Vor 3.584 Zuschauern in der Sporthalle Gießen-Ost war es der Abend des Jared Jordan: Der Tübinger Kapitän kann mit 16 Zählern und mitunter sensationell gespielten sieben Assists neben Topscorer Stanton Kidd (17 Punkte) als der entscheidende Faktor für den Sieg seiner Mannschaft gesehen werden. Fast nebenbei setzte er sich dadurch auch auf Platz 1 der All-Time-Assistgeber der easyCredit-BBL. Auf Gießener Seite punkteten mit Saibou (10), Bowlin (12), Evans (14) und Sears (19) zwar gleich vier Spieler zweistellig, aufgrund einer mangelhaften Dreier- und Assistquote fällt die Niederlage jedoch durchaus verdient aus.
Nach der Pokalpause galt es für die GIESSEN 46ers gegen die um den Klassenerhalt kämpfenden WALTER Tigers Tübingen nicht nur darum, den die Playoffs garantierenden achten Tabellenplatz zu sichern sondern gleichzeitig auch Revanche für die Hinspielniederlage in Tübingen zu nehmen. Die Schwaben gingen nach zwei Siegen in Folge selbstbewusst in eine Partie, in der die heimstarken aber verletzungsbedingt geschwächten 46ers sich jedoch auf keinen Fall geschlagen geben wollten – Trotz des kurzfristigen Ausfalls von Bazoumana Koné (Reizung im Knie) rief Headcoach Wucherer einen „Pflichtsieg“ aus.
Skyler Bowlin und Joshiko Saibou, die neben Cameron Wells, Dwayne Evans und Maurice Pluskota die Starting Five bildeten, sorgten schnell für die Gießener Führung (4:0, 1.), die nach zwischenzeitigem Ausgleich (4:4, 3.) mit einem sehenswerten Power-Dunk nur kurzzeitig von Pluskota wiederhergestellt wurde. Doch die Tiger spielten im ersten Viertel insgesamt stabiler, zwangen die 46ers zu schwierigen Würfen oder sorgten für Shotclock-Überschreitungen und konnten sich durch eine fokussierte Offensive um ihren Center Gary McGhee schnell die Führung ergattern (6:10, 5.). Zwar sorgte Evans durch zwei Layups noch einmal für etwas Anschluss, insgesamt stagnierte die Gießener Offensive jedoch deutlich (10:17, 7.). Erwähnenswert war da eher der Rekord-Assist vom Tübinger Kapitän, der BBL-Ikone Jared Jordan, der sich auf Platz 1 der All-Time-Assistgeber setzte und den Gießenern das Leben weiter schwer machte. Wucherer nahm die Auszeit, wechselte und brachte mit Manigat mehr Elan aufs Parkett. Dieser dankte es unmittelbar mit einem Korbleger zum Zwischenstand von 12:22 (10.).
46ers-Lokalheld Lischka eröffnete das zweite Viertel mit einem schwierigen Halbdistanzwurf vielversprechend. Doch der anschließende Tübinger Dreierhagel brachte erneut Ernüchterung (17:31, 12.). Erneut war Denis Wucherer zur Auszeit gezwungen, musste jedoch auch weiterhin eine unkonzentrierte Leistung seiner Spieler mitansehen. Wells und Bowlin holten Punkte lediglich von der Straflinie (21:36, 14.) – Zähler aus dem Spiel fielen lange Zeit nur für die Gäste, bis Dwayne Evans nach Offensivrebound per Layup den Bann brechen konnte (23:36, 16.). Saibou tat es ihm gleich, Tübingen ließ jedoch zu keiner Zeit locker und konnte die solide zweistellige Führung behaupten (25:38, 17.). Erneut war es das Duo Evans und Saibou, die sich für ihre 46ers durchsetzen konnten (29:38, 18.). Gießen, nun auch mit ersten Erfolgen in der Defense, stemmte sich gemeinsam mit dem Publikum gegen die Heimpleite und konnte mit Justin Sears ersten Zählern weiter Boden gut machen (31:38, 19.). Als der US-Forward dann zwei Sekunden vor dem Halbzeitpfiff auch noch seinen And-One zum Drei-Punkte-Spiel verwandelte, war spätestens wieder klar, dass die GIESSEN 46ers noch lange nicht aufgegeben hatten (34:40, 20.).
