Ohne das BBOT gäbe es heute keine Magic Moments in der Sporthalle Ost

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Die in den letzten Ausgaben der „Gametime“ für die Hall of Fame vorgestellten Spieler und Trainer sorgten mit den ersten deutschen Basketball-Meistertiteln für den MTV 1846 in den sechziger Jahren auf dem in jenen Tagen noch Linoleum bedeckten Spielfeld für die unvergesslichen und unvergessenen Magic Moments. Ihre sportlichen Leistungen bildeten den Grundstein für die sportlich goldenen siebziger Jahre mit weiteren Titelgewinnen und wachsender Euphorie wie Identitätsstiftung bei den Giessener Basketball-Fans. Einige von ihnen sowie einer Handvoll anderer Basketball-Freunde sorgten dann aber auch Anfang der Achtziger außerhalb der Sporthalle Ost für Magic Moments. Und ohne diese im Rückblick wahrhaft magischen Augenblicke wäre die Sporthalle Ost heute leer, müsste der Giessener
Basketball-Interessierte heute seine Samstage anders planen, gäbe es schon lange keinen Bundesliga-Basketball mehr in unserer Stadt.

Für einen Großverein wie den MTV 1846 Gießen mit seinen vielen unterschiedlichen Abteilungen bedeutete das Abenteuer Spitzensport schon immer eine finanzielle Gratwanderung. Bereits in den siebziger Jahren deutete sich trotz der aus heutiger Sicht lächerlichen Aufwandsentschädigungen für die Spieler, die monatlich sogar bei Leistungsträgern selten im vierstelligen DM-Bereich angesiedelt waren, eine kaum mehr stemmbare Belastung für den auf Breitensport ausgerichteten Gesamtverein an. Dem Bundesliga-Basketball beim MTV 1846 Gießen drohte spätestens 1980 das Aus. Donnerstags trainierten (wie auch heute noch) die früheren Bundesligaspieler und ehemaligen deutschen Meister als „alte Herren“ in der Herderschule. Nach dem Training ging es in die Kupferkanne zum Schoppen trinken, politisieren, den Zustand der aktuellen Erstligamannschaft analysieren. Und Woche für Woche wurden die Sorgenfalten bei Klaus „Dschang Jungnickel, Bernd Röder, Kalli Ampt, Dieter Müller, Peter Schmidt (seinerzeit Geschäftsführer des Autohauses Opel in Gießen), dem Chirurgen Claus Hessler und dem Steuerberater Werner Habermehl sorgenvoller.

Die Lage spitzte sich zu. MTV-Vorstand Dieter Müller wusste von schlaflosen Nächten zu berichten, weil die Kosten der Erstligamannschaft vom Verein einfach nicht mehr aufzubringen waren. Das Aus für das Bundesliga-Gründungsmitglied stand kurz bevor. Der Magic Moment war erreicht, als einer der Alten Herren formulierte, was alle dachten: Es kann nicht sein, was nicht sein darf. Auch fünfzehn Jahre nach dem ersten Titelgewinn spürten Röder und Kollegen ihre Verantwortung für die Sportart, welche die Universitätsstadt in ihrer Selbst- wie Außenwahrnehmung bis dahin schon mehr geprägt hatte als Elefantenklo, Seltersweg oder Schiffenberg. Ein Wahrzeichen drohte unterzugehen.

Und in dieser Situation entschlossen sich die Alten Herren zu handeln. Sie machten ihr private Geldschatulle auf, hielten das Bundesligateam zunächst als Förderkreis am Leben, gründeten 1983 das Basketball-Bundesliga-Organisatiosteam (BBOT), entließen damit den Hauptverein zu einem großen Teil aus dem finanziellen Risiko und waren für die nächsten Jahre als persönlich haftende Privatpersonen der Tropf, an dem der Bundesliga-Basketball in Gießen hing. Manch ein sportlicher Magic Moment – wie das jüngste Heimspiel gegen Karlsruhe – hätte ohne dieses Engagement nicht stattgefunden.

Text: Wolfgang Lehmann

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