Sieg im Play-Off Viertelfinalrückspiel gegen Bamberg

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Die Spieler hießen Ralph McPherson, Lance Blanks, Thomas Andres, Jan Villwock, Vladi Bogojevic, Hansjörg Geddert, Jacek Duda, Arne Alig, Niklas Lütcke und Björn Bernard. Der Trainer damals Armin Andres und der Name der Truppe aus Gießen: die “Flippers”. Viele gute, zum Teil sehr gute Einzelspieler ergaben in der Saison 1994/95 allerdings nur selten auch eine gute Mannschaft. In der Nordgruppe der in jenen Tagen noch zweigeteilten Basketball-Bundesliga erreichten die Vorfahren der 46ers gerade so Rang vier. Im Play-Off Viertelfinale hieß der Südgruppen-Erste und damit Gegner der Mittelhessen TTL Bamberg. In deren Reihen räumte unter den Brettern der in Gießen ebenfalls bestens bekannte “Sly” Kincheon auf, sorge Nationalspieler und Europameister Kai Nürnberger für den Aufbau und schloss am liebsten der bis heute die Rangliste der besten Korbschützen aller Zeiten führende Michael Jackel die Angriffe ab.

Vor dem ersten von insgesamt maximal drei Partien stieg die Körpertemperatur der heimischen Basketball-Fans täglich, ach was, stündlich. Zwar hatte die Mannschaft von Ken Scalabroni in der gesamten Hauptrunde die Konkurrenz dominiert, aber wie das so geht vor Play-Offs. In Gießen wurden alle Konjunktive bemüht, um die eigene Siegchance im Kopf wachsen zu lassen. “Die Fieberkurve steigt in ungeahnte Höhen” titelte der Gießener Anzeiger vor Spiel eins. Allerdings nur, um zwei Tage später die Leistung der Andres-Truppe in der Bamberger Stauffenberg-Halle als “Sprachlos, planlos, chancenlos” zu kommentieren. Nur wenige hätten nach dem 85:71-Sieg des TTL vor Spiel zwei noch f+nf Mark auf einen Heimsieg für Gießen gesetzt.

Was dann jedoch am 25. März 1995 in der restlos ausverkauften Sporthalle Ost passierte, blieb bei den Fans wieder einmal in Erinnerung als “ein Tag so wunderschön wie heute”. Die Individualisten um Lance Blanks fühlten sich offenbar ihren Fans verpflichtet, stellten ihr Ego hintan, rauften sich zusammen, kämpften, zerrten, klammerten, schlugen und legten nach einem 42:45-Pausenrückstand eine zweite Halbzeit auf das (damals noch) Linoleum, dass am Ende nicht nur der Fanblock, sondern nahezu alle Zuschauer aus voller Brust einstimmten in des deutschen liebstes Lied “so ein Tag, der dürfte nie vergehen”. Bis auf 86:66 zogen die vor allem von Jan Villwock angetriebenen Flippers, dem wenige Tage zuvor noch scheinbar übermächtigen Gegner davon und hielten den sonst selten einstellig punktenden Mike Jackel auf schmalen sieben Zählern.

Hans Brauer, langjähriger Trainer des Gießener Basketball-Bundesligisten, wähnte sich auf der Frühjahrsmesse: “Berg- und Talbahn bei der La-ola, Starlight Express bei Blanks´ Dunking, Allein gegen Alle bei Thomas Andres´ Ziehern und Überholmanöver Go-Kart-Like von Jan Villwock auf dem Weg zum Korb.” Der nie um eine passende Metapher verlegene Gießener Co-Trainer Michael Müller wähnte nach dem Spiel und dem 90:72 Sieg für Gießen, dass seine Mannen nun “das Feuer” in die Entscheidungspartie mitnehmen, Bamberg hingegen “die Kälte”.

Doch in Partie drei zeigten die Flippers dann wieder ihre launige Fratze. Mit 71:93 ging die Mannschaft, welche die in ihr steckenden Möglichkeiten in der Sporthalle Ost noch so eindrucksvoll unter Beweis gestellt hatte, sang- und klanglos unter. Manch ein Insider glaubte nachher zu wissen, dass einige Spieler bereits vor der Begegnung ihr Flugticket in die USA gelöst hatten und damit nur mäßig daran interessiert waren, das Halbfinale zu erreichen. Aber den “Magic Moment” des zweiten Spiels konnten sie den Osthallenbesuchern nicht mehr nehmen.

Text: Wolfgang Lehmann

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