Die zweite Halbzeit begann jedoch zunächst wieder mit spektakulären Aktionen der Gäste, darunter ein Alley-Oop-Dunk nach Anspiel von Jordan. Aber auch Justin Sears konnte seinen Lauf über die Pause retten und steuerte gleich zwei Halbdistanztreffer für seine 46ers bei. Gemeinsam mit den Freiwürfen von Evans und Bowlin konnte der Rückstand weiter verkürzt werden (41:45, 22.). Auch in der Defensive machte sich der neue Spirit der Mittelhessen bemerkbar. Dwayne Evans schickte die Tübinger mit seinen nächsten Punkten zur Auszeit beim Stand von nur noch 43:45 (23.). Und auch der Ausgleich ließ nicht lange auf sich warten. Nach Steal von Bowlin, hämmerte Evans, ebenfalls per Alley-Oop-Dunk, den Bowlin-Assist durch den Ring (45:45, 24.). Erst der frisch gekrönte Rekordhalter Jared Jordan brachte den Gießener Lauf zu einem Ende. Mit zwei Dreiern in Folge bewies er, dass er nicht nur auf seine Passgeberfähigkeiten zu reduzieren ist (45:51, 25.). Bowlin übernahm nun immer mehr Verantwortung, versenkte seinerseits einen Distanzwurf und baute das Spiel für Evans nächsten Layup auf (50:53, 26.). Trotz der physischen Überlegenheit der Gäste kämpften die 46ers sich weiter heran, hatten mehrere Male die Möglichkeit zur Führung, gingen mit nur einem Punkt Rückstand jedoch mit den Umständen entsprechend guten Bedingungen in den letzten Akt.
Auch im Schlussviertel wollte die Gießener Führung trotz mehrerer Versuche nicht fallen. Erneut war es Jordan, der dies aus der Distanz zusätzlich bestrafte. In einer zerfahrenen Phase beider Teams, war es Lischka, der nach Assist von Wells die einzigen heimischen Punkte aus dem Spiel heraus auflegte (58:62, 33.). 46ers-Captain Wells legte dann auch selbst nach, bevor Jordan das nächste Alley-Oop-Anspiel gelang (60:64, 34.). Es entwickelte sich ein offener Schlagabtausch, in dem die Gäste immer die Nase vorn behielten. Sears und Saibou punkteten, doch die sich gegen den Abstieg stemmenden Schwaben ließen keine direkte Gefährdung ihres Auswärtssieges mehr zu (64:71, 37.). Sears und Wells konnten zwar weitere Zähler sammeln, mussten aber auch mitansehen, wie Jordan sein drittes Alley-Oop-Anspiel des Tages gelang. Am Ende unterlagen die GIESSEN 46ers mit 76:83 und reisen nun am kommenden Wochenende mit einer Negativserie von zwei Niederlagen nach Bamberg.
Denis Wucherer (Cheftrainer GIESSEN 46ers): „Tübingen scheint uns nicht so richtig zu liegen. Sie waren auch heute über 40 Minuten die stabilere und erwachsenere Mannschaft, die sich nicht wirklich aus der Ruhe bringen ließ. Wir sind mit der Physis von Anfang an nicht zurechtgekommen. Wie immer finden wir dann Wege zurück ins Spiel, Tübingen hatte heute aber immer eine Antwort parat. Zudem ist mit lediglich 12 Assists und einer Dreierquote von gerade mal 20 % und drei Distanztreffer ein Spiel nur schwer zu gewinnen. Insofern geht diese Niederlage absolut in Ordnung.“
Tyron McCoy (Cheftrainer WALTER Tigers Tübingen): „Ich bin sehr zufrieden mit der Mannschaftsleistung. Wir haben heute exzellenten Basketball gespielt. Wir wussten, dass es ein schweres Spiel wird. Der gute Start hat uns geholfen, mit Selbstvertrauen zu spielen. Wir wussten aber auch, dass Gießen zurückkommen wird. Am Ende haben wir Charakter gezeigt. Jared und Gary sind dabei vorangegangen und haben die Jungs zum Sieg geführt.“
GIESSEN 46ers – WALTER Tigers Tübingen 76:83 (34:40)
Viertelergebnisse: 12:22, 22:18, 22:17, 20:26
GIESSEN 46ers: Joshiko Saibou (10 Punkte), Justin Sears (21), Dwayne Evans (14), Skyler Bowlin (12), Benjamin Lischka (4), Andreas Obst (3), Jahenns Manigat (2), Cameron Wells (8), Maurice Pluskota (4), Marco Völler
WALTER Tigers Tübingen: Julian Washburn (10), Jared Jordan (16), Alvaro Munoz (4), Yasin Kolo, Gary McGhee (16), Mauricio Marin , Stanton Kid (17), Barry Stewart (9), Davion Berry (7), Isaiah Philmore (4)
Zuschauer: 3.584
Nächstes Spiel: Montag, 06.03.2017, 20.30 Uhr: Brose Bamberg – GIESSEN 46ers