(Foto: Achim Kunetka)

Eine ordentliche Abreibung

Vorlesen:

Die JobStairs GIESSEN 46ers müssen im Playoff-Viertelfinale nach dem 82:98 in Karlsruhe den bitteren 1:1-Ausgleich hinnehmen

Bernd Giezek, der mitgereiste Fanbetreuer, hatte einen Einkaufskorb mit drei kleinen Päckchen und bunt bemalten Eiern dabei. Schließlich war serbischer Ostersonntag. Grund genug also, drei Männern aus Belgrad eine kleine Freude zu bereiten. Doch Cheftrainer „Frenki“ Ignjatovic, seinem Assistenten Nikola Stanic und Big Man Stefan Fundic war irgendwie nicht nach Geschenken zumute. Denn das Ei, das hatte ihnen in Person des Kroaten Aleksandar Scepanovic der Trainer der PS Karlsruhe LIONS ins Nest gelegt.

Nach einer am Ende verdienten 82:98 (44:48)-Niederlage in der Lina-Radke-Halle hatten die von 150 Fan begleiteten JobStairs GIESSEN 46ers im Playoff-Viertelfinale der BARMER 2. Basketball-Bundesliga ProA nach zwei Partien der Best-of-Five-Serie den bitteren 1:1-Ausgleich hinnehmen müssen. Und den sportlich Hauptverantwortlichen ein wenig fassungslos zurückgelassen: „Wenn wir auf so einem Level weiterspielen, dann verlieren wir die Serie“, machte der 57-Jährige, der seine Mannschaft nach der Hauptrunde auf Platz zwei geführt hatte, aus seiner Enttäuschung keinen Hehl.

48 Stunden nach dem grandiosen 111:84-Heimerfolg gegen die Badener hatte der Altmeister die Partie zwar bis weit ins vierte Viertel offen gestaltet, hatte sich nach zahlreichen äußerst umstrittenen Schiedsrichterentscheidungen, eigenen groben Unzulänglichkeiten und einem wie im Rausch auftretenden Löwen-Team am Ende aber noch eine ordentliche Abreibung eingefangen.

Eine, die um ein Haar noch mit einem handfesten Skandal geendet hätte, wofür allerdings die Hausherren, besser gesagt Center Bakary Dibba, die Verantwortung zu tragen hatte. Rund 15 Sekunden waren noch zu spielen und die Partie beim 96:82 aus Sicht von Karlsruhe längst entschieden, als der Däne die Kugel per Buzzerbeater zum 98:82-Endstand einschweben ließ, obwohl sich beide Teams in NBA-Manier schon längst per Shakehands voneinander verabschiedet hatten. „Es war eine“, wie es Luis Figge in den Katakomben formulierte, „unnötige Respektlosigkeit“, mit denen der lange Mann seinen Jungs allerdings einen Bärendienst erwiesen hatte. Zumindest, wenn es nach „Frenki“ Ignjatovic geht: „Diese Aktion wird meine Jungs für das dritte Spiel am Mittwoch maximal motivieren“, wollte der Gießener Headcoach der ungewöhnlichen Entgleisung des Power Forward nicht lange Bedeutung beimessen.

Viel mehr ärgerte sich der Übungsleiter über seine Männer, „die sich offenbar schon viel zu früh im Halbfinale gesehen hatten.“ In der Tat brachten nur Kapitän Robin Benzing und Big Man Stefan Fundic die Leistungen, die eines Playoff-Auftritts würdig waren. Benzing hielt die 46ers mit seiner Saisonbestleistung von 27 Punkten lange im Spiel, Fundic räumte unter beiden Brettern auf, sammelte neun Rebounds ein und legte auch 16 Zähler auf, ohne einmal an der Freiwurflinie gestanden zu haben.

