in der Starting Five durch Maurice Pluskota. Kapitän Cameron Wells, Skyler Bowlin, Thomas Scrubb und Marco Völler komplettierten eine Startformation, die mit viel Energie begann und direkt durch einen Dreier von Wells und einem Dreipunktespiel von Völler mit 6:0 in die Partie starteten (1.). Bamberg blieb zunächst unaufgeregt, holte konstant auf, wenngleich Pluskotas Slam-Dunk und Wells Signature-Move, der Jumpshot aus der Halbdistanz, die Gießener Führung souverän behaupteten (10:8, 4.), durch „Cam“ Wells nächsten Distanztreffer und Evans Punkte von der Linie dann sogar wieder ausbauen konnten (15:8, 5.). Die 46ers waren glänzend im Spiel angekommen, switchten in der Defense erfolgreich, provozierten insgesamt sechs gegnerische Turnover im ersten Viertel und holten im Angriff starke Trefferquoten. Bowlin und Scrubb zwangen Gäste-Coach Andrea Trinchieri schließlich beim Stand von 19:8 zur ersten Auszeit (7.). Doch auch im Anschluss brannte die Gießener Mannschaft ein Offensivfeuerwerk ab: Erneut der omnipräsente Wells, der heute mit 30 Punkten sein Karriere-Bestwert in der BBL einfuhr, sowie der erstarkte Dwayne Evans per Layup und durch eine makellose Freiwurfquote, dann Joshiko Saibou aus der Distanz, brachten die Sporthalle Gießen-Ost zum Beben (30:11, 9.). Der von den Franken ausgeliehene Andreas Obst beendete schließlich ein überragendes erstes Viertel per Layup zum 32:11.
Den besseren Start ins zweite Viertel fanden dann jedoch die Süddeutschen: Nur Lischkas Korbleger stand gegen sieben Bamberger Punkte in den ersten beiden Minuten (34:18, 12.). Erschwerend kam hinzu, dass das Gießener Teamfoul-Konto bereits nach 136 Sekunden prall gefüllt war und in der Offensive auch nach der Auszeit durch Wucherer weiterhin gar nichts mehr gelingen wollte (34:21, 14.). Erst der überragende Wells sendete die nächsten Lebenszeichen der 46ers aus der Nah- (36:23, 15.) und doppelt aus der Halbdistanz (40:29, 17.). Bamberg kam nun in großen Schritten immer näher, maßgeblich aus der Distanz. Der kanadische Forward Scrubb übernahm zum Ende der ersten zwanzig Minuten mehr Verantwortung für seine 46ers und traf vorne gleich zwei Mal in Folge zum überraschenden Halbzeitstand von 44:35.
Erwartungsgemäß kam Bamberg deutlich fokussierter aus der Kabine, als zu Beginn des Spiels. Schnell war der Punktestand nahe des Ausgleichs (46:42, 23.), doch der weiterhin absolut beflügelte Wells und der heute zweistellig punktende Evans konnten die Mittelhessen zunächst wieder auf Spur bringen (52:44, 25.). Die Bamberger Souveränität war nun aber konstant zurück: Der Euroleague-Teilnehmer traf durch den nun stark aufspielenden Darius Miller zum Ausgleich (54:54, 27.), worauf Wucherer mit der nächsten Auszeit reagierte. Saibou holte kurz darauf die erneute heimische Führung. Lischka erkämpfte hinten den Block gegen Patrick Heckmann, leitete den Fastbreak ein, den Manigat für drei Zähler abschloss. Mit 59:56 gingen die GIESSEN 46ers ins Schlussviertel, in dem nun tatsächlich alles möglich erschien.
