Als die Heroen von einst Mitte Januar in der Osthalle bei der überraschenden 90:91-Heimniederlage gegen RASTA Vechta II zusammenkamen, um dem wenige Tage zuvor verstorbenen Klaus Jungnickel zu gedenken, hatte die heimtückische Krankheit bei ihm schon ihre Spuren hinterlassen. „Wir waren schockiert, als er uns an diesem Abend berichtete, was ihm fehlt“, erinnert sich Ex-Mitstreiter Hans Heß. Keine vier Monate später ist Eberhard Bauernfeind, den alle „Ebi“ nannten, verstorben. Am 7. Mai. Viel zu früh; im Alter von nur 71 Jahren.
Der Center, mit 1,98 Metern nicht eben der Größte seines Fachs, machte seine (wenn überhaupt vorhandenen) körperlichen Defizite stets mit enormer Kampfkraft und großer Leidenschaft wett. Er war kein Dribbelwunder, er hatte keine heiße Schusshand, er spielte nicht eben elegant und er hatte technisch noch Luft nach oben. Er war aber immer da, wenn er gebraucht wurde. Kaum als Starter, meist als Backup etablierter Big Man wie Toni Koski oder Ted Hundley, aber immer zuverlässig punktend und kantig die Abpraller einsammelnd. „Ebi“ Bauernfeind als Gegner unter den Brettern zu wissen, war für niemanden ein Spaß.
Und: Der gebürtige Frankfurter, der mit seiner Frau Birgit, mit der er drei erwachsene Söhne hat, in Linsengericht lebte, war ein Mann des feinen Humors. „Wenn jemand in der Kabine die Lacher auf seiner Seite hatte, dann war es Ebi“, blickt beispielsweise Michael Breitbach, mit dem Bauernfeind 1971 vom Main an die Lahn gewechselt war, zurück.
Dass es den Schlaks zum MTV 1846 verschlug, war seinem beginnenden Volkswirtschaftslehre-Studium geschuldet. Er hatte Talent, also lag es nahe, sich seine Ausbildung über den Sport zu finanzieren. Was in Gießen, wo Hobby und Beruf bestens zu verbinden waren, glückte. „Ebi“ Bauernfeind wurde mit den Männerturnern zweimal Deutscher Meister: einmal 1975 unter Klaus Jungnickel, einmal 1978 unter Hannes Neumann. Zwei Pokalsiege und Auftritte im Europapokal runden seine Vita, zu der auch die Teilnahme an den Olympischen Spielen 1972 zählte, ab.
Wenngleich er München nicht im ärmellosen Basketball-Shirt, sondern in Nato-Olivgrün, erlebte. Zusammen mit Dieter Krausch war er in der Steubenkaserne stationiert, als ihn der Ruf ereilte, in der bayrischen Landeshauptstadt das Vaterland mit dem Auffüllen von Getränkekisten während des Turniers zu verteidigen. Was Bauernfeind gerne erledigte, schließlich war er täglich live vor Ort. Und sah alle Großen seines Fachs spielen.
Einer dieser Jungs war auch „Didi“ Keller, der im Olympiasommer von Leverkusen nach Heidelberg wechselte. Und im Trikot der Württemberger Bekanntschaft mit „Ebi“ Bauernfeind machte. Bei einem Rebound-Duell gingen beide beherzt zur Sache, Was zur Folge hatte, dass ein Eckzahn von Keller im Arm des MTV-Recken stecken blieb. Die Aufregung war groß, „das Duell unter dem Korb aber fair. Nicht einmal ein Schiedsrichter hat gepfiffen“, erklärte Bauernfeind noch Jahre später. Auch bei „Didi“ Keller hatte sich die Aufregung spätestens beim Rückspiel wieder gelegt. Zur Begrüßung seines Rivalen kam er zur Belustigung aller mit einem überdimensionalen und an einer Halskette befestigten Zahn.
Am 31. Mai wird Eberhard Bauernfeind in Gelnhausen beigesetzt. Mit 71 Jahren viel zu früh. Ob „Didi“ Keller anwesend sein wird, ist nicht überliefert. Alte Weggefährten aus Gießen jedenfalls werden in die Barbarossastadt fahren, um ihrem Freund die letzte Ehre zu erweisen.
16.05.24