„Wir haben heute eine große Chance verpasst, den Klassenerhalt dingfest zu machen. Ich bin sehr enttäuscht“, sagte Thorsten Leibenath, der Headcoach der LTi GIESSEN 46ers, am Freitagabend nach der 69:75-Niederlage bei den WALTER Tigers Tübingen. Es war kein besonders ansehnliches Spiel, von Beginn an beherrschte die defensive Einstellung der beiden Teams den Verlauf. Um jeden Ball wurde hart gekämpft, in der ersten Halbzeit behielten die Lahnstädter dank eines blendend aufgelegten Gerrit Terdenge (acht Punkte und sechs Rebounds in der ersten Viertelstunde der Begegnung) und einer sehr guten Leistung beim Offensivrebound phasenweise die Oberhand.
Das erste Viertel ging mit 16:12 an die Mittelhessen. Diese Führung hielten die Gäste vor 2700 Zuschauern über ein 21:17 (14.) und ein 23:21 (17.) bis eben zu besagter 17. Minute aufrecht, ehe ausgerechnet der ehemalige 46ers-Pointguard Patrick Sparks mit einem Assist auf den litauischen Center Douglas Gorauskas, der seinen offenen Dreier nahtlos versenkte, erstmals die Wende im Spiel einleitete – auch durch den direkt folgenden Sparks-Layup zum 26:23 aus Sicht der Hausherren.
Rouven Roessler versuchte auf Gießener Seite sofort dagegen zu kontern, verfehlte einen Dreier zum möglichen Ausgleich jedoch knapp. Dank eines Offensivrebounds von Michael Umeh erhielt der Saison-Topscorer der LTi 46ers jedoch eine zweite Chance, die er mit einem Korbleger zum 25:26 auch nutzte. Auszeit Tübingen, 35 Sekunden vor dem Ende der ersten Halbzeit.
Diese letzten 35 Sekunden der ersten 20 Minuten waren dann ein mustergültiges Beispiel, um die Intensität dieser Partie anschaulich zu dokumentieren: Gerrit Terdenge fing einen Pass von Patrick Sparks ab, leitete 14 Sekunden vor dem Ertönen der Pausensirene den Fastbreak ein, zwei Sekunden vor dem Ende der ersten Hälfte versenkte Michael Umeh einen Dreier, wurde dabei gefoult und verwandelte auch den Bonusfreiwurf. Damit nicht genug, fast hätten die 46ers noch einen daraufgesetzt: Rouven Roessler klaute den Einwurf von Small-Forward DeeAndre Hulett, eilte hinaus hinter die 6,25-m-Linie und versuchte kurz vor dem Erklingen des Pausenhorns noch einen Dreier – der sein Ziel aber verfehlte. Dennoch gingen die Gießener mit einer überraschenden 29:26-Führung in die Kabine und hatten das psychologische Momentum der Partie auf ihrer Seite.
Was dann jedoch nach dem Seitenwechsel folgte, brachte Gießens Coach Thorsten Leibenath fast an den Rand der Verzweiflung. Zwei Auszeiten und mehrfache, ja teilweise komplette Auswechslungen der auf dem Feld agierenden Fünf brachten keinen ersichtlichen Effekt: Die Lahnstädter ließen sich von einem guten Start der Tübingen blenden, wollten in der Offensive durch überhastete Aktionen dagegen halten und vernachlässigten dabei die Defensive. Von der 20. bis zur 27. Minute legten die Gastgeber einen 23:2-Lauf auf das Parkett und führten mit 49:31. Erst eine sehr kleine, schnelle und bewegliche Aufstellung der Lahnstädter mit Obie Trotter, Danny Lewis und Shawan Robinson auf den Positionen eins bis drei brachte den LTi-Tross zurück ins richtige Fahrwasser.
Die letzten drei Minuten des dritten Viertels gestalteten die Gäste ausgeglichen, lagen vor Beginn des Schlussviertels mit 36:54 hinten. „Im dritten Viertel sind wir kollektiv zusammengebrochen. Wir verhielten uns viel zu lethargisch, haben offensiv zu viel erzwungen und dabei die Defensive vergessen. Im letzten Viertel sind wir der Zeit hinterher gerannt, aber die Aufholjagd konnte nicht über die Tatsache, dass wir 21 Punkte aufgegeben haben, hinwegtrösten“, ärgerte sich Leibenath später über das Verhalten seines Teams nach der Halbzeitpause.
Im letzten Viertel zeigten die Mittelhessen dann, dass es auch komplett anders geht. Einem Viertel, in dem die LTi 46ers nur sieben Punkte erzielt hatten, folgte eine Galavorstellung mit 33 Punkten in zehn Minuten. Am Ende hatten die WALTER Tigers Tübingen ihre liebe Mühe, um den Heimsieg noch unter Dach und Fach zu bringen – schließlich waren es beim 69:75-Resultat im Endeffekt dann doch nur zwei oder drei gelungene/misslungene Aktionen, die über Sieg oder Niederlage entschieden haben. Doch die Fehler, welche das durch diese Niederlage wieder auf Tabellenplatz 16 abgerutschte Gießener Team im dritten Viertel begangen hatte, waren in der Summe zu groß, um aus dieser Begegnung als Sieger hervorzugehen.
Thorsten Leibenath nach dem Ende der Partie: „Man hat ganz klar gemerkt, dass wir nicht genügend Talent haben, um konstant auf hohem Niveau zu spielen. Michael Umeh und Corey Rouse haben überhaupt keinen Zugang zum Spiel gefunden, das können wir nicht kompensieren. Das Fehlen von Bill Phillips hat sich ebenso bemerkbar gemacht, er hätte gegen Tübingens Center Rasko Katic den entscheidenden Unterschied machen können. Am Sonntag müssen wir uns im Heimspiel gegen Braunschweig deutlich steigern.“
Punkteverteilung:
LTi GIESSEN 46ers: Umeh (4), Terdenge (14), Lewis (12), Trotter (12), Lischka (0), Robinson (9), Rouse (0), Roessler (10), Boxley (8), Hartenstein (0).
WALTER Tigers Tübingen: Nixon (0), Merriex (9), Thomas (13), Katic (12), Gorauskas (5), Marsh (0), Sparks (11), Hulett (12), Anderson (13).