Die 46ers begannen die entscheidenden 10 Minuten mit den stark auftretenden Bankspielern Manigat, Saibou, Obst, Evans und Lischka – ein Symbol für die erneut tolle Mannschaftsleistung der Wucherer-Truppe. Manigat und Saibou besorgten wichtige Zähler, um erfolgreich in den Schlussakt zu starten (63:58, 31.). Doch zwei Bamberger Dreier in Folge durch Zisis und Lo führten dann doch zur ersten Bamberger Führung im Spiel nach 33 Minuten (63:64). Denis Wucherer trommelte seine Spieler nochmal zur Time-Out zusammen, um die greifbar nahe Sensation nun wirklich komplett zu machen. Völler scheiterte denkbar knapp mit einem In-and-out aus der Distanz, Scrubb machte es nach Assist von Bowlin aus der Halbdistanz dann besser – der erneute Führungswechsel (65:64, 34.), der von Nicolo Melli direkt gekontert (65:66, 35.) und von Wells gegengekontert wurde (67:66, 35.). Die Führung wechselte nun in einer unglaublich spannenden Crunchtime hin und her – Scrubb per Floater (69:68, 36.), Wells per Layup (71:70, 37.) und Völler per Hookshot (73:72, 38.). Gießen hielt sich auf des Messers Schneide, die von Nikolaos Zisis wieder zugunsten der Bamberger gekippt wurde (73:74, 38.). Eine Minute vor dem Ende wurde eine strittige Schiedsrichterentscheidung nach minutenlanger Diskussion zugunsten der 46ers gefällt, die den daraus resultierenden Ballwechsel durch den Man-of-the-match Wells zur erneuten Führung verwandeln konnten (75:74, 39.). 22 Sekunden vor dem Schluss holte Darius Miller durch ein Dreipunktspiel die Favoritenführung zurück (75:77). Wucherer rief zur Auszeit – die anschließende Aktion durch Scrubb brachte sieben Sekunden vor dem Ende den Ausgleich (77:77). Das Spiel war auf seinem Höhepunkt angekommen, die 46ers standen kurz vor der Verlängerung. Trinchieri rief nun ebenfalls zur Auszeit, um genau dies noch zu verhindern. Den anschließenden letzten Angriff des Spiels konnte erneut Miller tatsächlich direkt ins Herz der Gießener verwandeln – Die GIESSEN 46ers mussten sich somit erst in allerletzter Sekunde dem haushohen Favoriten Brose Bamberg mit 77:79 geschlagen geben, können jedoch mehr als stolz auf eine erneut starke Mannschaftsleistung gegen ein deutsches Topteam sein, was das Selbstbewusstsein für die anstehenden Aufgaben weiter wachsen lassen sollte.
Denis Wucherer (Cheftrainer GIESSEN 46ers): „Es war klar, dass es nicht so wie im ersten Viertel weitergehen würde, schließlich haben wir heute gegen eine Euroleague-erprobte Verteidigung spielen müssen. Dass es dann in den restlichen drei Vierteln schwierig wird, ist klar. Am Ende entscheidet dann mit Darius Miller ein Mann das Spiel alleine. Das ist eben das, was den Unterschied gegen genau diese Qualität von Mannschaften gerade ausmacht. Ich muss aber natürlich meinen Jungs ein großes Lob für eine enge Partie aussprechen.“
Andrea Trinchieri (Cheftrainer Brose Bamberg): „Glückwunsch an Gießen und Cameron Wells für ein gutes Spiel. Wir haben eine harte Tour hinter uns, kommen hierher und liegen schnell mit 20 Punkten zurück. Aber ich weiß, dass ich eine gute Gruppe von Jungs beisammen haben, die dann angefangen hat, Defense zu spielen und das Spiel zu drehen. Die Spieler von der Bank haben zu dem Spiel einen großen Teil beigetragen. Wir haben keine gute Partie gezeigt, aber das getan, was wir brauchen, um den Sieg zu erringen. Es ist schwer, alle 48 Stunden auf diesem hohen Niveau spielen zu müssen. Wir fahren mit einem guten Sieg gegen einen starken Gegner nach Hause.“
GIESSEN 46ers – Brose Bamberg 77:79 (44:35)
Viertelergebnisse: 31:11, 12:24, 15:21, 18:23
GIESSEN 46ers: Joshiko Saibou (7 Punkte), Dwayne Evans (10), Thomas Scrubb (12), Skyler Bowlin (2), Benjamin Lischka (2), Andreas Obst (2), Jahenns Manigat(5), Cameron Wells (30), Maurice Pluskota (2), Marco Völler (5)
Brose Bamberg: Fabian Causeur (12), Nicolo Melli (4), Nikolaos Aleksej (1), Lucca Staiger, Daniel Theis (12), Maodo Lo (10), Darius Miller (20), Patrick Heckmann, Leon Radosevic (2)
Zuschauer: 3.254
Nächstes Spiel: Samstag, 19.11.2016, 20.30 Uhr: GIESSEN 46ers – FRAPORT SKYLINERS