Ansonsten? Ego-Gezocke, schwache Würfe, wenig Ballbewegung und einige Totalausfälle. „Wenn du vier Leute in deinen Reihen hast, die weit unter ihren Möglichkeiten bleiben, dann hast du bei unserer kleinen Rotation keine Chance“, redete Branislav Ignjatovic in Richtung von Simon Krajcovic, Luis Figge, Jonathan Maier und Roland Nyama Klartext. Krajcovic brachte nicht einen Feldkorb zustande, seine drei mageren Zähler erzielte der Slowake alle an der Freiwurflinie. Figge traf oft die falschen Entscheidungen und hatte nicht wie gewohnt überall seine Finger im Spiel. Maier ließ sich von Bakary Dibba und Melvin Jostmann den Schneid abkaufen und musste, als er einen Korbleger vergab und anschließend bei einem Einwurf im Aus stand, gleich wieder auf die Bank. Und Nyama traf nur einen seiner sieben Würfe, so dass seine Effektivität von minus zwei den schlechtesten Wert des Abends bedeutete.

Da aber auch Duane Wilson trotz seiner 18 Punkte eine durchaus ausbaufähige Wurfquote von nur 39 Prozent hatte und Luca Kahl sowie Dejan Kovacevic als Bankangestellte kaum eine Rolle spielten, half die hundertprozentige Trefferquote von TreVion Crews den 46ers nicht weiter, um in der drittgrößten Stadt Baden-Württembergs auf eine halbwegs akzeptable erste Hälfte eine zweite folgen zu lassen, die erfolgversprechend gewesen wäre.

„Wir hatten so wahnsinnig viel unglückliche Aktionen, die reichen normalerweise für drei Spiele“, wusste Luis Figge, dass Fortuna den Seinen in vielen Aktionen, als die Bälle aus der Reuse wieder heraussprangen, nicht hold war. „Karlsruhe hat hochprozentig getroffen, wir halt nicht. Jetzt müssen wir am kommenden Mittwoch die Scharte wieder ausmerzen“, wollte Robin Benzing nicht lange zurückblicken. Und Roland Nyama wusste, „dass wir denen überraschenderweise unter den Körben unterlegen waren.“

Dass Gießen am Ende nur vier Ballverluste produziert, trotzdem aber eine deutlichen16-Punkte-Watschen kassiert hatte, ließ „Frenki“ Ignjatovic schon ein wenig ratlos zurück: „Da müssen wir genau analysieren, was passiert ist. Am Mittwoch wird eine andere Gießener Mannschaft auf dem Feld stehen.“ Eine, die eine auch durch Bakary Dibbas Aussetzer forcierte Vorstellung abliefern soll, nach der auch kleine Präsente wieder große Wirkung entfalten …

 

Karlsruhe: Dibba (13), Williams (15), Kiselovs, Dent (17), von Waaden (5), Bailey Jr. (25), Tunstall (12), Jostmann (7), Haarmann (1), Albus (3).

Gießen: Wilson (18), Crews (8), Heyne (n.e.), Herget (n.e.), Fundic (16), Benzing (27), Maier (2), Figge (6), Kahl, Kovacevic, Nyama (2), Krajcovic (3).

 

 

5 gute 46ers-Zutaten

Zuschauer: 1500

Zuversicht: 27 Punkte von Robin Benzing

Zugriff: 9 Rebounds von Stefan Fundic

Zuarbeit: 4 Assists von Stefan Fundic und Simon Krajcovic

Zukunft: Mittwoch, 8. Mai, 19.30 Uhr: JobStairs GIESSEN 46ers – PS Karlsruhe LIONS

 

Weitere Ergebnisse Playoff-Viertelfinale, Spiel 2: Medipolis SC Jena – FRAPORT SKYLINERS 77:76 (Playoff-Stand 1:1), Bozic Estriche Knights Kirchheim – Phoenix Hagen 68:72 (Stand 1:1), Uni Baskets Münster – RÖMERSTROM Gladiators Trier 74:90 (Stand 0:2).

 

So geht es weiter: RÖMERSTROM Gladiators Trier – Uni Baskets Münster, Phoenix Hagen – Bozic Estriche Knights Kirchheim (beide Di., 19.30 Uhr), FRAPORT SKYLINERS – Medipolis SC Jena (Mi., 19 Uhr).

 

06.05.24

Letzte News